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Meine Rechte als Nachbar

Meine Rechte als Nachbar

Titel: Meine Rechte als Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlef Stollenwerk , Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen
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OLG Bamberg (NJW-RR 1992, 406) folgt. Das Gericht hat im vorliegenden Fall festgestellt, dass der Nachbar aufgrund des dargestellten Instituts des „nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses“ einen Anspruch gegen den Nachbarn habe, dass dieser die Bienen beseitigt.
    In der Literatur und Rechtsprechung wird weitestgehend die Meinung vertreten, dass § 906 BGB auf das Eindringen von Tieren auf ein Nachbargrundstück generell nicht anwendbar ist. Hier wird der Standpunkt bekräftigt, dass der Eigentümer das Eindringen fremder Tiere generell verbieten kann. Dieser Feststellung kann in Bezug auf Tiere wie Hunde, Hühner, Kaninchen o.Ä. zugestimmt werden, weil der Besitzer durch einfache Einzäunung das Eindringen in das Nachbargrundstück verhindern kann. Problematisch wird die Angelegenheit bei Kleinsttieren wie z.B. von Bienen, Fliegen und sonstigen Insekten, Mäusen oder Ratten. Hier wird es für den Nachbarn unmöglich sein, eine Fernhaltung der Tiere sinnvoll umzusetzen.
    Die Rechtsprechung hat sich deshalb aus praktischen Erwägungen dazu durchgerungen, diese Kleinsttiere als „ähnliche Einwirkung“ im Sinne von § 906 BGB anzusehen mit der Folge, dass der Nachbar Bienenflug u.Ä. abwenden kann, wenn diese eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen und diese Beeinträchtigung nicht als ortsüblich angesehen wird (vgl. BGH, MDR 1992, 483).
    Ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, hängt einerseits von der Zahl der gehaltenen Bienen, von dem Abstand zum Nachbargrundstück, von der Häufigkeit der konkreten Grenzüberschreitung der Tiere und natürlich auch von der Art der Nutzung der betroffenen Grundstücke ab. Zur Besonderheit bei Katzen, vgl. → Katzen .
    Das Eindringen von Bienen kann ggf. auch ein ordnungsrechtliches Problem bedeuten. Dann nämlich, wenn durch den Bienenflug eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Sinne der Polizei- und Ordnungsgesetze der Länder entsteht. Diese ist anzunehmen, wenn
Personen eine akute (ggf. auch nachvollziehbare) Lebensgefahr durch Bienenstiche erleiden können, z.B. bei nachweislicher Allergie bzw.
wenn eine größere Zahl von Personen durch Bienenvölker stark beeinträchtigt wird, wobei hier auf die örtlichen Gegebenheiten abzustellen ist (z.B. Bienenzucht in der Nähe von Schulen, Kinderspielplätzen oder Kindergärten).
    Wollläuse
    Zwei Nachbarn besitzen angrenzende Gartengrundstücke, auf welchen jeweils Kiefern angepflanzt sind. Während der eine ein Gartenfreak ist, lässt der andere seinen Garten wild wuchern. Eines Tages stellte der pflegebegeisterte Gartenfreund fest, dass seine Kiefern von Wollläusen befallen sind. Zunächst ist ihm unverständlich, woher das Ungeziefer stammt. Später stellt er jedoch fest, dass die Nachbarbäume ebenfalls von den „Kleintieren“ befallen sind. Für ihn ist klar, dass die Beeinträchtigung bzw. die Anziehung des Ungeziefers auf die mangelnde Gartenpflege seines Nachbarn zurückzuführen ist; er verlangt die Beseitigung der Beeinträchtigung.
    Der Bundesgerichtshof (NJW 1995, 2633) hat in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass ein Grundstückseigentümer keinen Abwehranspruch gegen das Eindringen von Ungeziefer hat, das den Baum seines Nachbarn (hier Wollläuse) befallen hat. Für durch Naturereignisse ausgelöste Störungen kann ein Grundstückseigentümer nur dann verantwortlich gemacht werden, wenn durch besondere Handlungen bzw. durch pflichtwidrige Unterlassungen die Beeinträchtigung herbeigeführt wird. Allein durch die Tatsache, dass im vorliegenden Fall der Nachbar sein Grundstück verwildern ließ, wird keine Verantwortlichkeit begründet. Die Bundesrichter vertraten die Auffassung, dass der Wolllausbefall auf ein zufälliges Naturereignis zurückzuführen ist, wofür der Grundstückseigentümer nicht haftbar gemacht werden kann.
    Arbeitsgerüst auf Nachbarboden
    Otto Genau möchte sein Haus anstreichen. Durch die ungünstige Grundstückslage ist er an einer Seite gezwungen, das Arbeitsgerüst auf einem Teilbereich des Nachbargrundstücks aufzustellen. Da der Nachbar ein grimmiger Mensch ist, traut sich Genau kaum, um Erlaubnis zu fragen. Könnte er auch ohne Zustimmung das Gerüst wie dargestellt aufstellen?
    Ja. Das OLG Hamm (NJW 1966, 599) hat im vorliegenden Fall unter Bezugnahme auf das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis festgestellt, dass ein Hauseigentümer auch ohne ausdrückliche Zustimmung seines Nachbarn das Leitergerüst auf fremdem Boden aufstellen darf.

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