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Mira und der weiße Drache (German Edition)

Mira und der weiße Drache (German Edition)

Titel: Mira und der weiße Drache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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gefährlich, sie aufzuschreiben. Sie könnten ja in falsche Hände geraten.« Er blickte Mira kurz an. »So wie dieses Buch zum Beispiel!«
    »Deswegen sind in diesem Buch nur Zeichnungen und keine Worte«, überlegte Mira.
    »Jede Zeichnung birgt ein mächtiges Geheimnis, aber nur wir Drachen können den Zauberern diese Geheimnisse enthüllen. Wie ich sehe, bist du gar nicht so dumm.«
    »Danke«, sagte Mira und zog eine Grimasse. Der Drache lächelte sie kurz an, doch dann wurde er plötzlich sehr ernst. »Es wäre schrecklich, wenn er nie mehr erweckt werden könnte.«
    Mira starrte in die Augen des Drachen. Sie waren dunkelgrün mit funkelnden braunen Sprenkeln, und Traurigkeit schimmerte in ihnen. Und dann war es Mira, als würde sie in diese Augen hineingezogen, und sie fühlte mit einem Mal, was der Drache fühlte. Da war Schmerz und Sehnsucht, und in ihrem Inneren stieg plötzlich eine zarte Melodie auf. Geheimnisvoll und wunderschön.
    »Vielleicht kann auch nur ein Mensch den schwarzen Drachen beschwören«, sagte der Drache leise und wurde dann ganz still. Für einen langen Moment schien er abwesend, bevor er sehr langsam sagte: »Warum solltest nicht du dieser Mensch sein?!«
    Mira holte tief Luft. »Dann sagen Sie mir den Spruch!«, flüsterte sie und schloss die Augen. Die Zaubermusik wurde leiser und verstummte.
    Der Drache räusperte sich.
    »Dann höre zu:
    Der Gedanken dunkle Kraft
nimmt mit Macht
das Leben dir
und gibt es mir.
    Kannst du dir das merken?«
    »Ja«, sagte Mira. Sie hatte immer noch ihre Augen geschlossen und ließ, wie immer, wenn sie etwas auswendig lernte, die Worte in ihrem Kopf erscheinen. Dabei schauderte sie leicht.
    »Du siehst so blass aus«, stellte der Drache besorgt fest.
    »Mir ist nur etwas kalt geworden«, sagte Mira. Der Drache blickte sie ernst an. »Benutze diese Worte erst, wenn du musst. Lass sie sonst nie über deine Lippen kommen. Du darfst diesen Spruch keinem Zauberer anvertrauen. Weder von der weißen noch von der schwarzen Seite!«
    »Es gibt zwei Seiten?«, fragte Mira. Der Drache seufzte traurig. »Leider! Aber vielleicht hilft das Buch, sie wieder zu vereinen.«
    Miras Gedanken rasten in ihrem Kopf. »Aber wann soll ich den schwarzen Drachen beschwören?«, fragte sie. Der Drache lächelte. »Du wirst es spüren, wenn es so weit ist!«, sagte er und schickte ein besonders schönes kurzes Wölkchen, das einen feinen goldenen Schimmer hatte, in die Luft. Es roch angenehm. Dann räusperte er sich vernehmlich.
    »Nun, eine Sache noch. Jetzt, da du den Spruch kennst, wirst du auch ein paar magische Eigenschaften besitzen. Du wirst dich in ein Tier verwandeln können, wie alle weißen Zauberer. Aber ich lasse dir die Freiheit zu wählen, in welches.« Bildete Mira es sich nur ein oder war da tatsächlich ein schalkhaftes Aufblitzen in seinen Augen?
    »Was würdest du dir wünschen?«
    »Ich würde so gerne fliegen!«, sagte Mira und ihre Augen leuchteten. »Ich wäre gerne ... ich wäre gerne eine Amsel.«
    »So, so.« Der Drache sah sie an. »Eine Amsel. Kein Habicht, Adler, Sperber, vielleicht sogar Pfau? So viel großartigere Vögel?« Mira schüttelte bestimmt den Kopf. »Nein, ich wäre gerne eine Amsel.« »Gut«, sagte der Drache und lächelte. »So sei es!«
    Mira spürte ein seltsames Ziehen in der Brustgegend. Es war so ähnlich, wie wenn sie sich stark nach etwas sehnte. Das war schnell vorbei. Sie schüttelte sich. »Mir ist ein bisschen schwindelig«, sagte sie schließlich. Sie schloss für einen Moment die Augen, öffnete sie dann ganz vorsichtig wieder und sah an sich herunter. Nein, sie war noch immer ein Mensch.
    »Mira, komm nach unten, wir haben Besuch!« Das war Tante Lisbeths Stimme, die vom Wohnzimmer kam.
    »Ich komme gleich!«, erwiderte Mira und sah dabei den Drachen an. Nach einer kurzen Weile hörte sie Tante Lisbeths Schritte die Treppe heraufkommen.
    »Und was sagt man nun, damit Sie wieder im Buch verschwinden?«, fragte Mira schnell.
    »Das ist ganz einfach: Du sagst, ›Verschwinde!‹«. Der Drache grinste.
    »Verschwinde!«, sagte Mira hastig. »Etwas höflicher, bitte!«, meinte der Drache und bewegte sich nicht von der Stelle. »Na gut«, seufzte Mira. Die Schritte ihrer Tante waren nun schon auf dem letzten Treppenabsatz zu hören.
    »Verschwinde!«, flüsterte sie sanft. Da stieß der Drache ein letztes Mal regenbogenfarbigen Rauch aus den Nüstern und kletterte wieder ins Buch zurück. Dort klappte er die Flügel ein,

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