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Mirage: Roman (German Edition)

Mirage: Roman (German Edition)

Titel: Mirage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Gerichts vor Gott rechtfertigen. Also möchte ich Sie, um Ihrer selbst willen, ermahnen, Mitgefühl aufzubringen. Haben Sie jetzt Mitgefühl, solange Sie noch etwas Gutes bewirken können.«
    Keine schlechte Predigt, fand Mustafa, aber noch bevor er zum Ende kam, erkannte er, dass sie auf taube Ohren stieß. Die schwache Verbindung, die er zu Costello hergestellt haben mochte, hatte sich bereits wieder verflüchtigt. Der Arzt hatte sich geistig zurückgezogen – beziehungsweise war innerlich zur Seite gewichen , vielleicht traf es das eher. Als er wieder sprach, tat er es von einem anderen und sehr befremdlichen Standpunkt aus.
    »Es spielt keine Rolle«, sagte Costello, »weil nichts davon real ist.«
    »Was ist nicht real, Dr. Costello?«
    »Diese Welt.«
    »Die Welt ist nicht real?«
    » Diese Welt.« Costello versuchte, die Arme in einer alles umgreifenden Bewegung auszubreiten, aber von den Handschellen gehemmt, musste er sich damit begnügen, mit den Händen zu wedeln. »Dieses Land.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen, Dr. Costello.«
    »Die ›Vereinigten Arabischen Staaten‹. Sie sind nicht real.«
    »Sie wollen damit sagen, dass Sie die Autorität der VAS-Regierung nicht anerkennen?«
    »Nein, ich will damit sagen, dass sie gar nicht existiert.Das alles ist eine Fata Morgana. Es gibt keine arabische Supermacht, keine Union von arabischen Staaten. In der wirklichen Welt sind Sie bloß ein Haufen rückständiger Dritte-Welt-Länder, die überhaupt niemand ernst nehmen würde, wenn das Erdöl nicht wäre …«
    »Dr. Costello, was versuchen Sie …«
    »Es ist eine Mirage! Alles. Dieses Land. Diese Welt. Alles, was Sie über die Wirklichkeit zu wissen glauben, ist lediglich eine Illusion. Ein Traum.« Er hielt inne, von Mustafas ungläubiger Miene kurzzeitig entwaffnet, doch dann setzte er nach. »Amerika. Amerika ist die wirkliche Supermacht.«
    »Amerika«, sagte Mustafa. »Was Sie nicht sagen.«
    »Ich erwarte von Ihnen nicht, dass Sie mir glauben …«
    »Das trifft sich gut, Dr. Costello, denn das tue ich nicht. Ich weiß nicht, was für ein Spielchen Sie hier abzuziehen versuchen, aber wenn Sie über das Wesen der Wirklichkeit diskutieren wollen, dann kann ich Ihnen versichern, dass meine Vorgesetzten – die Männer, die über Ihr weiteres Schicksal entscheiden werden – wirklich keinen Spaß verstehen, wenn es um Terrorismus geht. Wenn Sie also den unausgegorenen Plan verfolgen sollten, auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren …«
    »Ich bin nicht verrückt«, sagte Costello. »Ich plädiere auf gar nichts. Ich akzeptiere mein Schicksal. Ich bin in einer Fata Morgana gefangen, solange Gott es für gut befindet, sie aufrechtzuerhalten.«
    »Diese Mirage, von der Sie sprechen, ist das Werk Gottes?«
    Costello nickte. »›Die Letzten werden die Ersten sein und die Ersten die Letzten …‹ Gott hat die Welt auf den Kopf gestellt.«
    »Und warum sollte Er das getan haben?«
    »Um uns zu bestrafen.«
    »Die Amerikaner?«
    »Ja.«
    »Was war eure Sünde?«
    »Hochmut«, sagte Costello. »Die fehlende Bereitschaft, uns Seinem Willen zu unterwerfen. Wir wandten uns von Ihm ab, also wandte Er sich von uns ab. Er sandte die Fata Morgana und übergab euch Leuten die Kontrolle.«
    »Die Araber sind Instrumente von Gottes Zorn?«
    »So was in der Art.«
    »Und diese Gangster, die Ihre Verlobte in Gaza-Stadt ermordet haben. Handeln auch sie im Auftrag des Herrn?«
    Costello schwieg.
    »Und wenn Sie das glauben«, hakte Mustafa nach, »warum dann gegen uns kämpfen? Was ergibt es für einen Sinn, ausgerechnet Gottes Bevollmächtigte zu terrorisieren?«
    »Es geht gar nicht um Sie «, sagte Costello. »Es geht um uns. Darum, unseren Glauben unter Beweis zu stellen.«
    »Durch Mord?«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es mir leidtut.«
    »Dr. Costello …«
    »Es tut mir leid wegen Ihrer Frau. Es tut mir leid, dass Sie leiden müssen. Das meine ich ehrlich … Aber es spielt keine Rolle. Sie würden so oder so leiden. Ihre Seelenqualen sind nicht Teil der Fata Morgana. Sie sind einfach Ihr Schicksal.«
    »Mein Schicksal.«
    »Sie alle«, sagte Costello. »Sie sind die Verlierer. Es ist ungerecht, aber es ist eben so, wie es ist: In Gottes Plan gibt es Gewinner und Verlierer, und Sie sind die Verlierer. Sie sind die Verlierer. Das ist die Realität … Und wir werden so viele von Ihnen töten, wie es eben nötig ist, um wieder dorthin zu gelangen.«
    Während er sich das anhörte, wurde sich Mustafa wieder der

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