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Milano Criminale: Roman (German Edition)

Milano Criminale: Roman (German Edition)

Titel: Milano Criminale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Roversi
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er ihr. »Los, lauf schon. Und lass dich nicht mehr erwischen!«
    Sie ist erstaunt, kann es kaum glauben.
    »Du bist gar nicht so übel.«
    »Hau ab, hab ich gesagt, bevor ich es mir anders überlege.«
    Sie beugt sich vor und gibt ihm einen Kuss. Einen leichten Kuss, einen Hauch von Berührung.
    »Ich bin verheiratet«, stottert er. Als gäbe es sonst nichts Sinnvolles zu sagen.
    »Macht nichts«, lächelt sie. »Oder weißt du etwa nicht, dass wir Kommunisten nicht nur kleine Kinder fressen, sondern auch die freie Liebe propagieren?«
    »Ja, Contessa , habe ich auch schon mal gehört«, spöttelt er mit halb ernster, halb verschmitzter Miene und fängt an zu singen: »Quella gente rinchiusa là dentro di libero amore facea professione …«
    »Siehst du, ich hatte recht. Du bist gar nicht so übel.«
    Sie zwinkert ihm mit dem gesunden Auge zu und verschwindet dann zwischen den anderen Studenten.
    2
    Die Detonation ist bis auf die Straße zu hören. Ihr Echo dröhnt durch die Mailänder Messehallen, die nach Messeschluss leergefegt sind wie ein entlegenes Alpental. Es ist sieben Uhr abends, Besucher sind zum Glück keine mehr da, nur noch ein paar Aussteller. Sofort wird das Polizeipräsidium alarmiert, alle verfügbaren Beamten werden zusammengezogen und eilen auf das Gelände.
    »Italien ist zum Pulverfass geworden«, stöhnt Catalano. »Und das ganz plötzlich, noch bevor wir es realisieren konnten!«
    Santi hat ihn eine ganze Weile nicht gesehen, seit er ihm von Nicolosi und der Sache mit Mattei erzählt hat. Nun ist er zum Kommissar befördert worden, hat Karriere in der politischen Abteilung gemacht und leitet den Einsatz. Antonio, Martinez und rund ein Dutzend anderer Beamter aus Cimminos Gruppe unterstützen ihn logistisch. Alle sitzen auf den harten Holzbänken des Mannschaftswagens, der sie zum Ort des Geschehens fährt.
    »Als wären Molotows und Demos nicht genug. Nein. Jetzt müssen sie auch noch Bomben legen«, fährt Catalano in einer Art Selbstgespräch fort. »Die Roten: Sie sind schuld. Sie sind überall.«
    Er wendet sich an den neben ihm sitzenden Santi.
    »Hast du eine Ahnung, wie viele Telefone wir abhören? Und wie viele Informanten wir in die subversiven Gruppen eingeschleust haben? Und wie viele Spitzel unter die Apo-Typen?«
    Der Sovrintendente zuckt mit den Schultern.
    »Zu viele, Antonio. Viel zu viele. Unmengen! Und keiner hat auch nur das Geringste geahnt von dem, was da passiert ist! Aber mich kriegen sie nicht dran. O nein, ich kenne meine Pappenheimer. Weißt du, welche die Schlimmsten sind, die wir keine Sekunde aus den Augen lassen dürfen und die, da verwette ich meinen Arsch drauf, für das hier verantwortlich sind? Die Anarchisten.«
    Keiner reagiert, und auch er verstummt.
    Als sie ankommen, sind bereits ein paar Krankenwagen vor Ort.
    »Keine Toten, zum Glück«, verkündet ein Sanitäter, der auf sie zukommt. »Sechs Leichtverletzte.«
    Catalano und seine Männer untersuchen die Umgebung. Der Sprengkörper ist in einem der Messestände detoniert. Nicht in irgendeinem, und als sie feststellen, um welchen es sich handelt, bekommt das Ganze eine symbolische Bedeutung. Es ist der 25. April, italienischer Nationalfeiertag, und jemand hat eine Bombe in dem Stand von Fiat gezündet.
    »Eine Bombe unter dem Arsch der Arbeitgeber, Ausbeuter der Arbeiterklasse.«
    »Du redest, als seist du einer von ihnen, Santi.«
    »Nur ein Erklärungsversuch …«
    »Sicher, Erklärungsversuch! Wie ich deine Frau kenne, macht ihr zu Hause oft …«
    Antonio tritt einen Schritt vor, ist noch eine Handbreit von der Nase seines Gegenübers entfernt.
    »Was hat meine Frau damit zu tun?«
    »Weißt du, was deine verehrte Gattin tut, wenn du bei der Arbeit bist?«
    »Hör auf mit dem Scheiß, Catalano. Was willst du von Carla?«
    Der andere stößt ihn unsanft zurück.
    »Frag sie doch mal, was sie nachmittags so treibt. Nach der Schule mit ihren roten Freunden. Morgens Lehrer und nach dem Mittagessen Revoluzzer. Frag sie doch, wer ihr diese ganzen Ho-Chi-Minh-Flausen in den Kopf gesetzt hat.«
    »Wer denn?«
    »Zufälligerweise einer von dieser außerparlamentarischen Linken, der Potere-Operaio-Gruppe, die wir beobachten. Ein Kollege von ihr, ein marxistischer Literaturdozent, der sich mit den Fabrikarbeitern solidarisiert. Meine Leute haben sie schon ein paarmal zusammen gesehen. Ich an deiner Stelle würde aufpassen. Der steckt bis zum Hals mit drin in der Sache …«
    Santi zittert vor Wut. Am

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