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Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
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Le-
    ben.«
    »Bringen Sie das doch nicht durcheinander«, rief
    Raymond Kiley, der auch aufgestanden war. »Es
    geht doch hier nicht um Abtreibung, sondern um
    einen Bombenanschlag.«
    »Richtig«, unterstützte ihn Joe Romanidis. »Um
    einen Mann, der des Mordes angeklagt ist.«
    »Ja, Mord«, schrie jemand. »Er hat diese un-
    schuldigen Menschen ermordet! In der Hölle soll
    er schmoren!«
    »Der Mord an Mördern ist kein Verbrechen!«
    »Das Oberste Verfassungsgericht ist aber anderer
    Ansicht«, wandte jemand ein.
    »Empfängnis ist heilig. Zur Hölle mit den Verfas-
    sungsrichtern!«, kreischte jemand.
    Dann warf eine Frau Elise einen Gegenstand an
    den Kopf, woraufhin beide Schwestern mit weite-
    ren Gegenständen beworfen wurden. Corey
    sprang auf und versuchte, seine Frau zu schüt-
    zen. Einer der Gefängniswärter packte ihn, der
    zweite riss Elise mit sich zu Boden. »Abtreibung
    ist legal in diesem Land«, schrie jemand. »Legalisierter Mord ist trotzdem Mord«, schrie ein ande-
    rer. »Schützt die Rechte der Frauen!«
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    »Setzt euch für die Ungeborenen ein!«
    »Für das Recht auf Abtreibung! Wir wollen keine
    Sklavinnen sein!«
    »Tötet die Mörder!«
    Binnen Sekunden wurden aus den verbalen Atta-
    cken tätliche Angriffe – die Leute rissen einander an den Haaren, traten um sich, zerfetzten Kleider und warfen, wie sich später herausstellte, Papier-klumpen. Die beiden Wachleute an der Tür zum
    Gerichtssaal stürzten sich ins Getümmel, konnten
    jedoch nicht viel ausrichten.
    Dann sah sich die aufgebrachte Meute nach Ge-
    genständen um, die man noch als Wurfgeschosse
    einsetzen konnte. Einige benutzten ihre Handta-
    schen als Schleuder. Ein Mann riss Frances Sto-
    cker ihre Krücke weg und schwang sie wie eine
    Baseballkeule.
    Betsy Toth Umanski saß in der ersten Reihe des
    Zuschauerbereichs und hörte nur, was hinter ihr
    geschah, weil sie sich nicht umdrehen konnte.
    »W7as ist denn da los?«, fragte sie ihren Mann,
    der sie an diesem Tag ausnahmsweise begleiten
    konnte. Doch in diesem Moment wurde sie aus
    ihrem Rollstuhl gestoßen. Der Übeltäter wollte ihn offenbar als Rammbock einsetzen, doch Andy
    Umanski sprang auf ihn. Weltanschauung spielte
    jetzt längst keine Rolle mehr, alle wurden in den Wahnsinn hineingezogen. Die Menschenmenge
    war zum Mob geworden. Abraham Bendali hatte
    seit Prozessbeginn mit etwas Derartigem gerech-
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    net. Als er Robert Niera ein Zeichen gab, führte
    dieser die Geschworenen sofort aus dem Ge-
    richtssaal, durch den Eingang, den sonst nur der
    Richter benutzte. Die beiden Wachen an Coreys
    Seite geleiteten ihn, seine Frau, seine Mutter,
    seine ehemalige Vermieterin und seine Schwäge-
    rin rasch hinaus. Charles Ramsey, Joan Wills und
    Mark Hoffman folgten ihnen eilig. Der Protokoll-
    führer griff zum Telefon, bevor er mit den ande-
    ren den Saal verließ, und rief Hilfe herbei. Doch der Richter, der nicht sicher war, wie sich das
    Ganze entwickeln würde, und der kein Risiko ein-
    gehen wollte, hatte bereits den Alarmknopf zu
    seiner Rechten gedrückt. Binnen Minuten stürm-
    ten sechs Polizisten in den Gerichtssaal. Die Ka-
    meraleute vor der Tür sahen sie vorbeirennen
    und bekamen einen kurzen Eindruck der Vorgän-
    ge im Saal, als sich die Türen öffneten und
    schlossen. Doch sie mussten draußen bleiben,
    während die Reporter im Saal eifrig schrieben
    und der Gerichtszeichner so schnell wie möglich
    eine Skizze anzufertigen versuchte.
    Zwei der sechs Polizisten drängten sich nach vor-
    ne durch und wandten sich dann den Zuschauer-
    reihen zu. Ihre Aufgabe war es, das Gericht zu
    schützen. Sie zogen ihre Pistolen, entsicherten
    sie und richteten sie auf die Menge. Sie würden
    schießen, wenn es notwendig war. Die restlichen
    Polizisten brachten mit Schlagstöcken und Hand-
    schellen die Meute zur Räson.
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    Dana McAuliffe und Brian Ayres blieben vor Ort,
    fasziniert und angewidert zugleich, und konnten
    später als Begründung für ihr Handeln nur vor-
    bringen, dass sie es für ihre Pflicht gehalten hatten, alles mit anzusehen. Erst nach etwa dreißig
    Minuten war der Tumult einigermaßen unter Kon-
    trolle. Es gab sieben Festnahmen, zwei Gehirner-
    schütterungen, einen gebrochenen Arm, diverse
    gebrochene Rippen, eine ausgerenkte Schulter
    und zahlreiche Schnittwunden und Blutergüsse.
    Joe Romanidis hatte ein blaues Auge, Raymond
    Kiley einen tiefen Schnitt auf der rechten Wange
    und Andy Umanski eine gebrochene Nase.

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