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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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dass ich mich bei dem anstehenden Gespräch auf vermintem Terrain bewegen würde. Deshalb war es mir wichtig, noch einen Blick in die Unterlagen zu werfen, um gerüstet zu sein. Auf keinen Fall, so viel war klar, durfte ich den Fußballwitz über den georgischen Trainer erzählen.
    So beschloss ich, dass frische Luft mir guttat, versprach Artjom, gleich wieder da zu sein, und marschierte durch das nächtliche Eimsbüttel zu meinem Büro. Als ich den Schlüssel ins Schloss steckte, bemerkte ich einen zarten Lichtschein, der unter dem Türspalt hervorblitzte. Mann, Mann, Mann, dachte ich, hat Irina mal wieder vergessen, das Licht auszuschalten.
    Ich öffnete die Tür. Übelriechender Zigarrenqualm wehte mir entgegen. Aus meinem Büro drangen gedämpfte Stimmen und heiseres Gelächter. Einem ersten Impuls folgend, wollte ich weglaufen und die Polizei rufen, verwarf den Gedanken an Einbrecher aber sofort wieder. Erstens gab es in der Kanzlei nichts von wirklichem Wert, und zweitens würden Diebe auf Beutezug kaum gemütlich Zigarre rauchen.
    Ich pirschte mich durch den dunklen Flur und lauschte. Gläserklirren, wiederum Gelächter, Wortsalven, unverkennbar russisch. Ich stieß die Tür auf, zwei alarmierte Augenpaare starrten mich an. Eins davon gehörte Rostislav, der wie Gottvater persönlich hinter meinem Schreibtisch residierte. Seine Selbstgefälligkeit zerbröselte in Sekundenbruchteilen, an seinem Blick sah ich, dass er mindestens so schockiert war wie ich.
    Ein zweiter Mann lehnte an der Wand, gehüllt in einen Trenchcoat, der wie in einem schlechten amerikanischen Gangsterfilm eine eindeutige Ausbuchtung aufwies. Es gab noch einen Dritten im Bunde, er saß vor dem Tisch, mit dem Rücken zu mir.
    Jetzt drehte dieser Mann sich betont langsam um. Er war dünn, fast ausgemergelt, seinen schmalen Kopf zierte eine Glatze, er hatte eine hohe, zerfurchte Denkerstirn, seine Gesichtszüge waren wie gemeißelt. Ich blickte in die kältesten blauen Augen jenseits von Sibirien.
    Auweia, dachte ich, der sieht nicht nett aus, der sieht wirklich nicht nett aus.
    »Poooletschka«, mein Schwiegervater klatschte in die Hände und sprang auf, »das ist main liebärr Freund Vladimir. Gerade chabe ich ihm von dir erzällt.« Aha, dachte ich, das John-Malkovich-Double heißt Vladimir. Und was macht der liebe Freund in meiner Kanzlei?
    Vladimir erhob sich und kam mit dem tückisch geschmeidigen Gang einer Raubkatze auf mich zu. Ich versuchte, nicht zurückzuzucken, als er seine eisige Hand in meine schob und schweigend und formvollendet einen Diener andeutete. »Angenehm, Matthes«, sagte ich forsch und versuchte, mir meine Angst nicht anmerken zu lassen.
    »Poooletschka«, Rostislav rieb sich nervös den Bauch, »du waißt, main Freund Vladimir aus Wladiwostok. Ich chabe dir gesagt, ärr kommt. Nun ist ärr da. Und glaich wieder weg. Nur auf Durchraise, du waißt.« Ich spielte sein Spiel mit.
    »Ach, der ist das. Das ist aber schade, dass dein Freund schon losmuss.«
    Der liebe Vladimir aus Wladiwostok deutete ein Lächeln an, das sein hageres Gesicht noch dämonischer erscheinen ließ, wechselte zum Abschied wenige Worte mit Rostislav und verschwand mit seinem Wachhund in der Nacht. Mich ließ er fassungslos und schlotternd zurück.
    Fröhlich pfeifend begann Rostislav, meinen Schreibtisch von den Gläsern zu befreien und Ordnung zu schaffen. Ich schaute ihm eine Weile dabei zu, dann flippte ich aus.
    »Bist du vollkommen übergeschnappt? Wer, zum Teufel, war das?«
    »Poletschka, rruhig, rruhig.«
    »Dein dämliches ›Poletschka‹ kannst du dir sonst wohin schieben. Wie bist du hier überhaupt reingekommen?«
    »Mit Schlussel.«
    »Woher hast du einen Schlüssel für mein Büro?«
    »Schlusseldienst.«
    »Bitte? Du lässt dir heimlich einen Schlüssel für mein Büro machen? Bist du nicht ganz dicht?«
    »Nicht chaimlich, Poletschka. Was dänkst du von mir?«
    »Das frage ich mich auch gerade. Weiß Artjom davon?«
    »Nain! So, Poletschka, rruhig, und ich erzäll.«
    In Wahrheit, erklärte Rostislav, sei alles völlig harmlos. Sein lieber Freund Vladimir aus Wladiwostok habe sich vor geraumer Zeit bei ihm nach Möglichkeiten erkundigt, in Deutschland einen Teil seines Vermögens zu investieren. Die Zeiten seien unsicher, dem internationalen Aktienmarkt würde er nicht trauen, Deutschland aber gelte wirtschaftlich als solide, mehr noch als die Schweiz oder Liechtenstein. Wie es gerade auf dem hiesigen Immobilienmarkt aussehe?
    So

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