Mirage: Roman (German Edition)
Verhandlungen«, erklärte Mustafa ihm. »Und ich war Teil der Truppe, die den Durchsuchungsbefehl gegen die Hakum-Fabrik vollstreckt hat. Ich habe bei der Gelegenheit versucht, mit Ihnen zu sprechen, aber Ihre Anwälte haben das nicht erlaubt.«
»Jammerschade. Ich hätte Ihnen sagen können, dass Sie Ihre Zeit verschwendeten. Aber ich vermute, das haben Sie schließlich selbst gemerkt.«
»Das kann man wohl sagen.« Die in der Nähe der StadtMusayyib gelegene Mineralwasser-Abfüllfabrik Hakum war von mehreren zuverlässigen Informanten als eine geheime Destillerie identifiziert worden, die Tausende von Litern Branntwein produzierte, aber eine zweitägige Durchsuchung hatte nicht einen einzigen Tropfen Alkohol zutage gebracht. Die Aktion war für die Halal recht peinlich gewesen, und eine von der Fabrikleitung angestrengte Klage hatte die Entlassung eines von Mustafas Vorgesetzten zur Folge gehabt.
»Und jetzt arbeiten Sie für den Heimatschutz«, sagte Saddam. »Eine gewiss weit befriedigendere Tätigkeit … Und wie ich von meinem Sohn höre, arbeiten Sie für den Präsidenten?«
Mustafa nickte. »Ein Spezialauftrag.«
»Und Sie brauchen meine Hilfe?« Saddam hob die Augenbrauen, als staunte er darüber, dass ein einfacher Palastbesitzer wie er irgendetwas zu bieten haben könnte.
»Ich glaube, Sie könnten mir bei meinen Ermittlungen helfen, ja.«
»Dann wird es mir eine Freude sein. Kommen Sie, gehen wir in mein Arbeitszimmer.«
»Wenn ich etwas fragen dürfte …«, sagte Mustafa.
»Ja?«
»Der Junge dort drinnen. Wer ist das?«
»Sein Name ist Stuart. Er ist der Sohn eines Engländers, mit dem ich geschäftlich zu tun habe. Er wohnt bei mir, bis der Handel abgeschlossen ist, um zu gewährleisten, dass alles reibungslos über die Bühne geht.«
Mustafa blinzelte. »Der Junge ist Ihre Geisel?«
»Mein geehrter Gast«, sagte Saddam Hussein. »Machen Sie sich keine Sorgen, man kümmert sich um ihn. Er bekommt seine Milch.« Er verstummte, und ein Schatten des Zweifels zog über sein Gesicht. »Du da!«, rief er zur Frau hinüber, die den Jungen hütete. »Kriegt er seine Milch?«
»Ja, Saddam«, erwiderte die Frau.
»Da, sehen Sie?«, sagte Saddam zu Mustafa. »Er bekommt seine Milch. Kein Grund zur Sorge!«
Saddams Arbeitszimmer ähnelte einer Einsatzzentrale, mit Plänen von Bagdad und anderen irakischen Städten an den Wänden; jeder Stadtplan war mit einer Ansammlung von Reißzwecken dekoriert. »Möchten Sie ein paar Fotos mit Ihrem Mobiltelefon schießen?«, fragte Saddam, der Mustafas Interesse bemerkte. »Ich bin sicher, Ihre ehemaligen Halal-Kollegen wären fasziniert.«
»Ganz bestimmt«, sagte Mustafa. »Aber ich bin nicht deswegen hier.«
»Gut. Sehr gut.« Saddam zog eine Schublade seines Schreibtisches auf und holte zwei Gläser mit dickem Boden und eine Flasche heraus. »Sie mögen Whisky? Ich weiß, es ist noch früh am Tag …«
»Oh, nein, danke.«
»Ich bestehe darauf. Bevor wir zum Geschäftlichen kommen, müssen Sie mit mir einen trinken.«
»Ich kann wirklich nicht«, sagte Mustafa.
»Natürlich können Sie. Halal-Beamte trinken andauernd, Ex-Halal-Beamte erst recht …«
»Ich bin ein Muslim.«
Saddam schmunzelte. »Ich auch!«, sagte er. »Aber ich bin kein Heiliger, und ich misstraue Männern, die sich so aufführen, als wären sie welche.« Er goss in jedes Glas einen Fingerbreit Whisky und schob eines über die Schreibtischplatte. »Kommen Sie. Schließen Sie sich mir bei einer kleinen Sünde an, sodass ich mich entspannen kann. Gott wird Ihnen vergeben.«
Der Whisky schmeckte bitter auf Mustafas Zunge, und er trieb ihm Tränen in die Augen, was Saddam lustig fand. »Das ist guter Stoff. Den sollten Sie gebührend würdigen!«
»Ich schätze, ich bin kein Connaisseur«, sagte Mustafa.
»Ah, aber Sie sind gut informiert.« Saddam legte eineHand auf das Päckchen, das das Kartenspiel enthielt. »Wer hat Ihnen davon erzählt? Ihr Freund Wajid Jamil vermutlich.«
»Ich stelle fest, ich bin nicht der Einzige, der gut informiert ist.« Mustafa setzte sein Glas ab, in dem sich immer noch Whisky befand. »Sie müssen wissen, dass Wajid nicht speziell Sie ausspionierte.«
»Nein?«
»Ich hatte Waj gebeten, uns bei der Ermittlung eines Phänomens zu helfen, das wir die ›Fata-Morgana-Legende‹ nennen. Eine seiner Internetz-Suchen ergab mehrere eBasar-Auktionen, darunter diese bestimmte. Als er die Absenderadresse sah, die im Konto des erfolgreichen Bieters angegeben
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