Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
Vom Netzwerk:
alles ganz anders und auf eine gemeinsame Zukunft ausgerichtet war. Von Greta durfte sie keine Zustimmung erwarten. Greta präsentierte sich ihr immer noch als die Frau, der man an einem nasskalten Novembertag das Herz aus der Brust gerissen hatte. Herzen wuchsen nicht nach. Also fragte Tess mich, den guten Freund und ehemaligen Verehrer, der möglicherweise immer noch interessiert war, weil er dem Anschein nach seine alte Liebe nicht zurückerobern konnte. Ich sagte schon, dass es prickelte, wenn ich mit Tess zusammen war. Sie muss das gespürt haben, zog vielleicht falsche Schlüsse daraus und wollte verhindern, dass ich mir unberechtigte Hoffnungen machte. Manchmal kam von ihr eine Andeutung in diese Richtung, immer scherzhaft oder beiläufig vorgebracht. Als ich sie einmal nach einem Besuch der Oper heimbrachte», sagte sie:
    «Es hat schon Vorteile, sich mit einem Mann in der Öffentlichkeit zeigen zu können. Es müsste nur der richtige sein.»
    Dann betrachtete sie mich lächelnd von der Seite.
    «Du nimmst mir meine Offenheit doch nicht übel?»

    «Keine Spur», sagte ich.
    «Ich kenne meine Rolle. Wenn sie bei Greta ihren Zweck auch nicht erfüllt, vielleicht haben wir bei dir mehr Erfolg. Könnte doch sein, dass ein gewisser Herr plötzlich Konkurrenz wittert. Ich bin prädestiniert, einen Mann nachdenklich zu machen und seine Entscheidung in die richtigen Bahnen zu lenken. Im richtigen Alter, attraktiv, ein exzellenter Liebhaber, wie Greta dir gerne bestätigen wird, und das entsprechende Einkommen ist auch vorhanden.»
    Tess lachte amüsiert.
    «Vor dir eingenommen bist du wirklich nicht. Ach, du bist ein Schatz, Niklas.»
    Zum Dank für den netten Abend bekam der Schatz dann einen schwesterlichen Kuss vor der Haustür. Und dabei spürte ich, Tess war mit ihren Gedanken bereits beim Montag, Dienstag oder Mittwoch, bei der Stunde, die der Göttliche für sie erübrigen konnte. Und außer dem Kuss gab es nur endlose Erörterungen der Verhaltensweisen ihres Geliebten. Tess wollte von mir nichts weiter als ein wenig Unterhaltung, Ablenkung von ihren Ängsten und Interpretationen. Wie war diese Geste oder jenes Wort zu werten? Welche Bedeutung maß ich als Mann der Tatsache bei, dass er mit ihr über seine Geschäfte sprach? Das musste doch ein gutes Zeichen sein. Nach der Trennung schien es dann ein denkbar schlechtes Zeichen. Wenn Tess erzählte und man ihr Glauben schenkte, schwebte sie plötzlich in Lebensgefahr. Im Zorn der ersten Enttäuschung bezeichnete sie ihn als einen Kriminellen. Natürlich war er kein kleiner Gauner. Er war einer von den großen Bossen, schreckte nicht davor zurück, einen Menschen zu zerstören, wenn ihm dieser Mensch gefährlich werden konnte. Greta hielt das für eine maßlose Übertreibung. Da Tess schon zu Beginn ihrer Beziehung von einem einflussreichen Mann gesprochen hatte, dessen Gesicht häufig durch die Medien ging, tippte Greta auf einen Politiker. Tess hatte sich, kurz bevor die Affäre begann, plötzlich für Politik begeistert und kurzfristig in einem Parteibüro gearbeitet. Aber ebenso gut, meinte Greta, könnte er in der freien Wirtschaft tätig sein, in gehobener Position und mit der Möglichkeit, dem Fiskus ein paar Steuergelder vorzuenthalten. Letzteres nur für den Fall, dass er mit Tess tatsächlich über Geschäfte gesprochen haben sollte, die sich im Nachhinein als krumm darstellten. Doch bei Tess’ Phantasie müsse man in jeder Hinsicht gewaltige Abstriche machen, meinte Greta. Ich wollte eine Bedrohung nicht so völlig von der Hand weisen. Es hatte schon mehr als ein Ehemann verhindert, dass sein Seitensprung bekannt wurde, erst recht, wenn er Folgen getragen hatte. Und wenn die ursprünglich dafür vorgesehenen Mittel versagten, mochte es auch zu Gewaltaktionen kommen. Als Tess schwanger wurde, winkte er mit einer großen Summe, um sie zur Abtreibung zu bewegen. Das dürfte den Tatsachen entsprechen. Tess war nicht in der Verfassung, ihre Berichte mit zusätzlicher Dramatik anzureichern. Ihre Illusionen schwanden. Er ließ ihr nicht das kleinste Fünkchen Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft. Es war Erpressung in reinster Form.
    «Wenn du das Geld nimmst, kann alles bleiben, wie es ist. Wenn nicht, stehst du auf der Straße.»
    Ich rechnete fest damit, dass sie das Geld nahm. Weil sie verrückt war nach ihm. Weil sie wie ein Hündchen auf Kommando sprang, wenn er pfiff. Weil sie bei allem, was sie tat oder nicht tat, zuerst überlegte, ob es in seinem

Weitere Kostenlose Bücher