Mein wildes rotes Herz
ihres verstorbenen Mannes. Also bestand eine Familienbeziehung, und wenn sie noch so schwach war.
»Du hast dich in der Gesellschaft des Gouverneurs offenbar wohl gefühlt, Lady Caroline.«
Er hatte gewartet, bis sie draußen waren und die Tür sich geschlossen hatte, ehe er seinen Sarkasmus durchklingen ließ. Caroline warf ihm unter gesenkten Lidern einen Blick zu, auch wenn hier draußen nur eine Fackel brannte, so dass sie ihn kaum sehen konnte. Doch sie konnte sich den Ausdruck auf dem gut aussehenden, dunklen Gesicht nur zu gut vorstellen. Schließlich hatte sie den kalten Blick und das sarkastische Lächeln schon viel zu oft gesehen.
Caroline sagte nichts, weil sie dachte, dass so eine Bemerkung keine Antwort verdiente. Außerdem wollte sie ihr Zusammensein nicht unnötig verlängern und ging deshalb rasch los.
»Natürlich habe ich genau das erwartet«, fuhr er fort. »Obwohl es mich ein bisschen überrascht hat, dass du die Häuptlinge Gefangene genannt hast. Das hat Gouverneur Lyttleton gar nicht gefallen.«
Caroline blieb stehen und vergaß ihren Vorsatz, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. »Falls ich mich richtig erinnere, habe ich von Geiseln gesprochen. Ich wollte dich nicht schockieren.«
Auch er war stehen geblieben. Sie standen im Schatten eines Stallgebäudes und waren kaum zu sehen. Raff ragte vor ihr auf, und Caroline wünschte, sie wäre weitergegangen. Doch sie weigerte sich, zurückzuweichen, als er einen Schritt auf sie zutrat.
»Mich hat das nicht schockiert«, gab er zurück, »aber es hat mich überrascht. Du klangst fast so, als machtest du dir Sorgen um die Cherokesen.«
Das tat sie wirklich. Weil sie Sadayi und Walini und ein paar andere kennen gelernt hatte und sie mochte. Und Raffs wegen, flüsterte eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf, die sie zu ignorieren suchte. Genau wie ihn. Er roch schwach nach Brandy, und einen Moment lang erlaubte Caroline sich die Frage, wie sein Mund wohl schmecken würde, wenn er sich jetzt auf ihren legte.
Doch dann riss die Vernunft sie zurück in die Realität. »Vor allem mache ich mir Sorgen um meinen Schlaf. Ich will jetzt nach Hause«, erklärte sie so entschieden sie konnte.
»Ah ja, nach Hause. Woher in England kommst du genau?«
»Gloucester, aber ich habe nicht England gemeint, wie du sehr gut weißt. Seven Pines ist jetzt mein Zuhause.«
Sie sah trotz des schwachen Lichts, wie er die Augen zusammenkniff. »Ich denke, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um zu diskutieren, wem von uns Seven Pines gehört, zumal Logan noch in der Wildnis von Pennsylvania steckt.«
Wieder entgegnete Caroline nichts. So wütend sie auch auf ihn war, sie brachte es nicht über sich, ihm zu sagen, dass sie das Kind seines Vaters trüge. Dafür war später noch Zeit genug, sagte sie sich.
»Was ist los, Euer Ladyschaft, hast du deinem Stiefsohn nichts zu sagen?«
Offenbar hatte er mehr getrunken, als sie gedacht hatte, oder er war auf einen Streit aus. Normalerweise war er nicht so. Doch heute Nacht schien er es darauf anzulegen, sie zur Weißglut zu bringen, und Caroline hatte es langsam satt.
Doch es würde nicht leicht werden, ihm zu entkommen. Irgendwie hatte er es geschafft, sie in eine Ecke zu manövrieren, aus der es kein Entkommen gab, und jetzt ragte er hoch vor ihr auf. Sie könnte natürlich schreien, aber das war denn doch zu melodramatisch, wenn man bedachte, dass er nichts tat außer reden. Also entschloss sie sich, ihm einfach zu sagen, dass er sie gehen lassen sollte.
Sie hob die Hand, um ihn beiseite zu schieben, und erkannte gleich darauf, dass das ein Fehler gewesen war. Seine große Hand legte sich auf ihre und presste sie fest gegen seine warme Brust. Sie spürte den steten Schlag seines Herzens unter dem weichen Baumwollstoff. Merkte er, dass sie schneller atmete?
»Ich möchte jetzt zu Mrs. Quinns Haus zurück.« Caroline schaffte es mit Mühe, ihre Stimme ruhig zu halten.
»Möchtest du das?«
Sie hörte, wie ungläubig er klang, und fragte sich, ob er ihre Gedanken lesen konnte. »Ich denke mal, dass auch du schnell zum Gouverneur zurückwillst«, ergänzte Caroline, die entschieden hatte, dass Angriff die beste Verteidigung war. »Jetzt, wo du dich auf die Seite der Engländer geschlagen hast, wäre es nicht gut, eine ihrer Entscheidungen zu verpassen.«
Sie spürte, wie sein Körper sich plötzlich anspannte, und hätte fast gelächelt. Aber er ließ sie nicht los. Im Gegenteil, sein Griff wurde sogar noch
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