Memiana 1 - Ewige Wacht: 1 Xeno 1.2 (German Edition)
Geschöpfe des Graulichts aufgelöst hatten.
Weder Carb noch Adolo hatten Interesse daran gehabt, zum Ort des Gemetzels auf dem Hang gegenüber zu gehen. Hama hatte niemand erst gefragt und Yala hatte nur entsetzt den Kopf geschüttelt. Schließlich hatte sich Jarek bereiterklärt, die drei Vaka zu begleiten, die sich zwischen den Steinen umsehen wollten, und hatte den geliehenen Splitter geschultert.
Sie waren erst wenige Schritte gegangen, als Mareibe sich ihnen wortlos angeschlossen hatte.
Nun stand die junge Solo reglos zwischen den Felsen, von denen viele rote Spritzer trugen, die sich zum Teil bereits schwarz färbten. In flachen Senken zwischen den Steinen fanden sich Lachen, an denen die fingernagelgroßen, roten Blutschader wimmelten.
Nichts blieb übrig auf Memiana.
Irgendwann fand sich immer irgendein Geschöpf, das sich von den letzten Resten anderer noch ernähren konnte.
Mareibe sah sich um, ohne etwas zu sagen, und Jarek konnte nicht in ihren Augen sehen, was sie dachte.
„Wie geht es dir?“, fragte er sie leise.
„Warum willst du das wissen?“, antwortete Mareibe, ohne ihn dabei anzuschauen, aber es war nichts Abweisendes in den Worten.
„Weil ich möchte, dass es allen gut geht“, sagte Jarek.
„Und wenn du dabei nicht helfen kannst?“
„Dann will ich wenigstens mein Bestes tun.“
Mareibe schenkte Jarek ein trauriges Lächeln. „Ich habe noch nie jemanden wie dich getroffen.“
Jarek seufzte. „Das hast du ganz sicher. Am Tor fast jeder Ansiedlung und jeder Stadt stehen Xeno.“
„Aber es hat mich noch nie ein Xeno so behandelt wie du.“ Mareibe betrachtete Jarek mit einer scheuen Wärme im Blick, die nicht zu ihrem sonstigen Auftreten passte.
„Wie behandle ich dich denn?“, fragte er.
„Wie jemanden, der zu denen gehört, die du beschützt. Nicht wie einen, vor dem du die anderen schützen musst. Für Solo seid ihr Xeno die Schattenreißer unter den Menschen. Meistens. Man sieht sie nicht, aber irgendwie sind sie immer in der Nähe. Und wenn sie auftauchen, bist du in Gefahr.“
So hatte Jarek seine Rolle als Xeno noch nie gesehen und es fühlte sich nicht gut an. „Bei mir bist du in Sicherheit“, sagte er, aber in seinen eigenen Ohren klang der Satz schwach.
„Ich weiß“, sagte Mareibe. „Du bist keine Bedrohung. Für mich jedenfalls nicht.“
„Und für andere?“, fragte Jarek. Er fühlte, dass sich sein Herzschlag beschleunigte, und er ahnte, dass ihm die Antwort vielleicht nicht gefallen könnte.
Mareibe sah Jarek in die Augen und sagte leise: „Du bist der gefährlichste Mann, dem ich jemals begegnet bin, Jarek. Und das sagt eine Frau, die mehr als zwei Umläufe unter Räubern gelebt hat.“
Er wusste, dass er über diese Worte erst einmal länger nachdenken wollte. Es gab nichts, was er darauf erwidern konnte. „Ich wüsste trotzdem gerne, wie es dir jetzt geht“, versuchte er es mit einer Ablenkung.
„Gut“, antwortete Mareibe knapp.
Matus ließ einen Rückenbeutel auf die Felsen fallen, in den er Feraflaschen und Kurzschneider gesammelt hatte. Das Scheppern hallte laut zwischen den Wänden des Tals wider und Mareibe zuckte bei dem Geräusch zusammen.
Jarek konnte erkennen, dass unten zwischen den Steinen, in deren Schutz sie alle überlebt hatten, auch Carb den Laut gehört hatte. Der Fero schaute zu ihnen herüber. Jarek machte eine beruhigende Bewegung mit dem Arm und Carb beschäftigte sich wieder damit, Rohre zu bündeln, aber nicht ohne vorher einen langen Blick auf Mareibe zu werfen.
Noch immer stand sie da, die Hände in die Hüften gestützt, und ließ den Blick wandern, nahm jeden Blutspritzer und jede Lache auf, jeden frischen Einschuss im Fels und jeden Kratzer, den die Kralle eines Reißers irgendwo hinterlassen hatte.
Mareibe sprach, ohne Jarek anzuschauen. „Da sind so viele Kammern in meinem Kopf. Große und kleine und ganz kleine. Und jedes Mal, wenn ich eine brauche, mache ich mir eine neue.“
„Bei mir ist das genauso.“
„Hama hat gesagt, das ist bei allen Memo so. Aber ich habe da einen großen Raum, der ist ganz leer. Ich habe ihn gebaut und dann die ganze Zeit verschlossen gehalten. Seit sie mich mitgenommen haben. Zweitausenddreihundertsiebenundachtzig Lichte und ein halbes habe ich nichts in diese Kammer gelegt. Ich habe sie mir aufgehoben. Für genau das hier. Und jedes Mal, wenn jetzt wieder meine Mutter blutet und mein Vater schreit und Gaffa und Meen die drei kleinen Mädchen vom Felsen von Tossa
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