Mercy Thompson 02 - Bann des Blutes-retail
herunter, bis seine Lippen dicht an meinem Ohr waren, und sagte: »Ich muss wieder hinter die Theke, aber ich werde auf dich aufpassen, solange du hier bist.«
Ich wollte ihm danken, aber er legte seine Finger an meinen Mund, bevor ich etwas sagen konnte.
»Vergiss es, Mädchen. Ich weiß, dass Zee dich etwas Besseres gelehrt hat. Bedanke dich nie bei einem vom Feenvolk, oder du wirst schneller seine Socken waschen und seine Miete bezahlen, als du zehnmal hintereinander Kollateral sagen kannst.«
Er hatte Recht. Ich wusste es wirklich besser und hätte mich vielleicht sogar daran erinnert, bevor ich etwas gesagt hätte. Aber ich war trotzdem dankbar für seine Höflichkeit.
Ich zog die Brauen hoch und sagte mit gekünstelter Unschuld: »Aber Sie würden so etwas doch sicher nie tun.«
Er grinste anerkennend und bedeutete mir zu gehen. »Sieh zu, dass du deine Vampire findest, Mädchen. Ich muss Geld verdienen.«
Niemand behelligte mich, aber ich spürte das Gewicht vieler Blicke im Rücken, als ich mich vorsichtig durch die Menge schob. Es war schwer, in einem so vollen Raum nicht gegen jemanden zu stoßen, aber ich beherzigte Onkel Mikes Warnung. Die Stimmung in der Menge war ziemlich hässlich. Meine Ohren halfen mir nicht viel, aber die Gefühle, die meine Nase witterte, waren keine angenehmen.
Ich fand die Vampire auf der anderen Seite des Tanzbodens. Marsilia trug ein weißes Kleid im Stil der Fünfzigerjahre, das Bilder von Marilyn Monroe in meinem Kopf hervorrief, aber die Herrin der Vampire hatte nichts von den weichen Rundungen
der Schauspielerin. Selbst im trüben Licht der Bar war ihre Haut zu blass für das Weiß ihres Kleids.
Jemand hätte ihr sagen sollen, dass dieser Stil für sie nicht besonders schmeichelhaft war. Vielleicht würde sie mich ja genug ärgern, dass ich das selbst tun würde.
Ich war offenbar ebenfalls ziemlich gereizt.
Verblüfft über diesen Gedanken blieb ich stehen und drehte mich langsam im Kreis, aber ich konnte Littleton nirgendwo entdecken. Ich roch ihn auch nicht. Also ging ich weiter auf die Vampire zu.
Marsilia hatte nur einen einzigen Begleiter mitgebracht, und es überraschte mich nicht zu sehen, dass es Andre war, Stefans Freund und Rivale. Mich durch die Menge zu schieben, gab mir ein wenig Zeit, um darüber nachzudenken, wie ich vorgehen sollte. Marsilia wusste, dass sie mich bereits am Haken hatte; es blieb nur noch zu entscheiden, wer die Anweisungen geben würde. Da ich diejenige war, die ihre Haut aufs Spiel setzte, war es wichtig für mich, sicherzustellen, dass ich die Jagd beherrschte. Ich zog die Halskette, die ich immer trug, unter meinem T-Shirt vor, damit Marsilia sie und das stilisierte Silberschaf gut sehen konnte, als ich näher kam.
Ich trage kein Kreuz. Als Kind hatte ich damit schlechte Erfahrungen gemacht. Außerdem war ein Kruzifix das Werkzeug des Todes unseres Herrn – ich weiß nicht, wieso die Leute denken, ein Folterinstrument sollte ein Symbol Christi sein. Jesus war ein williges Opfer, ein Lamm, kein Kreuz, an das wir uns selbst nageln sollen; zumindest ist das meine Interpretation der Dinge. Andere Leute denken anders über Religion und Gott als ich.
Mein kleines Lamm hatte mir jedenfalls bisher so gut gegenüber Vampiren geholfen, wie es Kreuze eigentlich tun sollten – und Marsilia wusste das.
Als ich an den Tisch kam, lächelte ich die Vampire an und zeigte dabei die Zähne. Dann nahm ich den Stuhl, den sie für mich frei gelassen hatten, und drehte ihn, so dass ich verkehrt herum darauf sitzen und die Arme über der Lehne verschränken konnte. In einem Wolfsrudel kann ein wenig Dreistigkeit einer Kojotin viele Prellungen ersparen.
Ich hatte mir fest vorgenommen, diesen Raubtieren gegenüber keine Schwäche mehr zu zeigen. Ich befand mich jetzt nicht in ihrem Territorium, und sie hatten keine Macht über mich. Nun gut, jedenfalls solange ich nicht daran dachte, wie viel stärker sie waren und wie viel mehr Übung im Töten sie hatten. Also versuchte ich, nicht daran zu denken. Zumindest würde der Lärm verhindern, dass sie hörten, dass mein Herz so schnell schlug wie das eines Hasen.
»Sie wollen also, dass ich für Sie Vampire jage?«, sagte ich.
Marsilias Gesicht hätte kaum unbewegter sein können, aber Andre zog eine Braue hoch. »Einen Zauberer«, murmelte er. Er trug ebenfalls Weiß. Seine natürliche Hautfarbe war zwar wegen des Mangels an Sonne blass wie die aller Vampire, aber noch dunkel genug, damit es an ihm
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