Mercy - Die Stunde Der Rache Ist Nah
umbringen.
Und was ist mit Mario Valdez? Ihn hast du
umgebracht, oder etwa nicht? Ein Unfall, ja, aber der Junge ist gestorben.
Erschossen, von dir. Du bist dazu fähig, Bentz, das weiß jeder hier in L.A.
»Erzähl mir, worüber du mit ihr geredet hast.«
»Natürlich über Jennifer.« Er verbot sich seine
Paranoia. Hayes versuchte nicht, ihn dranzukriegen. Er machte nur seinen Job.
Die Tischdame führte zwei Männer in Anzügen zu einem Tisch in der Nähe. Bentz
beobachtete, wie sie vorbeigingen, dann wandte er sich wieder Hayes zu. Eine
dunkle Augenbraue schoss in die Höhe. »Das ist alles?«
»Ja.« Bentz erzählte, wie er von Shana und ihrem
Riesenhund an der Haustür empfangen worden war, und gab ihr Gespräch wieder
bis zu seinem Aufbruch. Er erwähnte sogar, dass er kurz darauf »Jennifer« an
der Bushaltestelle in der Figueroa Street entdeckt hatte.
Hayes' Gesichtsausdruck blieb unverändert. »Hat
Shana geglaubt, dass deine Ex-Frau möglicherweise noch am Leben ist?«
»Nein. Sie war überzeugt, dass Jennifer tot ist,
obwohl sie immer Zweifel hatte, dass sie tatsächlich Selbstmord begangen hat.«
»Sie denkt, Jennifer wäre umgebracht worden?«
Hayes' indirekte Unterstellung lag auf der Hand: Sie wurde umgebracht, und du
hängst mit drin.
»Ich hab schon verstanden, worauf du
hinauswillst, aber ich wäre kaum hier und würde nach der Wahrheit suchen, wenn
ich etwas mit Jennifers Tod zu tun hätte. Außerdem habe ich kein Motiv, Shana
Mclntyre zu töten.« Hayes blieb ungerührt. »Du musst zugeben, dass es sich um
merkwürdige Zufälle handelt. Der Einundzwanziger-Killer schlägt wieder zu, und
nun ist Shana Mclntyre tot... alles innerhalb einer Woche, nachdem du nach L.A.
zurückgekehrt bist. Jeder nur halbwegs taugliche Detective würde da seine
Schlüsse ziehen.«
Bentz spannte den Kiefer an. In ihm toste ein
Sturm, und das war die einzige Möglichkeit, sein Temperament zu zügeln. »Als
ich von Shana fortgegangen bin, war sie quietschlebendig. Das war vor ein paar
Tagen ... prüf das in ihrem Kalender nach. Ich bin weder dorthin zurückgekehrt,
noch bin ich ihr auf der Straße begegnet, und telefoniert habe ich auch nicht
mit ihr, das kannst du meinen Verbindungsnachweisen entnehmen.«
»Wir werden das überprüfen.«
»Gut. Dann werdet ihr auch feststellen, dass ich
gestern Nacht mit meiner Frau in New Orleans telefoniert habe. Mein Gott,
Hayes, ich muss mich weder vor dir noch vor sonst jemandem rechtfertigen.«
Hayes hob abwehrend die Hand. »Ich dachte nur,
du solltest es besser von mir erfahren.«
Bentz verkniff sich einen Kommentar und
versuchte, seinen Ärger zu unterdrücken. Es bestand kein Anlass, den Boten zu
erschießen. »Zum ersten und zum letzten Mal: Ich war gestern Nacht nicht bei
Shana, das wüsstet ihr, wenn ihr ihr Sicherheitssystem überprüft hättet«, sagte
er schließlich. »Das Anwesen ist abgeriegelt, als wäre sie ein Promi. Hat jemand
daran gedacht, sich die Überwachungsanlage vorzunehmen und nachzusehen, was
die Kameras aufgezeichnet haben, die im ganzen Haus verteilt sind?«
»Wir sind dabei.«
»Gut, denn ich war nicht da. Und wenn ihr schon
damit beschäftigt seid, könntest du dir vielleicht die Angaben vornehmen, die
ich dir über den silbernen Wagen und die Nummernschilder habe zukommen lassen.
Da will mich jemand fertigmachen, Jonas, und dieser Jemand hält das LAPD zum
Narren. Ich habe Shana Mclntyre nicht umgebracht. Die ganze Sache ist
inszeniert. Vielleicht werden wir sogar in diesem Augenblick beobachtet.« Die
Kellnerin trat mit noch mehr Tee und ihrem ewig präsenten Lächeln an ihren
Tisch, doch Hayes schüttelte den Kopf, und sie wandte sich drei Frauen
mittleren Alters zu, die an einen Tisch in der Nähe geführt wurden. »Du bist
paranoid«, sagte Hayes mit gesenkter Stimme und bestätigte damit Bentz' eigene,
ganz persönliche Befürchtungen.
»Da hast du recht, aber ich habe einen guten
Grund dazu.«
»Ich bin als dein Freund hier.«
»Kennst du das alte Sprichwort: >Mit einem
Freund wie dir braucht man keinen Feind«
»Ich will dich nur schützen.« Hayes' dunkle
Augen blitzten, und seine Lippen wurden schmal. »Mehr als nur ein paar Leute
im Department würden dich gern untergehen sehen, Bentz.«
»Was gibt's sonst Neues?«
»Wie ich schon sagte: Ich stehe hinter dir.«
»Dann beweis es. Beschaff mir die Informationen.
Ich glaube, hier sind wir fertig.« Bentz stand auf, nahm seinen Stock und
schob Hayes seinen Teller zu.
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