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Melli - einmal blinzeln und von vorn

Melli - einmal blinzeln und von vorn

Titel: Melli - einmal blinzeln und von vorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Doerr
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Einzelkämpfer. Dein Platz ist in der vierten Reihe.«
    Man sah Adine an, dass sie kurz überlegte, auf dem Absatz kehrtzumachen und die Aula auf schnellstem Wege wieder zu verlassen. Erstaunlicherweise fügte sie sich aber und drängte nach hinten, bis sie neben Pia stand. Pias Nachbarin blieb nichts anderes übrig, als einen Schritt zur Seite zu treten. Die ganze Reihe kam durcheinander, aber Adine stand fest wie ein Fels, als wäre das seit Ewigkeiten ihr angestammter Platz. Unfassbar, wie frech sie war.
    Â»Warum sagt Herr Wender nichts?«, flüsterte Melli Lora zu, doch die schüttelte nur den Kopf, als sie den strengen Blick ihres Lehrers sah. Ein Mädchen reichte Adine ein Notenblatt, dann klopfte Herr Wender auf das Klavier und verlangte äußerste Konzentration.
    Â»Nur noch ein paar Proben, meine Damen und Herren. Reißt euch zusammen oder wir treffen uns ab jetzt jeden Mittag hier, ist das klar?«
    Gespannte Stille kehrte ein, bis Herr Wender ein neues Stück anstimmte. Kurze Zeit später kamen die Solodarsteller hinzu. Auf einer improvisierten Bühne in der Mitte der Aula zeigten sie nun, was sie konnten.
    Melli hielt die Luft an, als Leon die Bühne betrat. Schon wieder kitzelte es bedrohlich in ihrer verstopften Nase und sie tastete nach dem Spray, das ihr Kira heute früh fürsorglich in die Jackentasche gesteckt hatte. Jetzt bloß nicht krank werden, dachte Melli. Ach Leon, wie er da in der Mitte stand. Verträumt sah sie ihm zu. Er war der geborene Star. Sie spürte die Spannung um sich herum, als er sich mit seiner Ricarda-Sandy verkrachte und Sandy allein und gedemütigt die Szene verließ.
    Vorsichtig klatschte sie mit, als die Mädchen vor ihr damit anfingen. Dann fielen immer mehr in den Beifall ein. Bis schließlich auch Herr Wender klatschte. Allerdings nur, um sie wieder zur Ruhe zu bringen.
    Â»Beifall gibt später das Publikum. Ich muss um Aufmerksamkeit bitten!« Er hieb wieder in die Tasten und irgendwann, als sie die Szene gefühlte zweihundert Mal durchgespielt hatten, war auch er zufrieden und wollte noch eine Änderung bei dem Dialog zwischen Sandy und Danny probieren. Der Chor musste natürlich so lange brav warten, aber was hieß das schon, wenn man Leon zuschauen durfte. Und Ricarda. Misstrauisch beobachtete Melli, wie sich die beiden verhielten.
    Â»Sag mal, sind die eigentlich zusammen?«, fragte sie leise Lora.
    Â»Ã„h, was bist du denn für eine Schnellmerkerin? Das weiß schon die ganze Schule und das ist doch das Romantische dabei. Mann, Melli, die sind in echt ein Paar, ist das nicht großartig?«
    Â»Brauchst ja nicht gleich auszuflippen. Also, so wie Ricarda sich an Leon ranschmeißt, da bleibt dem ja nichts anderes übrig.«
    Â»Ich glaube eher, es war andersrum. Leon hat sich total in Ricky verguckt, schau ihn dir nur an.« Die beiden sangen gerade ein verliebtes Duett und erstaunlicherweise schmolz Ricarda unter Leons Blicken nicht dahin wie eine Schneefrau im Frühling.
    Melli verzog das Gesicht. Ricky. So, so. Die tolle Ricarda wurde jetzt Ricky genannt. Sie war einfach zu perfekt, als dass ein Junge sich nicht in sie verlieben konnte. Gut, manchmal zeigte sich, dass sie ihren Text nicht hundertprozentig konnte, aber jeder, selbst Herr Wender, verzieh ihr sofort, wenn sie ihre Mähne zurückwarf, engelsgleich lächelte und ihren Fehler wieder ausbügelte. In Mellis Nase braute sich die nächste Niesattacke zusammen. Erst verstopft, dann so kitzelig, dass es nicht zum Aushalten war. Sie beugte sich hinter ihre Vorderfrau, um das Nasenspray einzunehmen. Tsch-tsch machte es und Melli schniefte. Verteufelt, das Zeug brannte wie Feuer in der Nase. Sie rang nach Luft, versuchte, das Niesen zu unterdrücken, und schnupfte unfein in ihre Armbeuge.
    Â»Alles in Ordnung?«, fragte Lora besorgt.
    Â»Geht schon, was ist das für ein Teufelszeug, das Kira mir da verabreicht? Will sie mich umbringen?«
    Lora lächelte nur. Und lächelte immer noch, als Melli zum zweiten Mal hinsah. Außerdem blieben die Sänger auf einem einzigen Ton stehen, hielten ihn eine gefühlte halbe Ewigkeit, bis sie plötzlich verstummten. Ihnen war schlichtweg die Luft ausgegangen, sie waren leer wie eine ausgesaugte Capri-Sonne. Melli sah sich schnell um.
    Â»Alles klar, keiner rührt sich von der Stelle«, kicherte sie und schnappte sich ihr Notenblatt. Wenn das nicht die

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