Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge
Ausführlichkeit, was er in der WestLand-National-Zentrale in Erfahrung hatte bringen können. Als Mitchell Bondurant am Morgen aus seinem Auto gestiegen war, um in sein Büro zu gehen, überraschte ihn der Täter und versetzte ihm mit einem Gegenstand mindestens zwei Schläge auf den Kopf. Aller Wahrscheinlichkeit nach war der Angriff von hinten erfolgt. Der Umstand, dass Bondurants Hände und Arme keinerlei Verletzungen aufwiesen, die darauf hindeuteten, dass er sich zur Wehr gesetzt hatte, ließ darauf schließen, dass er fast sofort außer Gefecht gesetzt worden war. Neben dem linken Hinterrad seines Autos wurde auf dem Boden des Parkhauses außer seinem offenen Aktenkoffer auch ein verschütteter Becher Kaffee von Joe’s Joe gefunden.
»Und was ist mit den Schüssen, die jemand gehört haben will?«, fragte ich.
Cisco zuckte mit den Achseln.
»Ich glaube, die führen sie auf die Fehlzündungen eines Autos zurück.«
»Zwei Fehlzündungen?«
»Oder eine und das Echo. Jedenfalls war keine Schusswaffe im Spiel.«
Er fuhr mit seinen Ausführungen fort. Der Obduktionsbefund lag noch nicht vor, aber Cisco tippte auf Gewaltanwendung mit einem stumpfen Gegenstand als Todesursache. Vorläufig wurde als Todeszeitpunkt der Zeitraum zwischen 8:30 und 8:50 Uhr angegeben. In Bondurants Hosentasche befand sich ein Zahlungsbeleg von einem Joe’s Joe, der vier Straßen weiter lag. Darauf war 8:21 als Zahlungszeitpunkt angegeben, und den Berechnungen der Ermittler zufolge war es von dem Coffee Shop schnellstens in neun Minuten zu Bondurants Stellplatz im Parkhaus der Bank zu schaffen. Der Anruf der Bankangestellten, die seine Leiche entdeckt hatte, war um 8:52 Uhr bei der Polizei eingegangen.
Der geschätzte Todeszeitpunkt hatte demnach einen Toleranzspielraum von etwa zwanzig Minuten. Das war nicht viel Zeit, aber wenn man für ein Alibi die Aktivitäten eines Mandanten nachweisen musste, war es eine Ewigkeit.
Die Polizei vernahm alle, die auf derselben Etage parkten oder in Bondurants Abteilung arbeiteten. Bei diesen Vernehmungen kam Lisa Trammels Name früh und häufig zur Sprache. Sie wurde als jemand bezeichnet, von dem sich Bondurant nachweislich bedroht gefühlt hatte. Seine Abteilung führte eine sogenannte Bedrohungsliste, und darauf stand sie an erster Stelle. Wie wir alle wussten, war ihr per einstweiliger Verfügung untersagt worden, sich der Bank auf mehr als hundert Meter zu nähern.
Einen Volltreffer landete die Polizei, als eine Bankangestellte berichtete, sie habe Lisa Trammel wenige Minuten nach dem Mord auf dem Gehsteig des Ventura Boulevard gesehen, wo sie sich zu Fuß von der Bank entfernte.
»Wer ist diese Zeugin?« Ich schoss mich sofort auf den nachteiligsten Aspekt von Ciscos Bericht ein.
»Eine gewisse Margo Schafer. Sie ist Kassiererin. Meinen Quellen zufolge kam sie nie mit Trammel in Berührung. Sie arbeitet am Schalter und hat nichts mit der Kreditabteilung zu tun. Allerdings wurden an die gesamte Belegschaft Fotos von Trammel verteilt, nachdem die einstweilige Verfügung gegen sie erlassen worden war. Alle Mitarbeiter der Bank wurden aufgefordert, die Augen offen zu halten und es sofort zu melden, wenn Trammel irgendwo auftauchte. Deshalb erkannte Schafer sie.«
»Und sie hat sie auf dem Gelände der Bank gesehen?«
»Nein, etwa einen halben Block davon entfernt, auf dem Gehsteig. Angeblich ging sie auf dem Ventura Boulevard in östlicher Richtung, weg von der Bank.«
»Wissen wir irgendetwas über diese Margo Schafer?«
»Im Moment noch nicht, aber daran arbeite ich bereits.«
Ich nickte. Normalerweise brauchte ich Cisco nicht zu sagen, was er tun sollte. Er kam zum zweiten Teil seines Berichts, zur Durchsuchung von Lisa Trammels Haus. Diesmal zog er einen Notizzettel zu Rate, den er aus einem Aktenordner nahm.
»Lisa Trammel – behauptet die Polizei – erklärte sich freiwillig bereit, die Ermittler etwa zwei Stunden nach dem Mord in die Van Nuys Division zu begleiten. Die Cops geben an, sie erst nach ihrer Vernehmung auf der Wache verhaftet zu haben. Unter Berufung auf die Angaben Margo Schafers sowie auf Aussagen, die Trammel bei der Vernehmung gemacht hat, beschafften sich die Detectives daraufhin einen Durchsuchungsbeschluss für Trammels Haus und suchten dort sechs Stunden lang nach Beweisen wie zum Beispiel der Mordwaffe oder digitalen und handschriftlichen Aufzeichnungen eines Plans, Bondurant zu ermorden.«
In Durchsuchungsbeschlüssen wird ein fest umrissenes
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