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Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Merkels Tochter. Sonderausgabe.

Titel: Merkels Tochter. Sonderausgabe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Dann kommt er zur Einsicht, will sie bitten, sich nochmal für ihn einzusetzen, und sie liegt da. Der Schock, den er bekommen hat, dürfte nicht kleiner gewesen sein als deiner. Und dazu passt sein Verhalten, den Jungen zu versorgen, sich in die Küche zu setzen und aus dem Fenster zu schauen.»
Merkel wollte sich nicht auch noch von Kurt mit Ziriak vergleichen lassen. Irenes Stimme würde ihn vermutlich bis ans Lebensende verfolgen. Der ganze Unsinn, den sie ihm beim letzten Frühstück unter die Nase gerieben hatte. Kein Selbstbewusstsein, kein Gefühl für den eigenen Wert, keine Liebe für die eigene Person. Aber sie hätte er lieben können, hatte das genau genommen ja bereits getan. Nur gesagt hatte er es ihr nicht. Nicht ein einziges Mal.
«Wir müssen uns wohl damit abfinden», sagte Kurt, «dass wir den Falschen geschnappt haben. Natürlich können wir ihm etwas anhängen, wenn wir es darauf anlegen. Unterlassene Hilfeleistung. Aber ich frage mich, wozu das gut sein soll. Wenn er auf Anhieb gesehen hätte, dass sie seine Hilfe brauchte, hätte sie die auch bekommen. Auf seine Art ist er ein Kind, geistig nicht weiter als ein Vierzehnjähriger. Bei ihm hat einfach was ausgesetzt, als er sie auf dem Boden liegen sah. Sie hat ihm sehr viel bedeutet, Hein.»
Kurt hob die Schultern und lächelte schmerzlich. «Wie auch immer, es muss kurz vor Ziriak noch jemand im Haus gewesen sein. Wir tun alles, um die Drückerin ausfindig zu machen, vielleicht hat sie gesehen, wer nach ihr bei Irene war. Als Täterin kommt sie kaum infrage. Obwohl, nach der Beschreibung der Nachbarin, sie war zierlich. Aber ihre Kleidung war völlig in Ordnung, als die Nachbarin sie kurz nach elf vorbeigehen sah. Und wer immer auf Irene eingestochen hat, muss zumindest Blutspritzer …»
«Hör auf», flüsterte Merkel zuerst, dann schrie er: «Hör auf!»
Kurt hob beschwichtigend eine Hand. «Natürlich, Hein, entschuldige. Wir kümmern uns jetzt erst mal um Frau Bodewig.»
Merkel atmete zitternd durch und versuchte, sich damit abzufinden. Ob nun Ziriak oder die Schnapsdrossel Irene auf dem Gewissen hatte, wo war für ihn der Unterschied? «Was sagt denn die Frau aus dem dritten Haus?», fragte er. «Ich weiß nicht, wie sie heißt. Hat die überhaupt nichts gehört oder gesehen?»
«Nein», sagte Kurt. «Sie arbeitet an drei Tagen in der Woche, der Mittwoch gehört dazu. Da bringt sie morgens die Kinder zu ihrer Mutter und kommt erst am Abend zurück. Und in den letzten beiden Häusern war auch niemand.»
Danach war es ein paar Sekunden lang still. Kurt lehnte sich im Sessel zurück und betrachtete Merkel nachdenklich und zweifelnd, ehe er mit deutlicher Zurückhaltung erneut ansetzte: «Da ist noch etwas, Hein, es hat vermutlich nichts mit ihrem Tod zu tun. Wir müssen trotzdem einmal darüber reden. Dass es in ihrer Ehe nicht mehr hundertprozentig stimmte, darüber sind wir uns wohl einig. Und vielleicht lag es nicht allein daran, dass du sie regelmäßig besucht hast, sondern auch an den Überstunden, die Brandes machte. Zu Agnes hat sie vor einigen Wochen gesagt, wenn Friedel noch lebte, wäre alles viel einfacher, und es wäre wohl auch einiges ganz anders gekommen.»
Ja, dachte Merkel, das wäre es wohl, nicht nur einiges, alles wäre ganz anders gekommen. Sie wären sich nicht auf dem Friedhof begegnet. Sie hätte niemals mit ihrem Mann streiten müssen, nicht um Friedels Villa, nicht um Friedels Geld und nicht um einen Vater, der ihrem Mann ein Dorn im Auge war.
«Brandes schwört Stein und Bein, ihre Ehe wäre in Ordnung gewesen, mal abgesehen von den Streitigkeiten, weil sie sich seiner Meinung nach ausnutzen ließ», fuhr Kurt fort. «Aber sie schlief nicht von ungefähr in dem Zimmer. Er behauptet, das hätte sie nur getan, um nicht gestört zu werden, wenn er einen späten Termin hatte. Im Schlafzimmer war jedoch nur ein Bett bezogen. Und sie war eine gesunde, junge Frau.»
Minutenlang sprach Kurt weiter in genau der Art, die Merkel so hasste. Wie die Katze um den heißen Brei herum.
Es lief darauf hinaus, dass Irene eine Affäre gehabt, aber wohl nicht ernsthaft daran gedacht hatte, sich von ihrem Mann zu trennen. Da hätte sie kaum noch seine Hemden gewaschen, sich auch keine Gedanken darum gemacht, ob er etwas von ihrem Verhältnis ahnte.
«Weißt du etwas von einem Freund, Hein?», fragte Kurt.
«Er soll Anfang dreißig sein, etwa einsneunzig groß, blond, lockiges Haar, gute Figur. Angeblich ein Arbeitskollege, der sie oft

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