Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
wäre okay für dich gewesen, oder? Wenn es irgend so eine Männer-Frauen-Kiste gewesen wäre, hättest du es verstehen können.«
Sie erwiderte meinen Blick.
»Jetzt komm mir bloß nicht auch noch auf die Tour.«
»Sorry.«
Wir saßen schweigend da und beobachteten das Treiben an der Bar. Leute, die tranken, glücklich waren. Zumindest nach außen hin. Die Kellner in ihren Smokings, die sich zwischen den dicht besetzten Tischen hindurchzwängten.
Als unser Essen kam, war ich nicht mehr besonders hungrig, obwohl auf meinem Teller das beste Steak lag, das man in ganz L.A. bekommen konnte.
»Kann ich dich noch ein Letztes fragen?«, sagte Maggie.
Ich zuckte mit den Achseln. Ich sah keinen Sinn darin, weiter darüber zu sprechen, aber ich fügte mich.
»Dann frag.«
»Woher willst du wissen, dass Cisco und seine Kumpel diese zwei Männer wirklich haben laufenlassen?«
Ich schnitt in mein Steak, und Blut troff auf den Teller. Es war halb durch. Ich sah Maggie an.
»Mit absoluter Gewissheit kann ich das wahrscheinlich nicht sagen.«
Ich wandte mich wieder meinem Steak zu und sah aus dem Augenwinkel, wie Maggie dem Hilfskellner winkte.
»Ich würde das gern nach Hause mitnehmen und versuche, draußen ein Taxi zu bekommen. Könnten Sie es mir bitte nach draußen bringen?«
»Selbstverständlich. Sofort.«
Er eilte mit dem Teller davon.
»Maggie«, sagte ich.
»Ich brauche einfach etwas Zeit, um über das Ganze nachzudenken.«
Sie rutschte aus der Nische.
»Ich kann dich nach Hause fahren.«
»Nein danke. Nicht nötig.«
Sie stand neben dem Tisch und öffnete ihre Handtasche.
»Nein, nein, schon gut. Das übernehme ich.«
»Wirklich?«
»Wenn vor dem Eingang kein Taxi wartet, gehst du am besten zum Palm runter. Dort findest du eher eins.«
»Okay, danke.«
Dann ging sie, um draußen auf ihr Essen zu warten. Ich schob meinen Teller ein Stück von mir und betrachtete das halbvolle Glas Wein, das sie stehen gelassen hatte.
Fünf Minuten später dachte ich immer noch darüber nach, als plötzlich Maggie mit der Tüte mit dem Essen wieder auftauchte.
»Sie haben mir ein Taxi gerufen«, sagte sie. »Es müsste jeden Moment hier sein.«
Sie griff nach ihrem Glas und nahm einen Schluck daraus.
»Lass uns nach deinem Prozess reden«, sagte sie.
»Okay.«
Sie stellte das Glas ab, beugte sich vor und küsste mich auf die Wange. Dann ging sie. Ich saß noch eine Weile da und dachte nach. Mir wurde klar, dass mir dieser letzte Kuss vielleicht das Leben gerettet hatte.
32
D iesmal setzte sich Richter Perry im Richterzimmer. Es war Mittwochmorgen, 9:05 Uhr, und ich war zusammen mit Andrea Freeman und der Protokollführerin dort. Vor Fortführung der Verhandlung war der Richter Freemans Bitte nach einer weiteren Besprechung unter Ausschluss der Öffentlichkeit nachgekommen. Perry wartete, bis wir Platz genommen hatten, dann vergewisserte er sich, dass die Finger der Protokollführerin über den Tasten ihrer Stenografiermaschine schwebten.
»Okay, wir sind hier in der Sache Kalifornien gegen Trammel«, begann er. »Ms. Freeman, Sie haben um eine In-camera-Verhandlung gebeten. Ich hoffe nur, Sie werden mir nicht erzählen, Sie brauchen mehr Zeit, um der Sache mit dem Federal Target Letter nachzugehen.«
Freeman rutschte an die Vorderkante ihres Stuhls.
»Keineswegs, Euer Ehren. Da gibt es nichts, dem nachzugehen sich lohnen würde. Dieses Thema ist hinreichend erschöpft, aber ungeachtet der Tatsache, dass ich inzwischen über die Rolle der beteiligten Bundesbehörden informiert bin, sind meine Bedenken keineswegs ausgeräumt. Aus dem, was ich inzwischen weiß, geht meiner Ansicht nach hervor, dass Mr. Haller versuchen möchte, diesem Prozess mit Themen, die eindeutig für die den Geschworenen vorgebrachte Angelegenheit irrelevant sind, eine andere Richtung zu geben.«
Ich räusperte mich, aber der Richter schritt bereits ein.
»Das Thema drittparteiliche Schuld haben wir bereits in der Vorverhandlung geklärt, Ms. Freeman. Ich gebe der Verteidigung den Spielraum, um dieser Frage bis zu einem gewissen Punkt nachzugehen. Deshalb müssen Sie hier schon irgendetwas Konkretes vorbringen. Bloß weil Sie nicht möchten, dass Mr. Haller dieser Sache mit dem Target Letter nachgeht, ist sie nicht automatisch irrelevant.«
»Das ist mir durchaus klar, aber was …«
»Entschuldigung, dürfte ich dazu vielleicht etwas sagen«, meldete ich mich zu Wort. »Ich würde mich gern zu der Unterstellung äußern,
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