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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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den Tiefen meiner
    Eingeweide etwas, das sich anfühlte wie ein undokumentiertes Implantat, ein Ding aus Zangen und Greifern, das in diesem Augenblick anfing, sinnlos aktiv zu werden. »Einen Unfall?
    Was heißt das?«
    »Ich hab's nicht selber gesehen. Eine Nachbarin hat es mir erzählt, aber sie ist eine vertrauenswürdige Quelle.«
    »Was ist passiert?«
    »Ein Lastwagen. Gestern Vormittag. Was merkwürdig ist,
    weil, Lastwagen fahren hier so gut wie nie herum. Und wenn, dann nicht schnell, wegen der vielen parkenden Autos. Meine Nachbarin hat gesagt, theoretisch hätte Gabriel noch beiseite springen können, der Wagen hat ihn bloß deshalb voll
    erwischt, weil er wie vor Schreck erstarrt dagestanden ist. Aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Es muss übel gewesen sein. Man sieht noch Blutflecken auf der Straße, wo es passiert ist.
    Obwohl der Krankenwagen unglaublich schnell da war – als hätte er ums Eck gewartet, hat meine Nachbarin gesagt –, schätze ich mal, so was ist nicht zu überleben.«
    Nach diesem Telefonat saß ich da wie gelähmt und spürte, wie mir der Schweiß ausbrach.
    Vor Schreck erstarrt? Gabriel, ein Cyborg? Seine Systeme hätten ihn innerhalb von Sekundenbruchteilen vierzig Yard weit in Sicherheit katapultieren müssen.
    276
    Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand und
    musste ein Gefühl bodenlosen Entsetzens niederkämpfen, das sich anfühlte, wie Treibsand sich anfühlen muss. Gabriel tot?
    Von einem Lastwagen überfahren?
    Der Vorfall auf dem Rückweg vom Cafe Liteartha fiel mir
    wieder ein, und mir wurde einen Moment schwarz vor Augen.
    War das doch ein Anschlag gewesen? Konnte das wirklich nur eine Duplizität der Ereignisse sein?
    Ich holte die Liste mit den Telefonnummern der anderen.
    Juan Gomez ging nicht an den Apparat.
    Forrest DuBois auch nicht.
    Unter Jack Monroes Nummer klagte eine brüchige
    Frauenstimme: »Ich bin nur die Vermieterin. Ich bin
    zweiundachtzig Jahre alt und muss jetzt irgendwie mit all den Sachen von Mister Monroe fertig werden. Also, wenn Sie ein Freund von ihm waren, dann kommen Sie doch bitte vorbei
    und schauen Sie, was Sie noch brauchen können...«
    Was mit Mister Monroe sei, gelang es mir zu fragen.
    »Thrombose nennt man das, glaube ich, oder? Ein
    Blutgerinnsel jedenfalls. Ich verstehe das nicht. Am
    Freitagabend hat er mir noch die Einkäufe hochgetragen. Ein so junger Mann.«
    Es piepste, während sie das sagte, und dann wurde die
    Verbindung gekappt. Ich saß da, starrte die Anzeige 0.00 EUR
    im Display an und ahnte, dass ich der letzte lebende Cyborg war.
    277
    Vorerst sieh zu, ob wirklich untrügliche Anzeichen auf ein kommendes Unglück hindeuten. Zumeist nämlich schlagen wir uns mit Vermutungen herum, und es narrt uns, was die Kriege zu beenden pflegt, das Gerücht.
    Seneca, EPISTOLAE MORALES

18
    Ich brauchte eine Weile, um mich aus meiner Betäubung zu lösen. Ich legte das nutzlos gewordene Mobiltelefon beiseite, ballte die Fäuste, spürte den Kontraktionen der Muskeln nach, holte tief Luft. Das fühlte sich gut an. Noch war ich am Leben.
    Noch hatte ich ein paar Möglichkeiten.
    Ich tat das Telefon zurück in sein Versteck, obwohl ich auf absehbare Zeit keine Verwendung mehr dafür haben würde.
    Aber es war nicht nötig, eventuelle weitere Eindringlinge auf Gedanken zu bringen.
    Dann stand ich auf, reckte mich, bewegte die Schulterblätter, spannte die Muskeln der Beine, bis sich mein Körper gut
    anfühlte und ich erfüllt war von einem Gefühl der
    Unbesiegbarkeit. Ich wusste, dass das nicht der Wirklichkeit entsprach, alles andere als das, aber im Augenblick brauchte ich es, mich so zu fühlen.
    Mir fiel wieder ein, was Finnan gesagt hatte. Denen um Ihr Haus müssen Sie irgendwie entwischen.
    Es konnte nichts schaden, das schon einmal auszuprobieren.
    Ich ging vor meiner Hintertür in die Hocke und begann, die untere der beiden Gardinenstangen abzuschrauben, an denen ein verstaubtes, grässlich altmodisches Stück Vorhangstoff befestigt ist, das die Innenseite der Tür überspannt: ein innenarchitektonisches Detail, das geradewegs aus den Zeiten des Zweiten Weltkriegs erhalten geblieben zu sein scheint.
    278
    Worauf ich ein wenig stolz bin, denn tatsächlich habe ich selbst diesen Vorhang angebracht und tatsächlich erst im Jahre 1995, wenn auch unter Verwendung eines Stoffrestes, den ich nebst einigen anderen schauerlichen Dingen in einem Karton auf dem Schlafzimmerschrank entdeckt hatte.
    Aufgabe dieses Vorhangs ist,

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