Midnight Breed 03 - Geschöpf der Finsternis-neu-ok-13.11.11
dafür verantwortlich machen konnte.
Sie hatte nie ihm gehört, so
sehr er sich auch gewünscht hatte, dass die Dinge zwischen ihnen anders liegen
würden. Sie hatte seinem Bruder gehört. In ihrem Herzen tat sie das vermutlich
immer noch, auch wenn sie inzwischen ihre weiße Witwenkleidung gegen normale
Straßenbekleidung eingetauscht hatte.
Und nun gehörte ein Teil von ihr
unwiderruflich Tegan.
Das war die Erkenntnis, die ihn
am meisten verletzte. Tegan, dem tödlichsten Mitglied des Ordens, dem Kältesten
von allen.
Demjenigen, der am wenigsten
Respekt vor dem Leben hatte - seinem eigenen wie auch dem aller anderen.
Trotzdem hatte sich Elise in
ihrer Not ausgerechnet an ihn gewandt.
Hatte Tegan sie bei dem Akt
genommen? Chase weigerte sich, diesen Gedanken auch nur in Betracht zu ziehen.
Obwohl es praktisch ausgeschlossen war, dass ein Stammesvampir einer Frau seine
Vene gab und nicht von dem sexuellen Impuls überkommen wurde, sich im Gegenzug
ihres Körpers zu bedienen.
Tegan war niemand, der mit
seinen Eroberungen prahlte - in all den Monaten, seit Chase beim Orden lebte,
hatte der Krieger kein einziges Mal irgendwelche Frauengeschichten erwähnt.
Aber die zahllosen Nächte, die
er außerhalb des Hauptquartiers verbrachte, ohne dass jemand wusste, wo er sich
aufhielt, ließen wenig Zweifel daran zu, dass der Krieger in dieser Hinsicht
auf seine Kosten kam. Eine so behütet aufgewachsene Frau wie Elise konnte für
einen Eisklotz wie Tegan doch nicht mehr bedeuten als eine flüchtige Affäre.
„Verdammt noch mal“, murmelte
Chase und knallte die Faust gegen die Wand. Es war eine sinnlose Tat, die ihm
nur noch mehr Schmerz einbrachte. Aber der war ihm jetzt willkommen. Er wollte
bluten. Wenn er dabei ein paar Rogues abknallen konnte, umso besser.
Er stapfte den Gang hinauf und
traf auf Dante, der mit Niko, Brock und Kade vor dem Techniklabor herumhing,
allesamt bis an die Zähne bewaffnet wie er selbst, bereit für ihren nächtlichen
Einsatz an der Oberfläche.
Als er sich näherte, nickte ihm
Dante grüßend zu, seine whiskyfarbenen Augen verengten sich nachdenklich. „Sie
sind weg“, sagte er, als sollte Chase erleichtert sein, das zu hören.
„Bist du okay, Harvard?“
„Sehe ich aus, als bräuchte ich
Streicheleinheiten, verdammt noch mal?“, blaffte er. „Mir wird’s jedenfalls
noch viel besser gehen, wenn meine Füße endlich wieder auf der Straße sind und
mir Rogueblut von den Händen tropft. Hat hier einer Lust, heute Nacht ein paar
Blutsauger einzuäschern, oder wollt ihr lieber weiter hier unten rumstehen?“
Er wartete keine Antwort ab und
ging mit dunkler, tödlicher Zielstrebigkeit auf den Fahrstuhl des
Hauptquartiers zu, nach und nach gefolgt von den anderen Kriegern.
15
Elise döste den Großteil der
neun Stunden, die der Flug nach Berlin dauerte. Tegan blieb jedoch wach. Den
modernen Transportmitteln hatte er noch nie viel abgewinnen können, und während
er die Vorteile des Düsenzeitalters durchaus anerkannte, stand diese Art der
Fortbewegung - eingesperrt in mehreren Tonnen Stahl mit über siebenhundert
Stundenkilometern in einer Höhe von ungefähr zehntausend Metern durch die Luft
zu rasen - eindeutig an letzter Stelle seiner Lieblingsbeschäftigungen.
Mit Erleichterung stellte er
fest, dass der Privatjet über dem Flughafen Berlin Tegel zum Landeanflug
ansetzte. Wenige Minuten später setzte das Fahrwerk des schlanken Flugzeuges
auf der Landebahn auf.
„Wir sind da“, sagte er zu
Elise, als der weiche Ruck der Landung sie weckte.
Sie streckte sich sittsam und
gähnte hinter vorgehaltener Hand. „Hab ich die ganze Zeit geschlafen?“
Tegan zuckte die Achseln. „Du
hattest die Ruhe nötig. Dein Organismus stellt sich immer noch auf das Blut
ein, das du zu dir genommen hast.“
Sie errötete, ein paar
Schattierungen dunkler als das Rosa, das ihr seit ihrem Blutmahl der letzten
Nacht in die Wangen gestiegen war. Sie wandte den Kopf ab, als wolle sie ihre
Reaktion vor ihm verbergen, schob die kleine ovale Fensterabdeckung in die Höhe
und betrachtete das Stadtbild, wie es kurz vor Sonnenaufgang vor ihnen lag.
„Wie schön“, sagte sie, ihre
Stimme angenehm rau vom Schlaf. „Ich war noch nie in Berlin. Du?“
„Einmal. Es ist lange her.“
Sie warf ihm über die
minimalistische Eleganz der Inneneinrichtung ein schnelles, anerkennendes
Lächeln zu, dann sah sie wieder hinaus. Sie hatten nicht darüber geredet, was
zwischen ihnen vorgefallen war, und
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