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Miles Flint 06 - Kallisto

Miles Flint 06 - Kallisto

Titel: Miles Flint 06 - Kallisto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Stockwerke hoch, und van Alen residierte in der ganzen oberen Etage. Flint hatte einmal versucht, den Fahrstuhl nach oben zu benutzen, und sich geschworen, es nie wieder zu tun. Der Fahrstuhl war ein altes Kolonialzeitmodell, das Stück für Stück modernisiert worden war. Er wackelte, er fühlte sich unsicher an, und vermutlich verstieß sein Betrieb gegen alle möglichen aktuellen Vorschriften. Aber das Komitee zur Beaufsichtigung historischer Bauten konnte sich nicht entscheiden, wie er ersetzt werden konnte, also war er nicht ersetzt worden.
    Seit diesem einen Versuch hatte Flint stets die Treppe benutzt.
    Nun nahm er zwei Stufen auf einmal, hastete vorbei an den Angestellten anderer Büros. Einige waren auf dem Weg zurück zur Arbeit, andere auf dem Weg hinaus. Beide Gruppen trugen Masken, diejenigen die hinausgingen über Mund und Nase, die anderen an einer Schnur um den Hals.
    Niemand atmete gern die staubige Luft. Flint hingegen nahm sie kaum mehr wahr.
    Unangekündigt traf er auf van Alens Etage ein. Die Treppe führte direkt in die Kanzlei – kein Korridor, keine versperrte Eingangstür. Die Kanzlei wirkte offen und einladend, was teilweise an den umherhuschenden Mitarbeitern lag, beschäftigt, aber stets freundlich, und teilweise an den Instandhaltungsbots, die unauffällig dafür Sorge trugen, dass alles, von den kostspieligen echten Pflanzen bis hin zu den antiken Büchern an einer Wand, staubfrei und makellos aussah.
    Die Empfangsdame – menschlich, kein Android oder Bot, wie es meist in Anwaltskanzleien der Fall war – erhob sich und lächelte.
    »Mr. Flint«, sagte sie. »Wir haben heute nicht mit Ihnen gerechnet.«
    »Ich auch nicht«, entgegnete er und erwiderte ihr Lächeln. »Aber jetzt haben wir beide den Ärger mit mir. Kann ich Maxine einen Moment sprechen?«
    »Sie spricht mit einem Klienten, aber sie müsste bald fertig sein. Wenn Sie warten möchten …«
    Als hätte er eine Wahl. Wenn er Maxine van Alen sprechen wollte, musste er eben warten. Er nickte und ging zu dem Wartebereich vor van Alens Büro.
    Der Wartebereich lag jenseits mehrerer Schreibtische an einer Stelle, die den Eindruck vermittelte, man befände sich am toten Ende eines Korridors. Was nicht der Fall war. Die Milchglaswand, die diese Wirkung erzielte, war tatsächlich die Doppeltür zu van Alens Büro. In dem Glas waren beinahe unsichtbare Griffe eingelassen, so dass jemand, der sich innerhalb des Büros befand, die Tür manuell öffnen konnte. Üblicherweise aber hob und senkte sie sich wie die Kuppelwände zwischen den einzelnen Abschnitten. Die in das Glas eingravierten Initialen MvA bildeten ein Blumenmuster, das sich kaum von der milchigen Oberfläche abhob.
    In Flints Augen war diese Glastür einer der Glanzpunkte in diesem eleganten und behaglichen Büro. Ginge es nach ihm, würde sein ganzes Büro ebenso nett aussehen.
    Aber Lokalisierungsspezialisten sollten ihre Klienten eher entmutigen, und die erste Möglichkeit, das zu tun, bestand darin, sie in schäbige, verfallene Räumlichkeiten einzuladen. Der Klient sollte sich von Anfang an unbehaglich fühlen, verunsichert und beklommen, damit der Lokalisierungsspezialist sofort anfangen konnte, auszukundschaften, ob der Klient aufrichtig war oder nicht.
    Ein Schauder rann über Flints Rücken, als ihm bewusst wurde, dass diese Regel – wie all die anderen, die er sich im Zusammenhang mit der Arbeit eines Lokalisierungsspezialisten zu eigen gemacht hatte – von Paloma stammte. Er würde sie noch einmal überdenken müssen, genau wie alles andere.
    Die Glastür hob sich, und ein junger Mann wischte sich auf dem Weg nach draußen die Tränen aus dem Gesicht. Normalerweise ließ van Alen Klienten zu einer Nebentür hinaus, wenn sie jemanden erwartete, oder sie bestand darauf, dass niemand sich im Wartebereich aufhielt.
    Entweder traute sie Flint, oder sie hatte keine Ahnung, dass er da war.
    Oder der weinende junge Mann war ihr nicht so wichtig.
    Flint sah ihm nicht nach. Er hatte so oder so schon mehr gesehen, als es van Alen üblicherweise recht wäre. Der junge Mann hatte billige Schlankheitsmodifikationen vornehmen lassen, denn seine Haut hatte einen für derlei Modifikationen typischen öligen Glanz. Sein Haar war schütter, aber darum hatte er sich nicht gekümmert. Seine Kleidung war teuer, die Schuhe jedoch nicht, was Flint zu der Vermutung veranlasste, dass der junge Mann sein Geld entweder für Kleidung gespart hatte oder sie von seinem Arbeitgeber erhalten

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