Milchrahmstrudel
ist?
Wie würde Sprudel denn jetzt vorgehen, wenn er hier wäre?
Fanni nickte einsichtsvoll.
Er würde zu jenem Behelf greifen, der sie schon so oft weitergebracht hatte.
Hypothese eins, begann sie: Wir könnten uns geirrt haben.
»Fanni, komm mal!« Hans Rots Stimme drang aus dem Wintergarten zu ihr.
Sie stand auf und ging zu ihm hinaus.
Er hatte die » ADAC Motorwelt« weggelegt und eine alte Ausgabe der »Passauer Neue Presse« aufgeschlagen.
Seit jeher sammelte er auf einem Tischchen neben der Fächerpalme, streng nach Datum geordnet, diejenigen Zeitungen, die er am Tag ihres Erscheinens – aus welchen Gründen auch immer – nicht hatte lesen können. Die Höhe des Stapels ungelesener Exemplare schwankte, je nach Hans Rots aushäusigen Aktivitäten, zwischen zehn und vierzig Zentimetern.
Fanni warf einen Blick auf die Kopfzeile. »8. Januar.« Die Zeitung war gut ein halbes Jahr alt.
»Haben wir uns nicht gerade vorhin erst darüber unterhalten«, sagte Hans, »was Herrn Benat wohl mit der Pyhrn-Priel-Region verbindet?«
Fanni nickte interessiert.
Hans Rot tippte auf einen Artikel unter der Überschrift »Übers Land«, in dem die Worte »Dr. Benat« und »Welt des Bauens« fett gedruckt waren. »Er besitzt dort ein Baugeschäft.«
Perplex starrte Fanni auf die aneinandergereihten Beiträge, die sie für Klatschkolumnen hielt und nie las, weil sie einerseits die Leute, von denen hier die Rede war, sowieso nicht kannte und sich andererseits nicht im Mindesten dafür interessierte, was es über diesen oder jenen im Landkreis zu schwatzen gab.
Sie stierte den Fettdruck »Welt des Bauens« an, und beklemmend beschlich sie das Gefühl, dass diese drei Worte eine Menge erklären könnten.
Endlich gab sie sich einen Ruck, sagte kraftlos: »Aha« und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
Erneut versuchte sie, sich zu konzentrieren.
Jetzt reiß dich aber mal zusammen, Fanni!
Was hat Benats Firma »Welt des Bauens«, die – weiß der Kuckuck, weshalb – irgendwo zwischen Wurzeralm und dem Stodertal angesiedelt ist, mit dem Altenpfleger Roland Becker und dessen mutmaßlichem Tod zu tun?, fragte sie sich verzweifelt.
Nichts, falls du keine besseren Belege für einen Zusammenhang findest als ein dummes Gefühl! Seit wann darf denn jede dahergelaufene Empfindung bei Ermittlungen mitmischen?
Fanni unterdrückte einen Seufzer. Sie musste mit Sprudel reden, dringend.
Aber Hans saß wie angeklebt vor seiner antiquierten Zeitung im mucksmäuschenstillen Wintergarten. Er würde jedes Wort verstehen, das sie im Flur ins Festnetztelefon sprach.
Das Handy war ebenfalls keine Option. Wo sollte sie damit hingehen? In eine Gartenecke, so wie ihre Nachbarin Frau Itschko? Hans würde sie beobachten, womöglich lauschen. Und auf der anderen Seite der Hecke würde vielleicht auch Frau Itschko interessiert zuhören.
Sollte sie sich in eines der ehemaligen Kinderzimmer im ersten Stock verziehen? Hans Rot würde sich fragen, wo sie steckte, und sie aufspüren.
Fanni sah nach der Uhrzeit. Kurz vor neun.
Verflixt, dachte sie, wieso ruft Stuck nicht an? Braucht er ausgerechnet heute keinen vierten Mann fürs Kartenspiel?
Sie trat wieder in den Wintergarten und sah zu Stucks Haus hinüber. Ein altes Fahrrad lehnte an der Hausmauer.
»Schau«, sagte sie zu ihrem Mann, »Stuck hat offenbar wieder Besuch von seinem Onkel. Musst du heute die Schafkopfrunde nicht komplett machen?«
Hans Rot warf einen missbilligenden Blick aus dem Fenster. »Der versoffene Herr Onkel hat sich am Wochenende mit Sack und Pack bei Stuck einquartiert. Stuck sagt, wenn er ihn nicht bald wieder loswird, zieht seine Frau aus. Ich habe Stuck geraten, den Alkohol wegzusperren. ›Hab ich längst‹, hat er mir geantwortet. ›Aber der Sepp ist immer noch da.‹ Mir scheint, den treiben inzwischen die Entzugserscheinungen um. Es heißt, dass er die halbe Nacht durch die Siedlung geistert. Am Samstag soll er Frau Weber, die nach dem Dunkelwerden von einer Sitzung des Frauenbunds zurückkam, dermaßen erschreckt haben, dass sie gegen Böckls Zaun rannte und sich eine Platzwunde an der Stirn zuzog.«
Fanni trollte sich enttäuscht. Keine Schafkopfrunde heute.
Offensichtlich nicht! Offensichtlich hat heute niemand Verwendung für Hans Rot. Deshalb bleibt er bei seiner Fanni zu Hause, obgleich die am allerwenigsten Verwendung für ihn hat!
Aber seine Fanni bleibt nicht bei ihm zu Hause, lehnte sie sich plötzlich auf.
Kurz entschlossen rannte sie in
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