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Mercy, Band 2: Erweckt

Mercy, Band 2: Erweckt

Titel: Mercy, Band 2: Erweckt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Lim
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nur eine Lichtreflexion wahrnehmen. Aber ich weiß, was es ist. Und ich weiß, dass er fort ist, der Malakh. Zurückgeschleudert in die weite, unbarmherzige Welt, in der er bis in alle Ewigkeit herumirren wird.

Kapitel 10

    Franklins Arm sinkt nach unten, er lässt die Waffe fallen und schluchzt. Ich nehme meine rechte Hand von seiner Stirn.
    Er sieht mich nicht an, heult nur: „Es tut mir leid, oh mein Gott, es tut mir so leid! Was ist nur in mich gefahren?“
    Immer noch weinend bückt er sich, hebt die Pistole auf und steckt sie wieder in seine Innentasche. Dann schließt er die Vordertür auf, stößt den Plastikvorhang beiseite und verlässt das Café genauso plötzlich, wie er hereingekommen ist.
    Sulaiman wirft mir einen langen, ruhigen Blick zu und schaut auf seine Armbanduhr. „Zeit zum Beten“, sagt er scharf, steht auf und verschwindet in Richtung Küche. „Werft euch nieder und danket Gott, ihr Ungläubigen, denn ER hat euch verschont. Fürs Erste jedenfalls.“
    Die Küchentür schwingt hinter ihm zu, und Reggie, Ranald und Cecilia sehen einander wortlos an, dann mich. Ihre Gesichter sind kreideweiß.
    Ranald klammert sich an seine Computertasche und stolpert hinaus. Keine Spur mehr von seiner arroganten, coolen Fassade.
    Cecilia und Reggie raffen ihre Sachen zusammen und stürzen hinterher. Sie verschwinden, ohne zu sagen, ob und wann sie zurückkommen werden.
    Ich bin auch nicht in Gesprächslaune. Nahtod-Erfahrungen machen irgendwie sprachlos. Außerdem ist niemand da, mit dem ich reden könnte.
    Ich gehe in die Küche, wo Sulaiman einen Gebetsteppich ausrollt und dabei der arabischen Musik lauscht, die aus seinem Kofferradio scheppert.
    Ich weiß nicht, woher die Worte kommen, aber ich sage: „Verrichtest du das Salah , das Gebetsritual?“
    Er nickt. „Ja, so nennen es manche.“
    Ich habe noch nie einen gläubigen Muslim beim Gebet gesehen und bin fasziniert von der Stille und Hingabe in Sulaimans Gesicht. Trotz seiner Körpermasse bewegt er sich geschmeidig und lautlos, als er auf dem farbenfrohen Teppich niederkniet, den er in einer Ecke der gefliesten, engen, fettigen Küche ausgebreitet hat.
    Ich lehne mich an die Wand, neben mir der rote Feuerlöscher und das zerfetzte Poster, auf dem in Großbuchstaben HÄNDE WASCHEN! steht.
    „Heute wirst du deinem Schöpfer wahrscheinlich besonders dankbar sein“, sage ich.
    „Was geschehen ist, war Sein unerforschlicher Plan“, erwidert Sulaiman und seine dunklen Augen blicken mich eine Sekunde lang an, „ein besonderer Dank ist also nicht nötig. Er hat es vorbestimmt.“
    Ich schüttle den Kopf und gehe zur Schwingtür zurück. „Fatalist“, spotte ich gutmütig, obwohl es in gewisser Weise als Beleidigung gemeint ist.
    „Gotteslästerin“, zischt Sulaiman zurück, ohne sich aufzurichten, die Stirn auf den Boden gepresst.
    Ich bleibe in der Tür stehen. „Ich kenne viele Leute, die so sind wie du, und ich weiß nicht, warum ihr euch einbildet, dass jeder Schritt in eurem engen, schäbigen kleinen Lebe n – wie das von Franklin Murra y – vorbestimmt und unausweichlich sein soll, dass der freie Wille nichts ausrichten kann. Aber wenn es so wäre, wenn wirklich alles vorbestimmt wäre und ich nicht eingegriffen hätte, um euch zu retten, dann wärt ihr jetzt wahrscheinlich tot.“
    Sulaiman schnaubt. „Ach, und dein Eingreife n – war das nicht vorbestimmt? Stehst du so hoch über uns anderen? Verschone mich mit deinem freien Willen, wir werden uns nie einig sein. Mein Gott ist ein eifersüchtiger Gott. Sein Wille ist Gesetz und war es schon immer.“
    Ich funkle auf seinen breiten Rücken hinunter. „Was soll ich mit einem Glauben, der mir keine Entscheidungsfreiheit lässt?“
    Dabei bin ich, um die Wahrheit zu sagen, innerlich so leer, dass ich mich an keinerlei Glaubensgrundsätze erinnere, falls ich jemals welche hatte.
    Sulaiman wirft mir einen herausfordernden Blick zu. „Nein“, sagt er langsam. „Ich kann dir ins Herz sehen, und ich weiß, dass du keinen Glauben hast, sonst wärst du nicht hier. Und jetzt lass mich“, fügt er hinzu und beugt sich mit einer geschmeidigen Bewegung wieder nach vorne. „Denn du raubst allen, die um dich sind, den Frieden.“
    Ich blicke ihn scharf an, aber seine Augen sind geschlossen. Ich frage mich, woher Sulaiman Lela so gut kennen will, obwohl er doch erst seit einem Monat hier ist.
    Verdrossen gehe ich aus der Küche und nehme meinen Platz hinter der Theke wieder ein.
    Als M r Dimowski

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