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Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Melodie der Stille: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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schrecklich verletzte, daß er sich nie wieder davon erholen würde.
    Er wußte, daß Kirsten (oder zumindest die Kirsten, die sie zum Zeitpunkt des Ereignisses geworden war) ihre Aufgabe dabei nicht begriffen hätte. Er hatte sich tatsächlich einmal gefragt, ob es vielleicht Peter Claire war, der »Engel«, der Bror ähnlich sah, dem er die Geschichte eines Tages erzählen würde. Vielleicht würde sich dann ja herausstellen, daß er ebendiese Pflicht und keine andere im Sinn gehabt hatte, als er von Peter Claire verlangte, auf ihn aufzupassen und ihn nicht zu verlassen. Doch irgendwie war der Tag – dieser Augenblick, der wie kein anderer sein würde – noch nie gekommen.
    Nun sieht König Christian Vibeke an und spürt ihre Hand tröstend auf seiner Stirn. Es ist mitten in einer Aprilnacht und still wie im Grab. Der König hat das Gefühl, alles befinde sich in der Schwebe und Dänemark halte den Atem an und warte darauf, daß er zugibt, was er noch nie zugeben konnte, außer sich selbst gegenüber im tiefsten Winkel seiner Seele: daß er die Schuld an Bror Brorsons Tod trägt. Vor langer Zeit einmal hatten sich er und Bror, die einzigen Mitglieder der Gesellschaft der Ein-Wort-Signierer, geschworen, einander immer und ewig vor Akten der Grausamkeit zu bewahren. Als es dann soweit war, merkte Christian zu spät, daß er sein Versprechen gebrochen hatte.
    Vibeke zündet eine Kerze an. »Dann ist Bror Brorson also«, sagt sie ruhig, »in dein Heer bei Thüringen eingetreten, bevor du in den Kampf gegen General Tilly nach Süden gezogen bist?«
    Der König nickt. Es dauert einen Augenblick, bis er weiter-sprechen kann. Dann fährt er fort: »Ich erteilte den Befehl, ihm eine Rüstung zu geben. Ich sagte, er könne in seinen Lumpen nicht in einem Reiterregiment kämpfen.«
    »Nein! Das würde ich auch meinen …«
    »Er erwiderte, er brauche keine Rüstung. An meiner Seite würde ihn der Tod nicht ereilen, weil ich diesen schon in der Koldinghus-Schule abgewehrt hätte, so daß dieser in meinem Beisein bereits tot war. Außerdem meinte er, Gott sei auf unserer Seite und unser Krieg gegen die Katholische Liga ein gerechter, und wofür bräuchten die Gerechten Eisenhandschuhe, da Gott doch wohl seine Diener beschützen würde?
    Ich konnte den Anblick Brors in seinem Wams mit den bloßen Armen und seinen Stiefeln, deren Absätze abgelaufen waren, aber nicht ertragen und erklärte: ›Bror, du kannst nicht mit mir kämpfen, wenn du keine Rüstung trägst!‹ Und so bekam er ein Brust- und Rückenstück, einen Helm und all den sonstigen hinderlichen Eisenschutz eines Reiters, außerdem zwei Reiterkanonen und ein Schwert.«
    Hier hält der König inne, und Vibeke wischt ihm den Schweiß von der Stirn.
    »Wenn wir nur so stark gewesen wären, wie ich geglaubt hatte!« jammert Christian. »Doch mein Verbündeter, Prinz Christian von Braunschweig, war schwächer, als er je eingestand. Er selbst war schon dem Tod geweiht durch einen großen Wurm, der an seinen Eingeweiden nagte, und Hunderte seiner Soldaten waren nicht einmal ordentlich bewaffnet, sondern mußten mit eisenbewehrten Stöcken kämpfen. Daher blieb er zurück, als wir vordrangen, und in Wahrheit sah sich mein Heer General Tilly fast allein gegenüber, Vibeke, fast allein!
    Ich dachte, wir könnten einen Tagessieg davontragen, weil Tilly sich von General Wallenstein isoliert hatte. Doch irgendwie erfuhr Tilly, wie stark mein Heer war, und schickte einen Boten zu Wallensteins Nachhut mit dem Ersuchen, achttausend seiner Soldaten nach Norden umzudirigieren, um mir dort entgegenzutreten. Mir kam das nicht früh genug zu Ohren. Dann erteilte ich meinem Heer den Befehl, umzuschwenken und dorthin zu fliehen, wo von Braunschweig war. Trotzdem setzten Tillys Vorposten meiner Nachhut zu, und wir mußten bei unserer Flucht kämpfen. Ich wußte, wir mußten früher oder später umkehren und ihnen und jenen, die von Wallensteins Heer zu ihnen stießen, gegenübertreten und es würde dann zu einem heftigen Kampf kommen.«
    Wieder hält der König inne. Er blickt Vibeke ins Gesicht, das im Schein der Kerze weich aussieht, und dann in den dahinterliegenden dunklen Raum.
    Er fährt fort: »Ich bezog vor dem Dorf Lutter Stellung. Für diese Gegend sprachen das hügelige Gelände und Wälder, wo ich meine Kanonen und Musketiere verstecken konnte.
    Tilly rückte gegen mich vor. Es war am 27 . August 1626 , und ich kann wohl sagen, daß an diesem Tag das schlimmste Leid meines

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