Melli - einmal blinzeln und von vorn
sicher einen Schritt zur Seite gemacht, um den Ball durchzulassen, wenn Melli wenigstens das Tor getroffen hätte, aber der Ball ging weit darüber hinaus. Frustriert lief sie ihm hinterher. Mistiger Misttag.
Als wenig später Adine ihrer Mannschaft ein weiteres Tor bescherte, bat Melli um eine Auszeit. Wie ein Häufchen Elend hockte sie sich auf die Bank und nuckelte an ihrer Wasserflasche. Dass Adine die ganze Klasse aufmischte, sich hervortat und wichtigmachte und auch noch die Lehrer manipulierte, war einfach das Letzte. Diese Ratte. Sie beobachtete ihre Mitschülerin, die mit langen Gazellenbeinen dem Ball hinterherjagte und um ein Haar Jacob, Emma und Pia mit sich gerissen hätte. Absolut rücksichtslos, das Weib, stellte Melli niedergeschlagen fest. Sie suchte in ihrer Sporttasche nach einem Bonbon, fand aber nur ein Lakritz, das ihr Oma Doro vor rund hundert Jahren zugesteckt hatte. Lakritz passte zu ihrer Stimmung. Widerlich. Genauso wie ihre aufgebissene Lippe, die nach Blut schmeckte. Sie lutschte angeekelt daran.
Dann gab sie sich einen Ruck. Ihre Mannschaft brauchte sie. Tapfer ging Melli wieder aufs Feld, bekam den Ball in die Hände und dribbelte auf Lora zu, die gemütlich an der Torstange lehnte. Natürlich fiel ihr jetzt Tom in die Arme. In Sekundenschnelle hatte er ihr den Ball abgenommen und jagte nun seinerseits auf das Tor von Mellis Mannschaft zu. Pfiffe und Rufe ertönten, entsetztes Geschrei â dann wurde es plötzlich leiser. Irgendwie verzerrt.
Melli schaute sich um. Ihre Mannschaft bewegte sich, als hätte sie Betonschuhe an den FüÃen. Adines Gazellenbeine hätten besser zu einem altersschwachen Elefanten gepasst und ihr Pferdeschwanz bewegte sich langsam auf und ab, als wäre er eine nasse Fahne bei schlappem Südwestwind. Melli zögerte nicht lange. Obwohl sich die anderen Spieler noch bewegten, wagte sie es, ihren Vorteil zu nutzen. Sie riss den Ball aus Toms Händen, bemerkte aus den Augenwinkeln, wie sich sein Kopf langsam zu ihr drehte und seine Augen verblüfft hervortraten, doch da stand sie schon fast vor Lora. Auch die löste sich nur langsam von ihrem Torpfosten, als wäre sie mit Leim dort festgeklebt, schaute sie an und beobachtete nahezu reglos, wie Melli genüsslich und in aller Ruhe den Ball über die Torlinie feuerte. So, fertig. Sie klopfte sich die Hände ab. Ehrentor erzielt. Jetzt könnte eigentlich ⦠Wie auf Befehl schoss David auf sie zu.
»Hey, wie zum Teufel bist du so schnell gewesen! Melli, unglaublich!« Ja, da hatte er allerdings recht, das war unglaublich. Gutmütig klatschte er sie ab und schüttelte bewundernd den Kopf.
»Wahnsinn«, brüllte auch Herr Nitzwitz. »Melli, die Performance möchte ich nächste Stunde noch einmal sehen. Dann gehtâs um die Noten und die Eins wäre dir sicher.«
Nur Adine schmollte und glotzte Melli misstrauisch von oben herab an.
»Betrug, würde ich mal sagen«, zischte sie. »Keine Ahnung, wie du das gemacht hast.«
Unschuldig wackelte Melli mit dem Kopf. »Du warst eben zu lahm, der Ball liegt im Tor.«
In der Umkleidekabine herrschte eine angespannte Stimmung. Adine benahm sich unglaublich. Völlig unentspannt haderte sie noch immer mit Mellis Tor und hackte pausenlos auf ihr herum. Selbst Pia bemerkte, dass Adines Verhalten kindisch war, und versuchte, sie zu beschwichtigen. Mit einem letzten bösen Blick auf Melli rauschte Adine schlieÃlich aus dem Raum. »Puh, wenn ich geahnt hätte, dass die so abgeht, hätte ich noch mehr Tore geworfen«, spöttelte Melli und hatte die Lacher auf ihrer Seite.
»Wegen einem Tor so einen Aufstand zu machen, die ist ja total verkrampft. Dabei hat ihre Mannschaft doch haushoch gewonnen«, stimmte Emma zu, die ebenfalls einen üblen Rempler hatte einstecken müssen.
»Echt spaÃbefreit«, pflichtete ihr auch Lora bei, die eigentlich nur froh war, dass sie die Sportstunde überstanden hatte.
»Ich finde, ihr seid ungerecht«, meinte Pia schlieÃlich vorsichtig. »Adine ist neu und will eben eine gute Figur machen.«
Emma wieherte: »Vor sich selbst vielleicht. Ich hab noch nie so eine Ego-Kuh wie die getroffen. Hoffentlich spielt sie mal zu Hause mit was richtig Giftigem. So giftig, wie sie selbst ist.«
»Sie ist halt enttäuscht«, verteidigte Pia weiterhin Adine. Unschlüssig stand sie in der Tür und knetete den
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