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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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eine Falle laufen wollte. Im Nu nahm die Werkstatt vor seinem inneren Auge in grünen Konturen Gestalt an und er entdeckte den susanischen Schmied. Der Zoforoth hockte auf ihm wie ein riesiger Blutsauger. Aber wo war Schmerz?
    Überrascht zögerte der König, weil er das kalte Ziehen des schwarzen Kristalls vermisste. Offenbar hatte Kaguan die zerborstene Waffe nicht mitgebracht. Während Ergil sich draußen noch mit der Frage beschäftigte, ob diese Entdeckung eher gut oder schlecht für ihn war, hüpfte der Chamäleone drinnen von seinem Opfer herunter.
    »Diesmal entkommst du mir nicht«, wisperte der König und stürzte mit erhobenem Schwert in die Schmiede.
    Das Erste, was er dort zu Gesicht bekam, war eine pechschwarze Gestalt. Ihre Schuppenhaut glänzte wie feuchter Lack. Eher lauernd als entschlossen näherte sich Kaguan dem Störenfried. Ergil ließ die erhobene Schwertspitze drohend kreisen. Er musste wachsam bleiben. Die boshafte Kreatur war unberechenbar.
    Wie zur Bestätigung des Gedankens sprang der Zoforoth mit einem gewaltigen Satz in den offenen Dachstuhl. Ein Stück weit krabbelte er kopfunter an Ziegeln, Sparren und Pfetten entlang und kam seinem Gegner dabei immer näher. Ergil wich rasch zur Tür zurück und reckte das Schwert in die Höhe. Hätte er doch nur Pfeil und Bogen mitgenommen! Für das Himmelsfeuer war Kaguan unerreichbar. Wie auch immer, er durfte auf keinen Fall entkommen.
    Unvermittelt verschmolz der Chamäleone mit dem Hintergrund. Ganz konnte er sich mit dieser Tarnung trotzdem nicht Ergils feinen Sinnen entziehen. Der König sah ihn wie einen großen Wassertropfen auf einen Hängebalken herabfallen, wo er bewegungslos hocken blieb. Eine kalte Angst beschlich Ergil, sein Widersacher könnte einmal mehr den unheilvollen Gesang anstimmen, und als dieser einen Laut von sich gab, zuckte er unwillkürlich zusammen. Doch es war kein Lied der Macht, sondern nur kalter Spott, der durch die Schmiede hallte.
    »Deine Arme werden bald schwer wie Blei sein, Sohn der zwei Völker, wenn du noch lange so mit deinem Schwert in der Luft herumfuchtelst.«
    Ergil wunderte sich, warum Kaguan nicht die Elemente gegen ihn heraufbeschwor, sondern nur lästerte. Trotzig erwiderte er: »Ich bin zäh. Dein Herr und Meister hat das leidvoll erfahren müssen.«
    »Es war dein Bruder, der ihn bezwungen hat. Der Heißsporn und Draufgänger. Aber du bist anders als er. Vertrau deinem scharfen Verstand, der dir sagt, dass du in einer Zwickmühle steckst. Lass mich gehen und ich schenke dir das Leben deiner Gefährten.« Der Chamäleone kauerte völlig starr und war im rauchgeschwärzten Gebälk kaum auszumachen.
    Unwillkürlich schweifte Ergils Blick zu Tiko hinüber, der sich gerade ächzend auf den Bauch herumwälzte und dabei gegen eines der neben ihm liegenden Schwerter stieß; geräuschvoll schabte es über den Ziegelboden. Hatte Kaguan den jungen Susaner und Dormund gemeint oder wollte er mit seiner Bemerkung die Erinnerung an Falgons Tod wecken, um seinen Gegner zu einer unbedachten Reaktion herauszufordern?
    Lass dich nicht reizen!, ermahnte sich Ergil streng, spürte aber trotzdem, wie der aufwallende Zorn bereits sein Bewusstsein vernebelte. Er schnaubte verächtlich. Dieses Geschöpf der Finsternis spielte mit seinen Gefühlen wie auf einer Flöte. Woher wusste es eigentlich so viel über ihn und Twikus…?
    Ein Brummen wie vom Flügelschwirren einer Riesenlibelle riss Ergil aus der dumpfen Benommenheit. Es war Schekira, die sich gerade rechtzeitig mit einem schrillen »Pass auf!« bei ihm zurückmeldete.
    Denn plötzlich ging der Zoforoth zum Angriff über, jedoch ganz anders, als der König es sich jemals hätte vorstellen können. Ohne die Warnung der Elvin wäre Ergil die jähe Bewegung wohl sogar entgangen. Eine von Kaguans sechs Gliedmaßen zuckte wie die Zunge eines Chamäleons nach vorne, aber nicht, um etwas zu fangen, sondern um den Schwertträger mit einem guten Dutzend kleiner schwarzer Geschosse einzudecken.
    Der Angegriffene reagierte blitzschnell. Oder war es das Himmelsfeuer, das für ihn die Verteidigung übernahm? Jedenfalls sauste das Schwert, als habe es sich verzwölffacht, durch die Luft und ließ Kaguans Munition zischend verglühen. Ein beißender Gestank verbreitete sich. Lediglich ein einziges »Korn« des rätselhaften schwarzen Hagels hatte den gleißenden Wirbel durchbrechen können, aber es war zum Glück nur gegen Ergils Ellbogen geprallt und zu Boden gefallen.

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