Mein Wille geschehe
brau-
chen?«
»Selbstverständlich«, versicherte Cotter dem An-
rufer. »Das tue ich doch immer, nicht wahr?«
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Die Überlebenden des Anschlags auf Hill House
und zahlreiche Angehörige von Opfern hatten sich
in dem großen Gerichtssaal von Richter Bendali
versammelt. »Ich möchte Ihnen erst einmal mit-
teilen, dass Sie keineswegs dazu verpflichtet
sind«, sagte Brian Ayres. »Sie müssen nicht teil-
nehmen. Ich möchte mir am liebsten gar nicht
vorstellen, wie schmerzhaft das für Sie sein
muss, alles noch einmal zu durchleben. Aber Sie
haben auch ein Recht darauf, und wir hätten ger-
ne gewusst, wer sich dafür interessiert.«
»Ich bin sicher, dass einige teilnehmen möch-
ten«, meldete sich Frances Stocker zu Wort, wor-
aufhin andere heftig nickten. Die Psychologin hat-te mit Hilfe einer Krücke wieder gehen gelernt,
doch die würde sie nach Ansicht ihrer Arzte wohl
den Rest ihres Lebens brauchen. »Ich für meinen
Teil möchte es.«
»Müssten wir dann den ganzen Prozess mitma-
chen?«, fragte Joyce O’Mara. Sie lebte noch im-
mer bei ihrer Mutter in North Bend und versuch-
te, sich an das Leben mit nur einem Lungenflügel
und einer Niere zu gewöhnen. »Ich wüirde schon
gerne manchmal herkommen, aber immer werde
ich es nicht schaffen.«
»Ich werde bestimmt die ganze Zeit dabei sein«,
sagte Carl Gentry. Er arbeitete jetzt nachts als
Wachmann und hatte am Tag frei. »Ich finde,
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wenn es für Mr Ayres hilfreich ist, sollten mög-
lichst viele von uns mitmachen.«
»Ich werde kommen, sooft ich kann«, meinte
Ruth Zelkin. »Wenn mein Mann mich bringen
kann. Busfahren kann ich noch nicht so gut.« Die
einstige Leiterin der Kindertagesstätte begann
sich langsam an das Leben im Dunkeln zu ge-
wöhnen und lernte, den weißen Stock einzuset-
zen, um sich alleine zurechtzufinden.
»Ich werde bestimmt die meiste Zeit dabei sein
können«, sagte Betsy Toth Umanski. Sie griff
nach oben und tätschelte die Hand, die ihren
Rollstuhl lenkte. »Andy kann mich morgens auf
dem Weg zur Arbeit herbringen und mich auf
dem Rückweg wieder abholen.« Obwohl sie durch
die Verletzungen an den Rollstuhl gefesselt war,
hatten sie und Andy nur zwei Monate nach dem
ursprünglich geplanten Datum geheiratet und
überlegten nun, ob sie ein Kind adoptieren soll-
ten.
»Meine Frau wird nicht kommen können«, teilte
Rick Holman den Versammelten mit. »Aber ich
werd mich bemühen, so oft wie möglich hier zu
sein.« Janet Holman hatte den Tod ihres Sohnes
nicht verwunden. Im Juli hatte sie dreimal einen
Selbstmordversuch unternommen. Nach dem
dritten Versuch wurde sie in einer Privatklinik untergebracht. Die Ärzte hatten sich bislang einer
Prognose enthalten. »Ich werde da sein«, sagte
Joe Romanidis. »Für meine Frau und meine Dril-
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linge.«
»Ich sehe keinen Grund, warum ich nicht die
meiste Zeit teilnehmen könnte«, verkündete Jo-
seph Heradia. »Ich habe im Moment nicht so viel
zu tun, da kann ich mir Zeit nehmen.« Er war
zwar weder Opfer noch Überlebender, fühlte sich
aber dennoch mit seinen Kollegen innerlich ver-
bunden. Überdies hatte er eine Auseinanderset-
zung mit Dana McAuliffe gehabt.
»Wie können Sie diesen Abschaum nur verteidi-
gen?«, hatte er von ihr wissen wollen, als ihm zu Ohren kam, dass sie Corey Lathams Verteidigung
übernommen hatte.
»Aus demselben Grund, aus dem Sie das Leben
eines Mannes retten würden, der gerade einen
Amoklauf hinter sich hat und beim Versuch zu
fliehen verletzt wurde«, gab sie zur Antwort.
»Das ist nicht dasselbe«, widersprach er. »Natür-
lich würde ich das Leben des Mannes retten, da-
mit er für seine Tat vor Gericht gestellt werden
kann. Sie versuchen aber, den Kerl freizukriegen, obwohl er es getan hat.«
»Das ist sehr wohl dasselbe«, erwiderte sie. »Ich hoffe, dass Sie das eines Tages erkennen können.«
Na, er würde sie jedenfalls auf die Probe stellen, dachte er sich, Tag für Tag im Gerichtssaal.
Eine Frau mit einem kleinen Mädchen im Arm er-
hob sich. »Ich heiße Shawna Callahan«, sagte sie
mit schwerem irischem Akzent. »Meine Cousine
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Caitlin ist bei dem Anschlag ums Leben gekom-
men, und ich bin hergekommen, um meine Nich-
te zu uns zu nehmen. Ich danke Ihnen allen, die
Sie beim Prozess sein werden, und bitte Sie, Caitlin und Chelsea in Ihre Gebete aufzunehmen.«
»Ich werde herkommen für meine Brenda«, sagte
Raymond Kiley leise. »Ich habe
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