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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gerettet.«

 
    32
     
    SCHWARZE TRÄNEN
     
     
     
    Die wenigsten von denen, die oben gekämpft hatten, ahnten auch nur, was während der zwei Tage und drei Nächte unter der Sooderburg geschehen war. Borst hatte darauf bestanden, die Kampfmoral nicht durch Geschichten von entlaufenen Chamäleonen und einem gefangen genommenen König zu schwächen. Etwas Unmut war aber doch aufgekommen, als Ergil nach seiner Ankunft vermeintlich nur durch Abwesenheit geglänzt hatte. Unter solchen Umständen gedeihen Gerüchte. Einige wollten ihn schon tot wissen, andere meinten, das seltsame Flugwesen habe bloß einen Doppelgänger im Burghof abgesetzt. Als der König sich den Verteidigern endlich vom Nordwestturm aus zeigte, brach Jubel aus.
    Sein Herz indes verkrampfte sich beim Anblick des Schlachtfeldes. Die Schreie verletzter und sterbender Kämpfer verstärkten die Beklemmung noch. Am vergangenen Tag war der zweite Verteidigungsring gefallen. Jetzt standen die Bogenschützen der Achse auf der äußeren Mauerkrone und schossen Brandpfeile in den Burghof. Ganze Scharen von Kriegern rannten gegen das innere, das letzte Bollwerk an.
    »Wie lange können wir ihnen noch standhalten?«, fragte Ergil den Reichsverweser, während er den Umhang ordnete, unter dem sich wieder der Netzling verbarg. Seine Rechte kraulte das Gefieder eines kleinen Falken, der auf seiner Schulter saß und auf den Namen Schekira hörte. Abgesehen von den Genannten waren Múria, Harkon Hakennase, Tusan, Tiko, Popi, Jazzar-fajim, Lohentuvim, Quondit Jimmar Herzog von Bolk und Fürst Halbart Bookson von Grotsund zugegen.
    Borsts schmutziges, müdes Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. »Sie werfen uns alles entgegen, was sie noch haben, und wir werden immer schwächer. Ich fürchte, die morgige Lagebesprechung werden wir nicht mehr hier oben abhalten können.«
    Ergil nickte verstehend. »Ist alles für den Rückzug in die Klippe vorbereitet?«
    »Schon seit drei Tagen«, antwortete der Erste Kanzler.
    »Die Verletzten werden bereits nach unten gebracht«, fügte Múria hinzu. Um die Stirn trug sie einen weißen Verband. »Es ist nur etwas schwierig, sie über die Sturmleitern in den Turm hinaufzuschaffen.«
    »Wir werden noch froh sein, dass es so schwierig ist«, murmelte Ergil und zupfte an seiner Unterlippe.
    Múria seufzte. »Worüber denkst du nach?«
    »Über eine Treppe, die sich rasch auf- und wieder abbauen lässt, damit die Letzten von uns sich blitzartig in den Turm zurückziehen können.«
    »Borst braucht jeden Mann für die Verteidigung, mein Lieber. Wir können niemanden entbehren, um irgendwelche aufwändigen Konstruktionen anzufertigen.«
    Ergil griff in die Tasche, zog ein braunes Säckchen hervor, öffnete es und ließ einige gelbe Böhnchen in seine Handfläche rieseln. »Unsere fleißigen Helferlein hier werden eine ganz besondere Treppe für uns bauen.«
    Einige im Kriegsrat nahmen die Bemerkung des Königs zum Anlass, sich über seinen geistigen Zustand Sorgen zu machen.
    »Das sind Zimmermannsschoten«, erklärte Harkon und als auch er sich damit argwöhnische Blicke einhandelte, fügte er hinzu: »Man nennt sie auch Wandellinge. Die Silberginkgo besteht aus Wandellingen. Ergil hat in Xkisch einige dieser Bohnen binnen weniger Stunden zu einer Hebe- und Transportvorrichtung für eine Nase wachsen lassen.«
    »Eine Hebevorrichtung für eine Nase, aha«, wiederholte Qujibo tonlos.
    Der Abenteurer nickte eifrig. »Ja. Sie war ziemlich groß und schwer, weil so viel Schleim…«
    »Vielleicht sollten wir diese Geschichte ein andermal erzählen«, unterbrach ihn Ergil. Er hatte an den Mienen der Nichteingeweihten abgelesen, wie ihr Unverständnis sich mit jedem Wort ungefähr verdoppelte, und wollte keine Zeit mit umständlichen Erklärungen vergeuden. Sein Blick wanderte zu Múrias Kopf verband. »Ich würde jetzt gerne dort fortfahren, wo wir vor drei Tagen unterbrochen wurden, Inimai. Fühlst du dich schon wieder stark genug oder sollen Nisrah und ich allein…?«
    »Mach dir um mich keine Sorgen«, unterbrach sie ihn beinahe schroff. »Es muss gehen, und wenn Vania erst einmal im Hier und Jetzt ist, braucht sie vor allem eine gute Heilerin.«
     
     
    Den Burghof gefahrlos zu durchqueren war nicht mehr möglich. Leibgardisten schützten den König und seine Gefährten mit Langschilden vor den ununterbrochen in den Burghof prasselnden Pfeilen. Einige Nebengebäude brannten. Das große Haupthaus hatte noch kein Feuer gefangen, weil es

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