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Meuterei auf der Elsinore

Meuterei auf der Elsinore

Titel: Meuterei auf der Elsinore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Jeder seiner zwecklosen Versuche wurde von einem wilden Gejohle der Matrosen begrüßt. Warum lachten sie? Es war ein erhabenes Schauspiel, dieser verzweifelte Kampf des Hais, dem man Herz und Eingeweide herausgenommen hatte; es war schrecklich anzusehen, aber zum Lachen war es nicht! Denn was sollte lächerlich sein an einem Tier, das, bis zum äußersten gequält, hilflos an der Oberfläche des Meeres kämpft und in verzweifelter Ohnmacht sein leeres Inneres der glühenden Sonne darbietet?
    Ich wollte mich abwenden, als erneutes Gejohle meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein halbes Dutzend anderer Haie war auf der Bildfläche erschienen, kleinere Tiere, etwa drei Meter lang. Sie griffen ihren hilflosen Genossen an. Sie rissen ihn in Stücke, zerfleischten ihn, verschlangen ihn. Ich sah den letzten Bissen in ihren Rachen verschwinden. Jetzt war er fort, hatte sein Grab in den lebenden Körpern von Wesen seiner eigenen Art gefunden, wo der Verdauungsprozeß schon begonnen hatte. Und doch lag hier an Deck, im Schatten der Finkennetzreling, immer noch dieses furchtbare Herz und schlug und schlug.
    Ja, diese Reise ist zu Tod und Verderben bestimmt. Ich kenne Pike jetzt, und wenn er entdeckt, wer Mellaire eigentlich ist, dann gibt es Mord und Totschlag. Denn Mellaire ist gar nicht Mellaire. Er ist auch nicht aus Georgia – vielmehr stammt er aus Virginia, und sein richtiger Name ist Waltham… Sidney Waltham. Er gehört zum virginischen Zweig der Walthams, ist zwar ein schwarzes Schaf, bleibt aber immerhin ein Waltham. Ich bin fest überzeugt, daß Pike ihn töten würde, wenn er erführe, wer Mellaire ist.
    Ich werde erzählen, wie ich diese verblüffende Tatsache entdeckt habe. Es war gestern nacht. Kurz vor Mitternacht. Ich war wieder einmal auf die Kampanje gegangen, um die Frische des Südostpassats zu genießen, der uns jetzt vor sich herfegte – wir segelten dicht beim Winde, um Kap San Roque luvwärts zu umgehen. Pike hatte die Wache, ich ging mit ihm auf und ab, während er mir Erlebnisse aus seinem bewegten Leben erzählte. Das hatte er schon oft getan, und namentlich hatte er mit Stolz – oder richtiger mit Ehrfurcht von seinem Lehrmeister gesprochen, unter dem er fünf Jahre gefahren war. Es war der »alte Kapitän Sommers«, wie er ihn immer nannte, »der feinste, aufrechteste und edelste Mann, unter dem ich je gefahren bin, Herr Pathurst«.
    Nun – heute nacht kam die Rede auf traurige Ereignisse, und Pike verbreitete sich über die Schlechtigkeit der Welt und im besonderen über die Schlechtigkeit des Mannes, der Kapitän Sommers ermordet hatte.
    »Er war schon ein alter Mann, über Siebzig«, berichtete Pike. »Er hatte schon einmal einen kleinen Schlaganfall gehabt. Und dieser Teufel von Untersteuermann erwischte ihn einmal spät in der Nacht, als er im Bett lag, und prügelte den alten Mann zu Tode. Es war furchtbar! Sie erzählten mir damals davon! Es geschah im Hafen von San Francisco, an Bord der Jason Harrison… elf Jahre ist es her. Und wissen Sie, was man tat? Erstens ließ man den Mörder am Leben, obgleich er hätte gehängt werden müssen. Er spielte den Verrückten, weil ihm mal vor vielen Jahren irgendein verrückter Schiffskoch den Schädel eingeschlagen hatte. Als er sieben Jahre im Zuchthaus gesessen hatte, ließ der Gouverneur ihn laufen, weil er aus guter Familie war, aus einer einflußreichen, alten Virginiafamilie, den Walthams – Sie haben wohl auch von ihnen gehört –, und die wandten jedes Mittel an, um ihn loszukriegen. Sidney Waltham hieß er.«
    In diesem Augenblick gab ein Schlag auf die Schiffsglocke das Zeichen, daß die Wache in einer Viertelstunde abzulösen war. Den Steuermann hatte sein Bericht über den Tod seines Lehrmeisters so aufgeregt, daß er stehengeblieben war, und jetzt standen wir beide am Rand der Kampanje. Ein verhängnisvoller Zufall wollte, daß Mellaire schon eine Viertelstunde vor Beginn seiner Wache herauskam und die Kampanjetreppe heraufstieg. Während der Steuermann noch sprach, trat Mellaire zu uns.
    »Daß man ihm das Leben ließ«, sagte der Steuermann, »solange er wenigstens im Zuchthaus saß – schön. Als sie ihn aber begnadigten, da schwor ich, ihn zu kriegen. Und das tue ich auch! Ich glaube weder an Gott noch an den Teufel, und es ist und bleibt eine verflucht dreckige und gemeine Welt, aber ich glaube an Vorahnungen, ich werde ihn kriegen.«
    »Was werden Sie dann tun?« fragte ich.
    »Tun?« Pikes Stimme war vom Staunen erfüllt:

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