Midnight Breed 03 - Geschöpf der Finsternis-neu-ok-13.11.11
Empfang zu Ehren deiner bezaubernden Begleiterin gegeben. Vielleicht ist
dir ja entgangen, dass Quentin Chase einer der wichtigsten Männer der Agentur
war, und das nicht nur bei euch in den Staaten.“ Galant beugte Reichen den Kopf
in Elises Richtung. „Es ist uns eine große Ehre, die Witwe des verstorbenen
Herrn Direktors Chase bei uns zu empfangen, und es wird uns eine Freude sein,
sie bei uns zu haben, solange sie das wünscht.“
Tegan machte ein finsteres
Gesicht und warf Elise in der schwachen Innenbeleuchtung der Limousine einen
verstohlenen Blick zu. Sie schien von dieser Ankündigung nicht sonderlich
überrascht, eher resigniert, so als wäre sie an diese Art von Aufmerksamkeiten
gewöhnt, wie Reichen sie beschrieben hatte.
Dieser ganze hochgestochene
Societykram war nichts Besonderes für sie.
Scheiße.
Als sie gesagt hatte, sie könnte
mit einem einzigen Anruf die gesamte Agentur auf den Orden hetzen, hatte sie
nicht übertrieben. Dass ihr Gefährte ein Mann mit guten Verbindungen gewesen
war, wusste Tegan, aber er hatte keine Ahnung davon gehabt, wie hoch sich Elise
auf der Rangliste der Dunklen Häfen befand.
„Ihre Gastfreundschaft ehrt
mich, Herr Reichen … Andreas“, verbesserte sie sich ernsthaft. „Ich danke Ihnen
für diesen freundlichen Empfang.“
Jetzt starrte Tegan sie offen
an, verblüfft darüber, wie einfach sie neben Reichen in die Rolle der
Diplomatin verfiel. So entnervend kultiviert war sie mit ihm nicht gewesen,
letzte Nacht im Hauptquartier. Nein, mit ihm war sie mutwillig und fordernd
gewesen, hatte keine Skrupel gehabt, ihn zu benutzen, um zu bekommen, was sie
wollte.
Und warum zur Hölle auch nicht?
Er wusste, wie in den Dunklen
Häfen über den Orden gedacht wurde. Mit der Ausnahme einiger Männer der
aktuellen Generation, die davon beeindruckt waren, wie der Orden im letzten
Sommer das wichtigste Roguenest im Großraum Boston zerstört hatte, betrachtete
der Grossteil der Vampirbevölkerung den Orden als eine Meute wild gewordener
Pitbulls. Die Angehörigen der Agentur, die politisch auf Linie waren und die
Position vertraten, dass die tödlichen Rogues eingefangen und einer Behandlung
unterzogen werden mussten, was den Methoden des Ordens - umnieten, abhaken -
diametral entgegengesetzt war, äußerten ihre Verachtung am lautesten.
Da sollte es ihn nicht wundern,
wenn Elise als frühere Stammesgefährtin eines ihrer hochrangigsten Funktionäre
Tegan lediglich als Mittel zum Zweck betrachtete.
Dass er sie von sich hatte
trinken lassen, brannte in Tegan wie ein böser Strahl der Mittagssonne auf
seiner Haut. Die Tatsache, dass er diese Frau auch nur das kleinste bisschen
begehrte, ließ ihn wünschen, einfach nur aus dem fahrenden Wagen zu springen
und loszurennen, bis die Sonne aufging. Ja, immerhin konnte er sie nun als das
sehen, was sie war. Bevor er auf den Gedanken kam, sich mit dieser Frau noch
mehr Dummheiten zu leisten.
16
Elise strich mit der Hand über
die Lagen glänzender indigoblauer Seide, die sie umhüllten. Das ärmellose
Abendkleid war atemberaubend, eines von über einem Dutzend Designerstücken, die
Andreas Reichen früher am Tag für sie aus der Innenstadt hatte bringen lassen,
damit sie daraus ihre Wahl treffen konnte. Sie hatte sich für das schlichteste
Stück in der gedecktesten Farbe entschieden und wünschte sich eigentlich nichts
mehr, als diesen Abendempfang einfach schwänzen zu können.
Den ganzen Tag schon hatte man
sie behandelt wie eine Königin, und selbst nach ein paar erholsamen Stunden
Schlaf war sie einfach nicht in der inneren Verfassung für den stundenlangen kultivierten
Small Talk, der ihr im großen Ballsaal des Anwesens bevorstand. Aber nach
jahrelanger Übung an Quentins Seite wusste sie, was von einem Mitglied der
Familie Chase erwartet wurde: Die Pflicht ging über alles. Das war Quentins
persönlicher Wahlspruch gewesen, und auch Elise war er mit der Zeit in Fleisch
und Blut übergegangen. Also hatte sie nach einer schnellen Dusche in ihrer
Besuchersuite das eng anliegende dunkelblaue Abendkleid und ein Paar
juwelenbesetzter Sandalen angezogen, ihr kurzes Haar in eine halbwegs
annehmbare Form gebracht und war aus dem Raum geeilt, bereit, ihre Rolle zu
spielen.
Zumindest hatte sie das
vorgehabt.
Sobald sie die geschwungene
Freitreppe des weitläufigen Wohnflügels herunterkam, brachte das Geräusch von
Stimmen und eleganter Musik sie zum Stehen.
Das würde der erste öffentliche
Empfang sein, den sie seit
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