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Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Messias-Maschine: Roman (German Edition)

Titel: Messias-Maschine: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Beckett
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kleine Seitenstraße.
    »Da lang gibt es Experten für Dokumentenfälschung. Wenn du jemals einen Pass oder einen Personalausweis brauchst … Ich habe da schon einige deiner Landsleute hingebracht, die ein neues Leben anfangen wollten.«
    Ich fragte mich, warum ein Illyrier hier draußen ein neues Leben anfangen wollen würde. Von so etwas hatte ich noch nie gehört. Schließlich bestand die gesamte Bevölkerung Illyriens aus Flüchtlingen von hier draußen. Trotzdem machte es den Eindruck, als ob die Ausländer Dinge über mein Heimatland wussten, die mir unbekannt waren.
    Anscheinend bemerkte Manolis meine Verblüffung.
    »Ich bin in deinem Illyrien gewesen, mein Freund«, erklärte er. »Ich habe dort eine Weile gearbeitet. Ich weiß, wie es dort ist. Saubere Straßen, nette Häuser, niemand hungert, niemand muss Schmerzen leiden … Aber letztlich wird es euch in den Wahnsinn treiben. Niemand kann ewig so leben.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Tja, ich schätze, der Großteil der restlichen Welt ist zu demselben Schluss gelangt«, setzte ich an, doch dann brach ich ab und keuchte vor Entsetzen.
    Wir hatten einen staubigen Platz erreicht, in dessen Mitte eine Art Galgen stand. Daran hingen zahlreiche verstümmelte Leiber, abgetrennte Gliedmaßen, Köpfe …
    Manolis lachte.
    »Siehst du, nicht mal eure Dämonen halten es dort aus! Schau nur, wie viele von ihnen wir eingefangen haben!«
    Erst da dämmerte es mir, dass die Gliedmaßen und Köpfe nicht von Menschen stammten, sondern Roboterteile waren.

    Ich ließ ihn anhalten, weil ich aussteigen und mir die Sache ansehen wollte. Die Überreste von einem halben Dutzend Maschinen hingen dort. Die traurigen silbernen Köpfe zweier großer Sicherheitsdienstmaschinen waren auf Pfähle aufgespießt. Unter ihnen waren die rosa Leiber einiger kleinerer Plastecs angenagelt: die Sorte, die man in Geschäften als Bedienung, als Hausmeister oder als Kellner einsetzte. Einer davon, der überhaupt keine Gliedmaßen mehr hatte, hing kopfüber und drohte herabzufallen. Vielleicht hatte ihn eines der Kinder getroffen, die mit Steinen danach warfen und sich auch jetzt gerade mit Zielübungen die Zeit vertrieben. Der Kopf des Roboters mit dem sanften, rosafarbenen Gesicht baumelte an ein paar Drähten, die aus dem Rumpf hingen.
    Es war Shirley!
    Beziehungsweise war es zumindest das gleiche Modell wie die Roboterhauswärtin aus unserem Wohnblock.
    Manolis rollte sich eine weitere Zigarette und beobachtete belustigt meine Reaktion.
    »Wie sind sie hier gelandet?«, fragte ich ihn.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ihr Stadtleute solltet besser auf eure Dämonen achtgeben, mein Freund. Diese Geschöpfe kommen einfach zu Fuß über die Grenze. Ich weiß nicht, wonach sie suchen, aber wir zerstören sie natürlich.«
    »Warum?«
    Er schnaubte.
    »Weil sie blasphemisch sind und Gottes Schöpfung verhöhnen.«
    Epiros war ein griechisch-orthodoxer Staat. Doch der Grund, den er mir genannt hatte, war genau der gleiche, den der Protestantenmob in Chicago vor all den Jahren meiner Mutter angegeben hatte, als Joe, der geliebte Laborassistent meiner Mutter, demoliert worden war.

    Ölige Flammen loderten durch ein Fenster in den Himmel …
    Ein Prediger im weißen Anzug mit einem Megafon …
    Die Armen, die an den Rand Gedrängten, die Überflüssigen strömten zu Tausenden über den Campus und brodelten vor Kraft und Zorn …
    »Gott lässt sich nicht verspotten, Gott lässt sich nicht verspotten!«
    Ist schon gut, Ruth, ist schon gut …

Kapitel 13
    D ie Verhandlungen sollten um drei weitergehen, aber als Manolis mich um halb drei zum Sitz des Erzbischofs brachte, warteten die beiden sichtlich nervösen illyrischen Unterhändler bereits draußen. Zu meiner Überraschung stiegen sie hastig hinten ins Taxi ein.
    »Gott sei Dank, dass Sie endlich hier sind«, sagten sie. (»Gott sei Dank« sagten auch die Illyrier nach wie vor.) »Wir müssen sofort zum Flugplatz. Der Helikopter ist unterwegs.«
    Die beiden waren erfahrene ältere Männer (einer ein japanischer Illyrier, der andere französischer Abstammung), die bislang den Anschein erweckt hatten, ihrer langwierigen und mühseligen Aufgabe außerordentlich gelassen und kompetent nachzugehen. Doch jetzt waren beide voll fieberhafter Erregung.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    Der französische Illyrier Claude gestikulierte hektisch in Manolis’ Richtung.
    Ich versicherte ihm, dass unser Fahrer kein Wort unserer Sprache

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