Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mercy, Band 4: Befreit

Mercy, Band 4: Befreit

Titel: Mercy, Band 4: Befreit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Rothfuss
Vom Netzwerk:
Wir haben einen privaten Hangar. Dann wärt ihr am Vormittag schon in Le Bourget. So einfach ist das. Ihr müsst nur Ja sagen.“ Sie richtet ihren Blick wieder auf mich.
    „Ein Erzengel reist doch nicht mit einer Gulfstream“, sagt Ryan beinahe schadenfroh.
    „Also ehrlich, Ryan“, sagt Bianca halb belustigt, halb empört.
    Ryan grinst. „Na, du weißt doch, dass ich die Dinge gern auf den Punkt bringe. Und sie hat Recht, Mercy“, fügt er hinzu, als er meine eisige Miene sieht, „du wirst nach Paris verfrachtet. Ist alles bereits arrangiert.“
    „Ich will nicht nach Paris!“, jammere ich los.
    Bianca beugt sich zu mir vor. „Du musst aber.“
    Ich funkle sie so wütend an, dass sie auf der Couch zurückweicht, bis sie gegen das Armpolster am anderen Ende stößt. Beschwichtigend reißt sie die Hände hoch.
    Ryan zieht mich noch enger an sich, hält mich um die Hüften. „Jetzt hör ihr doch erst mal zu“, wispert er mir ins Ohr.
    Bianca setzt sich kerzengerade hin, schlägt die Beine wieder übereinander und schleudert ihren Zopf über die Schulter. „Ich sehe gewisse Parallelen … zwischen uns beiden“, beginnt sie stockend. „Wir wurden beide belogen und betrogen von den widerlichsten Typen aller Zeiten …“ Sie blickt auf den Boden und holt tief Luft, bevor sie ihre leuchtend blauen Augen wieder auf mich richtet. Ein verräterischer Glanz liegt jetzt darin. „So viele Menschen, die ich kannte, so viele Orte, die ich geliebt habe, an die ich nur schöne Erinnerungen habe, wurden weggefegt … Jetzt existieren sie nur noch in meinem Kopf.“
    Ihr entrückter Blick verrät mir, dass sie von ihrem alten Leben mit Félix spricht, aber auch von ihrem Leben hier. Sie wurde doppelt beraubt und das in so kurzer Zeit.
    „Na, du weißt ja, wovon ich rede. Und ehrlich, ich versteh nicht, womit wir es verdient haben, dass unsere Welt … in Schutt und Asche gelegt wurde“, fährt sie fort und ihre Stimme wird schrill vor Angst. „Aber du bist stark, so wie ich gern sein möchte. Du hast die Macht, den Mistkerl zu zerstören, der dir das angetan hat. Und glaub mir, so ein bisschen Rache kann sehr heilsam sein, wenn man absolut im Recht ist. Also ich würde alles dafür geben, wenn …“
    Bianca ballt grimmig ihre Fäuste auf den Knien, dann fällt ihr etwas ein, was sie in die Gegenwart zurückreißt. Mit fast normaler ruhiger Stimme fügt sie hinzu: „Die St.-Alban-Group ist heute in erster Linie ein globaler Finanzdienstleister. Aber ursprünglich, vor vielen Jahrhunderten, haben wir unser Vermögen im Schiffsbau gemacht, und wir ziehen immer noch im Hintergrund die Fäden, verfügen über eine weltweite Logistik, von der selbst der Teufel nur träumen kann. Wir verschieben Goldbarren, Lebendvieh und sogar Waffen rund um den Globus, egal wohin. Es wäre ein Kinderspiel für uns, einen Protegé unserer Familie und seine …“ Sie hält einen Augenblick inne und fährt mit unbewegter Miene fort: „… freakige Freundin nach Paris zu schaffen.“
    „Eine freakige Freundin ohne Papiere“, wende ich ein, als ich an das kleine dunkle Heft in Ryans Gepäck denke. „Die Hoheitsgewalt, der ich unterstehe, gibt keine Pässe aus.“
    „Offiziell reist nur ein Passagier mit“, erwidert Bianca fröhlich. Die Mächte, die ich repräsentiere, scheinen sie nicht im Geringsten einzuschüchtern. „Wir sorgen dafür, dass die Crew ein Auge zudrückt, oder wir reduzieren einfach die Besatzung, schmuggeln dich an Bord …“
    „Das ist nicht nötig“, unterbricht Ryan sie leise. „Mercy kann sich jederzeit unsichtbar machen, wenn sie will.“
    „Also dann nur ein Passagier.“
    Bianca kramt in einer ihrer Jeanstaschen und angelt eine geprägte Visitenkarte hervor, die sie mir mit zitternden Fingern hinhält.
    „Noch ist nichts entschieden“, sage ich gereizt. „Und ich kann es nicht ausstehen, wenn ich in die Ecke gedrängt werde, was bei meiner Vergangenheit kein Wunder ist.“
    „Ich hab dich gewarnt“, sagt Ryan seufzend zu Bianca. „Sie kriegt die Krise, wenn ihr jemand vorschreiben will, was sie tun soll. Mir hat der Schulpsychologe immer gesagt, dass ich Autoritätsprobleme habe, aber der hat Mercy nicht gekannt.“ Er schüttelt mich sanft. „Du brichst alle Rekorde, ehrlich.“
    Bianca hält mir weiter die Karte hin und sagt leise: „Es ist deine Entscheidung, Mercy. Aber wenn ich an deiner Stelle wäre und es würde mich nur einen Anruf kosten, um diesem Dreckskerl, der nichts

Weitere Kostenlose Bücher