Midnight Man (02) – Gefährliche Mission
Herzklopfen war sie eigentlich gewöhnt. Sie absolvierte anstrengende Workouts im Fitnessstudio und sah gern Horrorfilme. Die Nacht der lebenden Toten hatte sie schon vierundzwanzigmal gesehen und bekam immer noch Herzrasen.
Aber das hier war anders.
Kaum hatte sie John gesehen, geriet ihr ganzer Organismus in Aufruhr. Ihr Puls trommelte einen heißen karibischen Rhythmus und sie empfand eine urzeitliche, primitive Erregung. Sie hätte sie sogar genießen können, wenn es ihr nicht solche Angst gemacht hätte.
Dann entdeckte sie ihre Kleidung, die zerrissen am Türknauf hing, und ihr Gesicht loderte vor Hitze. Obenauf lag ihr hübscher rosafarbener La-Perla-BH. Sie schnappte sich die Sachen, warf sie ins Büro und schloss hastig die Tür. Mit ihrer kühlen Entschlossenheit war es absolut vorbei.
Auch diesmal kam John unbemerkt herein, stand plötzlich vor ihr und musterte sie mit dunklen Augen, die funkelten wie blanker Stahl.
Er war genauso groß, genauso breit wie in ihrer Erinnerung. Seine Wirkung auf sie war noch schlimmer als bei ihrer ersten Begegnung, denn jetzt wusste sie, wie er küsste, wie rau seine Hände waren, wie es sich anfühlte, wenn sein …
Nein! Nicht daran denken, sonst klappst du zusammen.
»Guten Morgen.« Sie schlug einen geschäftlichen Ton an – Vermieterin spricht mit ihrem Mieter – und gab sich distanziert. »Sie haben früh angefangen.«
»Ja. Ich verschwende nicht gern Zeit.« Er wandte den Blick keine Sekunde ab. Sie war es, die wegsehen musste.
Die vier Männer hatten die Kartons im vorderen Raum abgestellt, waren wieder nach draußen gegangen und kamen soeben mit weiteren Kartons herein. Alles völlig geräuschlos.
»Männer.« John sagte es leise und mit dem Rücken zu ihnen, wurde aber augenblicklich gehört. Die vier blieben stehen, stellten die Kartons ab und nahmen Haltung an. »Ich möchte euch mit unserer neuen Vermieterin bekannt machen, Suzanne Barron.«
»Ma’am«, sagten vier Bässe unisono.
John schloss die Finger um Suzannes Oberarm, drehte sich herum und schob sie zur Tür. Nicht sonderlich sanft.
»Suzanne, das sind meine Leute. Du wirst sie von nun an häufig zu sehen bekommen. Pete, Steve, Les und Jacko.« Sie traten nacheinander vor, nahmen ihre Hand und drückten sie sehr behutsam für jeweils zwei Sekunden. Währenddessen ließ John ihren Arm nicht los.
Wie dumm zu denken, dass John wie ein Biker aussah. Diese Männer sahen aus wie Biker – zerrissene Jeans, Ohrringe, Pullover mit abgeschnittenen Ärmeln. Dieser Jacko war geradezu furchterregend. Er war noch größer als John und hatte die Schultern eines Gewichthebers, einen Bizeps wie ein Fußball, gepiercte Nasenflügel und ein Schlangentattoo vom Unterarm bis zur Schulter. Sein Kopf war kahl geschoren, vielleicht als Ausgleich für Les, dem der geflochtene Zopf bis zur Taille reichte. Aber er sagte sehr höflich »Ma’am«, genau wie die anderen, und drückte ihr schüchtern lächelnd die Hand.
»Ins Büro«, befahl John, ohne Suzanne loszulassen oder den Blick von ihr abzuwenden. »Tür schließen.«
Widerspruchslos hoben sie ihre Kartons auf und verschwanden lautlos hinter Johns Bürotür. Das Schnappen des Schlosses hallte laut durch den Flur.
Sofort wandte er sich ihr zu und stellte sich dicht vor sie. Als wären sie ein Paar. Alarmiert wich sie zurück.
Das sollte der Hinweis für ihn sein, Abstand zu halten, doch er ignorierte ihn. Sie wich zurück, und er kam ihr nach, bis sie mit dem Rücken an die Wand stieß. Für eine Sekunde schloss sie die Augen. Das Gefühl der Wand im Rücken erinnerte sie augenblicklich daran, was er mit ihr getan hatte. Und wie sehr es ihr gefallen hatte und wie sehr sie hoffte, es möge nie wieder vorkommen.
Einmal war genug.
Die Augen zu schließen war keine Lösung, denn umso deutlicher nahm sie seinen Geruch wahr. Regen und Leder und Mann. Der Geruch hatte sich ihr unauslöschlich eingeprägt. Sie hatte ein wahres Elefantengedächtnis. Der Geruch würde bis ans Ende ihrer Tage mit ungestümem Sex verbunden bleiben, der für die Gemütsruhe einer Frau verheerend war. Sein Geruch hüllte sie ein, und ihr Körper erschauerte.
»Sieh mich an. Sprich mit mir. Geht es dir gut?« Seine Stimme war rau. Er schüttelte sie ein bisschen, als wäre sie eingenickt. »Habe ich dir gestern Abend wehgetan?«
Sie machte die Augen auf. Sie bräuchte nur tief Luft zu holen, und ihre Brüste würden ihn berühren. Sie legte eine Hand an seine regennasse Lederjacke,
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