Mein Wille geschehe
»im
Haus neben Corey und Elise Latham.«
»Kennen Sie den Angeklagten persönlich?«
»Ja. Er und seine Frau sind vor etwas über einem
Jahr da eingezogen. Wir unterhalten uns manch-
mal über den Zaun hinweg, wie Nachbarn das so
machen.«
»Können Sie sich vielleicht noch daran erinnern,
ob Sie den Angeklagten auch in der ersten No-
vemberwoche des letzten Jahres gesehen ha-
ben?«
»Ja, ich habe ihn gesehen.«
»Würden Sie dem Gericht mitteilen, unter wel-
chen Umständen?«
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»Es war gegen zehn an einem Dienstagabend«,
berichtete Thorson. »Ich arbeite in einer Bäckerei und muss um drei Uhr morgens aufstehen, deshalb gehe ich immer gegen acht Uhr abends
schlafen. An diesem Abend hatte ich schon zwei
Stunden geschlafen, als ich plötzlich durch lautes Geschrei wach wurde.«
»Merkten Sie, wo der Lärm herkam?«
»Von meinem Schlafzimmer aus kann ich auf das
Haus der Lathams schauen. Von dorther kam das
Geschrei.«
»Was taten Sie?«
»Zuerst habe ich angerufen. Elise ging ran, und
ich sagte ihr, sie sollten bitte leiser sein.«
»Was passierte dann?«
»Erst war eine Weile Ruhe. Dann, als ich gerade
wieder am Einschlafen war, ging es wieder los.
Naja, da war ich ziemlich sauer. Ich stand auf,
zog mich an und marschierte rüber. Was auch
gut war, denn Corey sah aus, als wollte er sie
gleich verprügeln.«
»Einspruch«, erklärte Dana.
»Stattgegeben«, sagte Bendali. »Das Gericht wird
die letzte Aussage nicht berücksichtigen.« Er
wandte sich zu dem Zeugen. »Mr Thorson, be-
achten Sie bitte genau die Fragen, die man Ihnen
stellt«, wies er ihn an, »und sagen Sie uns nur
das, was Sie gesehen und gehört haben, nicht,
was Sie glauben oder meinen.«
»Okay, ich sah, dass Elise weinte und dass Corey
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rot im Gesicht war und wütend im Haus herum-
stapfte. Und er schrie irgendwas, nannte sie eine Schlampe und Mörderin. Es schien ihm auch egal
zu sein, dass ich das hörte. Um ehrlich zu sein,
ich bin nicht mal sicher, ob er mich bemerkte.«
»Er nannte seine Frau Schlampe und Mörderin?«
»Ja, das tat er«, bestätigte Thorson. »Zweimal
hab ich es gehört.«
»Haben Sie etwas gesagt?«
»Ich habe Elise gefragt, ob alles in Ordnung sei
mit ihr. Meine Frau war noch wach, deshalb habe
ich Elise gefragt, ob sie eine Weile mit zu uns
kommen wollte.«
»Sie glaubten, dass Elise womöglich von ihrem
Mann misshandelt werden könnte?«
»Tja, ich weiß nicht«, antwortete der Zeuge, »a-
ber ich hatte so den Eindruck.«
»Ich danke Ihnen«, sagte Brian.
»Mr Thorson, streiten Sie sich manchmal mit Ih-
rer Frau?«, wollte Dana wissen.
»Jedes Paar streitet sich manchmal«, erwiderte
er. »Wir sind da keine Ausnahme.«
»Schreien Sie auch manchmal, wenn Sie sich
streiten?«
»Ja, sicher.«
»Und sagen Sie dann vielleicht auch manchmal in
der Hitze des Gefechts Dinge zu Ihrer Frau, die
Sie dann später bereuen?«
»Ich schätze schon«, gab er zu.
»Hatten Sie jemals einen Streit mit Ihrer Frau,
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der so schlimm war, dass Sie loszogen und in ei-
nem Gebäude eine Bombe legten?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Gut, Mr Thorson, kehren wir noch einmal zu die-
sem Abend zurück, an dem Sie zu den Lathams
hinübergingen. Sie haben ausgesagt, dass Elise
Latham körperlich bedroht zu sein schien, so dass Sie sie fragten, ob sie mit zu Ihnen kommen wollte, ist das richtig?«
»Ja.«
»Wie reagierte Mrs Latham darauf?«
»Sie dankte mir und sagte, es sei nicht nötig.«
Dana blickte erstaunt. »Sie meinen, sie hat die
Gelegenheit, sich der direkten körperlichen Be-
drohung zu entziehen, nicht genutzt?«
Er zuckte die Achseln. »Ich glaube, sie hielt es
nicht für so ernst wie ich.«
»Glauben Sie, dass man manchmal etwas von
außen betrachtet anders einschätzt, als es tat-
sächlich ist?«
»Ich kann Ihnen nur sagen, was ich gesehen und
gehört habe, nicht, was ich glaube«, gab er zur
Antwort. Dana lächelte. »Danke, dass Sie ge-
kommen sind, Mr Thorson«, sagte sie.
Brian hatte keine Rückfragen. »Euer Ehren«, sag-
te er, »die Anklage möchte noch einen weiteren
Zeugen aufrufen, doch auf Grund eines Termin-
problems wäre dieser erst morgen Nachmittag
verfügbar. Könnte ich darum bitten, dass die Ver-
handlung bis dahin vertagt wird?« Bendali blickte 515
zum Tisch der Verteidigung hinüber. »Mrs McAu-
liffe?«, fragte er.
»Die Verteidigung hat keine Einwände, Euer Eh-
ren«, antwortete Dana.
»Gut, meine
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