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Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Mich gibt s ubrigens auch fur immer

Titel: Mich gibt s ubrigens auch fur immer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seidel Jana
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»die mit dem tollen, erfolgreichen Freund« oder nun »die durchgeknallte Esoterikerin«. Sie würden mich doch hoffentlich immer als Mensch mit einer wahnwitzigen Mischung aus Eigenschaften und teilweise sogar widersprüchlichen Vorlieben sehen und ihre Sympathie oder das Gegenteil nicht an ein einziges Attribut hängen. Deprimiert denke ich an Hrithiks fragwürdiges Kompliment vom Vorabend.
    Als ich Elizabeths Blick auf mir ruhen sehe, erhebe ich meine Hände wieder, als würde ich einen Tennisball darin halten. Diesmal spüre ich aber rein gar nichts.
    Â»So kann ich mit dir nicht arbeiten«, sagt Elizabeth. »Du hast den Kopf nicht frei.«
    Â»Tut mir leid«, erwidere ich zerknirscht. »Soll ich ein wenig aufräumen?«
    Â»Trink erst mal in Ruhe deinen Tee aus. Bist du nachher noch bei Lilly? Dann grüß sie doch von mir.« Elizabeth benutzt nie das Wort Altersheim, wenn sie vom Aufenthaltsort unserer gemeinsamen Freundin spricht. Ich ahne warum. Zu Lillys quirligem Leben passt ein Heim genauso wenig wie zu meiner Mutter ein Friedhof.
    Â»Gerne«, sage ich und nippe an meinem Tee.
    Â»Hoffentlich hat sie das Haus noch nicht in die Luft gejagt.« Ihr Grinsen straft ihr schweres Seufzen Lügen.
    Kichernd stelle ich mir die Heimleiterin mit einem verrußten Gesicht auf den Trümmern ihrer Prachtanlage vor.
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    W ie ich später feststelle, hat Lilly im Heim noch keine Bombe hochgehen lassen, aber sie wirkt sehr bedrückt, als ich ihr in der Cafeteria den Kaffee hinstelle.
    Â»Danke«, murmelt sie geistesabwesend.
    Â»Schöne Grüße von Elizabeth. Sie macht sich Sorgen, du könntest hier mittlerweile echtes Chaos angerichtet haben.«
    Lilly lächelt nur müde.
    Â»Ist mit deiner Familie alles in Ordnung?« Nicht, dass ihr Vielfraßenkel Oskar noch auf Diät gesetzt wurde. Das würde ihn so umwerfen, dass er sich sicher nicht mehr mit einer Computerspielknarre begnügen würde.
    Â»Ja, natürlich ist mit denen alles in Ordnung.« Sie zuckt gleichgültig mit den Achseln.
    Â»Was ist es dann?«
    Sie schaut auf den Zettel in ihrer Hand. »Schwimmen mit Haien, das wäre mein nächster Punkt auf der Liste.«
    Â»Oh, aber müsstest du dafür nicht weit fliegen? Warum überspringst du den Punkt nicht einfach und nimmst erst mal einen anderen.«
    Lilly schaut mich verständnislos an. »Welchen denn? Unter freiem Himmel schlafen? Im Februar? Ich bin doch nicht verrückt!«
    Ich sehe ein, dass sie vor einem echten Problem steht.
    Â»Außerdem müsste ich gar nicht weit fliegen.« Schmollend verzieht sie das Gesicht. »An der Ostsee hat ein neues Riesenaquarium aufgemacht. Da bieten die an, mit den Haien zu schwimmen. Aber ich bekomme sicher nicht mal das ärztliche Attest, das man dort vorzeigen muss. Und selbst wenn, die Ostsee ist zwar nicht weit weg, aber allein kann ich nicht mal diese lächerlichen 150 Kilometer zurücklegen. Es hilft nichts, sich etwas vorzumachen. Ich werde alt.«
    Lillys Optimismus schwinden zu sehen, ist mehr als ich ertrage. Ich grübele und grübele. Eigentlich möchte ich sie ja nur ungerne aktiv bei ihren wahnsinnigen Vorhaben unterstützen. Aber ich will auch nicht schuld sein, dass
sie am Ende bereuen muss, irgendetwas nicht gemacht zu haben. »Hör zu, schau, ob du noch einen anderen Punkt auf der Liste erledigen kannst. Diese Woche ist Hrithiks Familie da, und wenn sie weg ist, bin ich erst mal in Indien, aber danach leihe ich mir Hrithiks Auto, und wir fahren an die Ostsee. Und nachher schreibe ich einer Freundin, deren Vater Arzt ist, wegen des Attests. Einverstanden?«
    Diese Freundin, Louisa, lebt mittlerweile in Irland – genau wie ihr Vater. Aber der ist immerhin tatsächlich Arzt und für jeden Spaß zu haben.
    Ihre Miene hellt sich für eine Sekunde auf. Aber wirklich nur für eine Sekunde. Heute will sie ihre gedrückte Stimmung nicht aufgeben. »Das ist ja noch mindestens vier Wochen hin. Wer weiß, ob ich das noch erlebe.«
    Â»Wer weiß, ob ich das noch erlebe. Dieser Geburtstag wird mein letzter. Ob wir uns jemals wiedersehen?«, äfft da plötzlich Lothar den jammernden Tonfall nach, den Großmütter manchmal so gerne gegenüber ihren Familien anschlagen. Ich habe ihn gar nicht kommen hören. Vernichtend schaue ich ihn an. Aber aus irgendeinem Grund fangen Lillys Augen an zu

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