Mettwurst ist kein Smoothie
aus mir einen Skifahrer zu machen. Ich erinnere mich, wie meine ganze Familie jeden Winter im Wohnzimmer vor der Eichenschrankwand in die Hocke ging und zu Rosi Mittermeiers Skigymnastik-Schallplatte den Doppelstockschub geübt hat. Das war eine schweißtreibende Angelegenheit. Vor allem deshalb, weil meine Mutter der Ansicht war, dass man Skigymnastik auch im Skianzug machen muss, damit der gleich an den richtigen Stellen gedehnt wird. Nach fünf Minuten Training beschlugen die Fensterscheiben unseres Wohnzimmers, und die Nachbarn wussten: «Ah, die Barths gehen bald in Skiurlaub.»
Skigymnastik fand ich super. Nur bei der Umsetzung in die Praxis haperte es: Irgendwann in meiner Kindheit müssen meine beiden Beine einen fürchterlichen Streit gehabt haben. Denn sobald man sie auf zwei Skier stellt, versuchen sie, so weit wie möglich auseinanderzukommen. Kinderfotos von mir auf Skiern sehen alle gleich aus: Das linke Bein strebt beleidigt nach Westen, das rechte nach Osten, darüber mein verzerrtes Gesicht, und man kann sich denken, was ich meinen Beinen in dem Moment zurufe: «Jetzt vertragt euch doch endlich wieder!»
Auch der Skikurs in der achten Klasse konnte daran nichts ändern. Wenn ich mich richtig erinnere, sind Schulskikurse sowieso nur bedingt dazu da, das Skifahren zu lernen. 90 Prozent des Tages verbrachten wir damit, zu diskutieren, wer am Vorabend mit wem im Partykeller Schiebeblues getanzt und anschließend im Heizungskeller geknutscht hatte. Die restlichen zehn Prozent gingen fürs Flaschendrehen drauf.
Als Erwachsener habe ich es dann mal mit Snowboarden versucht, weil ich mir dachte: Wenn meine beiden Beine auf einem einzigen Brett fixiert sind, kann ja eigentlich nichts schiefgehen. Und tatsächlich: Anfangs lief alles gut. Bis zum ersten Turn. Da konnten sich meine bockigen Beine wieder nicht einigen, wer sich wohin verlagern muss. Mein Oberkörper verlagerte sich dagegen relativ schnell nach vorne in den Schnee, und die Fahrt war beendet. Das ideale Snowboard-Gebiet für mich wäre wohl ein sehr hoher und vor allem sehr breiter Berg. Da würde ich morgens mit dem Skilift hinauffahren, mich oben auf mein Snowboard stellen, den ganzen Tag ohne einen einzigen Turn seitlich runterrutschen und mich unten zufrieden dem Après-Ski widmen.
Leider habe ich so einen Berg noch nicht gefunden. Ich wohne ja mittlerweile in Köln. Die höchste Erhebung hier ist der Herkulesberg mit 78 Metern über Normalnull. Allein die Tatsache, dass wir das hier «Berg» nennen, treibt vielen Süddeutschen Tränen der Rührung in die Augen.
Aber ich gebe die Hoffnung noch nicht auf: Falls irgendjemand eine Wintersportart kennt, die sich mit fixierten Beinen und ohne Drehung auf einem nicht mal 100 Meter hohen «Berg» ausüben lässt, soll er sich bitte bei mir melden. So lange lege ich noch mal Rosi Mittermeiers Skigymnastik- LP auf und übe zu «Zwei Bretteln im Schnee» das Wedelfinale. Im Skianzug, versteht sich.
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Die bittere Wahrheit über Chicorée
Was ist Chicorée eigentlich für ein arrogantes Gemüse? Im Ernst: Chicorée macht mich aggressiv. Dieses eingebildete
Zäpfchen
, wie es daliegt in seinem Extrakörbchen im Regal, damit es auch ja nicht mit den schmutzigen Kartoffeln in Berührung kommt. Alles an ihm scheint zu rufen: «Ich gehöre hier eigentlich gar nicht her! Ich bin eine Delikatesse!» Chicorée, diese bleiche Mätresse unter den Gemüsesorten. Wenn er Hände hätte, würde er sich wahrscheinlich noch mit einem Fächer Luft zuwedeln. Diese pharmazeutische Form, der bittere Geschmack, die ungesunde Blässe – gibt es irgendein Gemüse, das noch lauter schreit: «Iss mich nicht!»?
Den Gefallen tue ich ihm gerne: Ich esse keinen Chicorée. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass irgendjemand Chicorée isst. Karl Lagerfeld vielleicht, bei dem glaube ich das sofort. ’ne Cola Light, ein Tic Tac und dabei ein bisschen Chicorée knabbern, so stell ich mir die Lagerfeld-Diät vor. Aber normale Menschen? Die wundern sich höchstens über die blassgelben Blätter, die ab und zu beim gemischten Salat am Rand liegen, und spucken ihn angewidert aus, wenn sie aus Versehen hineinbeißen.
Seit neuestem wird Chicorée in meinem Biomarkt auch noch mit schwarzer Folie abgedeckt. Klar, das muss sein, weil der Chicorée ja so empfindlich ist und sonst noch bitterer wird. Dann bleib doch zu Hause, Chicorée! Oder schämst du dich vielleicht, weil du neben so
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