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Menschenherz - Band 1-3

Menschenherz - Band 1-3

Titel: Menschenherz - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Schreiner
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kann ich ein neues Leben anfangen, wenn ich mich immerzu an das Alte erinnern werde?“ Ich schluckte schwer und erklärte leiser: „An meine Sehnsüchte und Träume?“
    „ Wäre es dir lieber, wenn du dich nicht erinnern würdest?“ Die Stimme des Doktors klang heiser und aufgeregt.
    Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und dachte angestrengt nach. „Du kannst kein neues Leben anfangen, denn du hast noch ein altes, du könntest nicht damit leben“ , flüsterte meine innere Stimme. „Und du wärst verloren, wenn du dich nicht mehr erinnerst“ , mahnte mein Verstand. „Was würdest du tun? Wo würdest du leben? Wovon würdest du leben?“
    „ Du musst dich nicht sofort entscheiden!“ Dr. Primus tiefe Stimme durchbrach meinen Gedankengang.
    „ Wenn ich mich an nichts mehr erinnern würde, wäre ich ihnen – und der Gruppe – ausgeliefert“, ich sprach leise, um mir meine Hilflosigkeit nicht anmerken zu lassen.
    „ Das ist richtig.“ Dr. Primus nickte. „Aber du wirst dich an alles erinnern können und jede deiner Entscheidungen, die du in deinem neuen Leben treffen wirst, wird eine bewusste Entscheidung sein.“ Er lächelte. „Du wirst mit deinem Wissen und deinem alten Leben leben müssen.“
    Ich schenkte ihm ein zynisches Lächeln. „Und? Komme ich hinterher in den Himmel oder in die Hölle?“
    Betroffen sah er mich an. Dann schüttelte er den Kopf. „Ich weiß es nicht.“
    Für diese Antwort liebte ich ihn. Er versuchte nicht mich zu beruhigen oder anzulügen. Vielleicht log er auch nicht, wenn er behauptete, mir einfach nur helfen zu wollen.
    „ Du kannst es ja einfach ausprobieren. – Wenn der Ritus funktioniert kannst du unerkannt und frei unter den Menschen leben und selber herausfinden, was du willst.“ Er schenkte mir sein großartiges Lächeln. „Wir bieten dir nur die Möglichkeit. Wir geben dir keine Richtung vor.“
    Mit einer unbewussten Geste nahm er wieder meine Hand in seine. „Wenn du damit nicht klarkommst, können wir es jederzeit wieder rückgängig machen.“
    Ich schenkte ihm ein Schmunzeln. Ich war mir sicher, dass wenn ich mich dafür entschied, ich es nie wieder rückgängig würde machen wollen.
    „ Sagst du es Gabriel?“ Unendliche Trauer schwang in der Tonlage meiner inneren Stimme mit und ich begriff, dass ich mich schon längst entschieden hatte und nur noch nachdachte, um mein Gewissen zu beruhigen.
    Hier bot sich die Chance, auf die ich seit dem Sündenfall gewartet hatte – als hätte sich der Himmel meiner erbarmt – und ich wäre ein Dummkopf, wenn ich sie nicht ergreifen würde.
    Ich willigte ein.

Engelstraum

    Gabriel und der alte Doktor saßen gemeinsam in dem kleinen Beobachtungsraum und verfolgten über die Monitore, wie Doktor Primus ein Krankenzimmer betrat.
    „ Er hätte es ihr sagen sollen!“, murmelte Gabriel und verfolgte mit den Augen jede Bewegung des jungen Mannes.
    „ Du hast es doch geplant und gesagt, er soll sie nicht in Versuchung führen, sondern ihr ihre Entscheidung durch Halbwahrheiten erleichtern!“, wandte der alte Mann ein und ignorierte den bösen Blick, den der Erzengel ihm zuwarf.
    „ Ja“, gab der Engel zu, „aber Adam hatte sie so weit, dass sie freiwillig und wissentlich zugestimmt hätte.“ Die Stimme des Erzengels klang melancholisch. Das ihm diese Alternative wesentlich besser gefallen hätte, strahlte aus jeder Pore seines Körpers.
    „ Das können wir nicht wissen!“, widersprach der Doktor und fügte hinzu: „Und wir werden es auch nie erfahren!“
    Gabriel setzte zum Widerspruch an, doch der Alte war schneller und unterbrach das schlechte Gewissen des Engels: „Adam sollte alles tun, damit sie einwilligt.“ Er klang unwillig. „Und das hat er!“
    Gabriel stand auf und trat näher an den Monitor heran.
    Als fiele dem Alten erst jetzt wieder ein, mit wem – oder besser mit was er sprach –, lächelte er beruhigend. „Es wird funktionieren!“
    Gabriel nickte stumm. Auf einmal war er seiner Sache nicht mehr so sicher. Tat er wirklich das Richtige?
    Manchmal glaubte er, zu viel Zeit mit den Menschen zu verbringen und sich zu weit von Gott entfernt zu haben.
    Der alte Mann räusperte sich verteidigend. „Du hast selber gesagt, dass es notwendig ist. Dass es die einzige Möglichkeit ist, sie für ihren Engel unsichtbar zu machen.“
    Gabriel seufzte leise. Er wusste, was er gesagt und geglaubt hatte. Aber jetzt waren die Zweifel da. Zum ersten Mal seit dem Tag in Eden, in dem er Lilith eine

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