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Mira und der weiße Drache (German Edition)

Mira und der weiße Drache (German Edition)

Titel: Mira und der weiße Drache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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spitz.
    Die alte Hexe in der Mitte der Versammlung sah müde aus.
    »Ich habe euch gerufen, weil ich die Nachricht erhalten habe, dass das Buch wieder aufgetaucht ist«, sagte sie. Ein großes Gemurmel erhob sich.
    »Das Buch?«, fragte der Junge mit den rabenschwarzen Haaren. »Du meinst das Buch?«, wiederholte er dann noch einmal. »Ja«, antwortete die alte Hexe, »das Buch der Metamorphosen ist wieder aufgetaucht.«
    Eine dicke Hexe, die eine Menge klimpernde Ringe an ihren Handgelenken trug, strich sich durch ihre vielen kleinen Zöpfe.
    »Ich dachte immer, das Buch wäre nur eine Legende.«
    Die alte Hexe schüttelte den Kopf. »Nein, es existiert, und Miranda wollte es uns heute in dieser Vollmondnacht bringen.«
    Das Mädchen mit den mausbraunen Haaren sah fassungslos auf Miranda. »Wie kann man ihr eine so wichtige Mission anvertrauen? Sie ist doch noch viel zu klein dafür!«, rief sie aus und erntete zustimmendes Gemurmel von einem Teil der Zauberer. Die alte Hexe hob die Hand. »Miranda ist die Spruchbewahrerin, und du musst es schon mir überlassen, wem ich vertraue und wem nicht, Xenia!«
    »Also Miranda, berichte!«
    Miranda sah zu Boden und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Selbst im warmen Schein des Feuers sah sie blass aus. »Das Buch existiert«, fing sie unbeholfen an. »Ich habe erfahren, dass es heute in der Bibliothek im Burgturm auftauchen sollte. Tatsächlich fand ich es dort – und ich habe mit dem Drachen gesprochen.« Sie schluckte, während sie die aufkommende Stille ganz umfing. Das Feuer knisterte und die Hexen und Zauberer schauten Miranda neugierig an.
    »Wenn ich das also recht verstehe, hast du, als du das Buch bekommen hast, den Spruch ausprobiert?« Die Hexe sah Miranda an, die nicht zurückzublicken wagte.
    »Und dann hast du den Drachen beschworen. Was hat er dir gesagt?« Es war totenstill in der Runde. Alle Augen waren auf Miranda gerichtet.
    »Nichts!«, sagte diese bitter. »Ich wurde unterbrochen.«
    »Unterbrochen?« Die alte Hexe zog die Brauen hoch. »Von wem?«
    »Von einem Menschen, einem Mädchen«, sagte Miranda knapp.
    »Woher wusste dieses Kind, dass das Buch zu der Zeit in der Burg auftauchen würde?« Die dicke Hexe mit den vielen Armreifen rutschte unruhig hin und her. Miranda zuckte mit den Schultern. »Das war sicher Zufall«, murmelte sie und sah zu Boden.
    »Die Frage ist doch«, rief die Hexe mit den mausbraunen Haaren, die Xenia genannt wurde, »woher wusste Miranda, dass das Buch wieder auftaucht?« Ein zustimmendes Gemurmel erhob sich. Miranda blickte weiter zu Boden und schwieg.
    Das Gemurmel wurde lauter, und die alte Hexe hob die Hand, um wieder zur Ruhe zu mahnen. »Du darfst es nicht sagen?« Miranda nickte.
    »Magische Versprechen muss man halten«, sagte die alte Hexe. »Lasst Miranda weiter berichten. Was geschah nach dieser Unterbrechung?«
    »Ich habe mich schnell wieder verwandelt und bin aus dem Zimmer geflogen, damit ich nicht entdeckt werde. Als ich wieder zurückkam, war das Buch nicht mehr da. Also setzte ich mich auf den Turm und wartete, bis das Mädchen auf der Straße zu sehen war, und nahm dann die Verfolgung auf. Kaum war ich allerdings aus der Stadt, drängten mich zwei Sperber ab.«
    »Sperber?« Die alte Hexe blickte Miranda ungläubig an. »Es waren tatsächlich Sperber unterwegs?« Miranda nickte. »Ich hielt es für besser, ihnen aus dem Weg zu gehen, und versteckte mich eine Weile in einem Vogelhäuschen.« »Das war sicher nicht dumm«, sagte der Junge mit den schwarzen Haaren.
    »Ich konnte allerdings noch sehen, in welches Haus das Mädchen gegangen ist. Als die Sperber weg waren, flog ich durch ein offenes Fenster und suchte bei ihr das Buch.«
    »Und?«, fragte Xenia.
    Miranda schluckte. »Es war verschwunden.« Stille trat ein.
    Die alte Hexe nahm einen langen Ast und stocherte ein wenig im Feuer herum. Goldene Funken stoben auf und tanzten einen kurzen Moment vor den schwarzen Bäumen.
    »Wenn du von den Sperbern verfolgt wurdest, dann haben die schwarzen Zauberer jetzt das Buch in ihrem Besitz, das ist sicher«, sagte die alte Hexe schließlich.
    Xenia hatte sich inzwischen angriffslustig vor Miranda aufgebaut und blitzte sie wütend an.
    »Sie ist schuld, dass die schwarzen Zauberer jetzt das Buch in ihren Händen haben.«
    »Solange sie den Spruch nicht kennen, um den schwarzen Drachen zu erwecken, kann ja nicht so viel passieren«, warf die dicke Hexe ein.
    »Du vergisst, sie sind listig, sie sind schlau ...«,

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