Meine Rechte als Nachbar
Regelmäßigkeit verstärkt Unkrautsamen in den Garten des Nachbarn Fleißig. Dieser verlangt vom Grundstückseigentümer die Reinigung, weil der „Unkrautflug“ seine gärtnerische Grundstücksnutzung erheblich beeinträchtigt. Mit Erfolg?
Es kommt auf den Einzelfall an. Allein der Anblick eines verwilderten Grundstücks führt zu keinem Abwehranspruch, weil hier nur eine ideelle Beeinträchtigung vorliegt. In der Regel wird ein „Anspruch auf Säuberung des Nachbargrundstücks“ daran scheitern, dass eine wesentliche Grundstücksbeeinträchtigung durch den Unkrautflug nicht eintritt oder diese Beeinträchtigung wegen Ortsüblichkeit hinzunehmen ist. Entsprechend diesem Umstand waren auch viele Unterlassungsklagen erfolglos. Lediglich in einem bekannten Fall hat der Bundesgerichtshof (NJW 1984, 2207) ausnahmsweise einem Grundstückseigentümer auferlegt, sein verwahrlostes Grundstück zu reinigen, weil durch dessen Untätigkeit mitten in einem rundherum bebauten und bewohnten Gebiet jedes Jahr durch die Verwilderung ein „Brennesselmeer“ auf den Nachbargrundstücken entstanden war. Dieser Fall kann nur als Ausnahmesituation betrachtet und damit nicht als allgemeine Richtschnur verstanden werden.
Bei verwahrlosten Grundstücken kann unter Umständen auch ein ordnungsrechtliches Einschreiten erforderlich werden. Dann nämlich, wenn die Verwahrlosung weitergehende Vorschriften (so z.B. die Bestimmungen des Abfallrechts) verletzt oder aber zu sonstigen Beeinträchtigungen (etwa zu verstärktem Ungezieferbefall) führt.
Lichtentzug durch Bäume
Nachbar Bode hat eine Reihe von Pappeln auf seinem Grundstück unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzabstände angepflanzt. Als die Bäume mehrere Meter hoch sind, verlangt sein Nachbar die Kappung mit dem Hinweis, dass seinem Garten Licht entzogen werde. Mit Recht?
Nein. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (MDR 1980, 54) hat festgestellt, dass die Entziehung von Licht und Luft durch Bäume keinen Abwehranspruch begründet, sodass weder das Fällen eines Baumes noch das Kappen der Kronen oder eine Auslichtung von Zweigen verlangt werden kann. Vertraglich ist aber beispielsweise die Vereinbarung eines Anpflanzungsverbotes möglich.
Ragen jedoch Ast- oder Wurzelwerk in das Nachbargrundstück, besteht ein Rückschnittsanspruch unter den Voraussetzungen des § 910 BGB.
Gustav Ruhelos hat ein schönes Wohngrundstück in der Nähe einer städtischen Parkanlage. Seit geraumer Zeit stören ihn verschiedene Bäume auf dem städtischen Grundstück, weil diese zu einem vermehrten Schattenwurf auf seinem Grundstück führen. Er verlangt von der Stadt die Kappung verschiedener Bäume. Die Stadt lehnt kommentarlos ab. Ruhelos ist verärgert und geht zum Rechtsanwalt.
Ruhelos wird kein Glück mit seinem Ansinnen haben. Der Schattenwurf von Bäumen wird als sogenannte negative Einwirkung betrachtet, die nicht abgewehrt werden kann. Dementsprechend hat der VGH Mannheim entschieden, dass das bloße Wachsenlassen vorhandener Bäume auf einem städtischen Grundstück keine unzumutbare Grundstücksbeeinträchtigung durch Schattenwurf verursache. Dies gelte auch dann, so die Richter, wenn der Baumbestand den Festsetzungen eines Bebauungsplanes entspricht, dessen Fehlerhaftigkeit der Nachbar behauptet (vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 1996, 381).
Ideelle oder negative Einwirkungen vom Nachbargrundstück
Unordnung
Edgar Ordnung ist ein sehr ordentlicher Mensch und entsprechend seiner Einstellung hasst er Durcheinander. Seit Jahren stören ihn die Zustände auf dem Nachbargrundstück, weil dort bergeweise Gerümpel ungeordnet herumliegt. Als er seinen Nachbarn bittet, das Grundstück aufzuräumen, betont dieser kurzerhand, dass ihn sein Grundstückszustand nicht zu interessieren habe.
Unter die Rubrik der ideellen oder negativen Einwirkungen fallen alle die Belästigungen, die nicht wirklich greifbar sind, weil sie entweder ein optisches oder geschmackliches Problem darstellen oder aber im Entzug natürlicher Quellen (wie z.B. Luft oder Licht) liegen. Im Zusammenhang mit dem angeführten Fallbeispiel (ungeordnetes Nachbargrundstück) hat der Bundesgerichtshof (NJW 1970,1541 und 1975, 170) festgestellt, dass der Nachbar keinen Abwehranspruch habe, da weder § 906 noch § 1004 BGB rein geschmackliche Ansprüche erfassen. Die gleichen Feststellungen gelten im Übrigen auch für verwilderte Grundstücke. Nur wenn durch die Ablagerung von Stoffen weitergehende andere Beeinträchtigungen entstehen
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