Miss Carolines verwegener Plan
„Gebieterisch aufzutreten, habe ich beim Militär gelernt“, korrigierte er sie.
„Dass Sie es nicht im diplomatischen Dienst gelernt haben, war mir klar. Diplomaten entscheiden nie etwas, ohne vorher wochenlang darüber debattiert zu haben.“
Max hatte befürchtet, sie würde sich seiner Anordnung widersetzen. Aber offenbar war sie zu erschöpft. Ohne weiter zu protestieren, lehnte sie sich zurück und schloss die Lider.
Wenig später erschien Wilson mit einem Tablett. Vor Neugier traten ihm fast die Augen aus dem Kopf. Wahrscheinlich hatte selbst sein eigentlicher Arbeitgeber Alastair Ransleigh nie so spät eine junge Dame aus gutem Hause zu Gast gehabt.
Max befahl ihm, das Tablett auf dem Tisch abzusetzen und dann draußen nach einer Droschke zu suchen.
Während er zusah, wie Caroline gehorsam etwas Schinken und Brot aß und sich ein Glas Wasser eingoss, sagte er: „Lassen Sie mich zusammenfassen, was Sie mir gesagt haben. Sie möchten, dass wir schnellstmöglich heiraten, damit die Verfügungsgewalt über Ihr Vermögen von den Treuhändern auf mich übergeht. Dann kann Lord Woodbury das Gestüt nicht verkaufen. Von mir erwarten Sie nichts weiter, als dass ich Ihnen auf Dauer die Mittel zur Verfügung stelle, die Sie brauchen, um das Gestüt weiterzuführen. Ansonsten kann ich tun und lassen, wonach mir der Sinn steht. Ich kann nach Lust und Laune Ihr Geld ausgeben.“
„Korrekt.“
„Außerdem haben Sie nichts dagegen, dass ich mein Vergnügen suche, wo es mir behagt.“
„Ja.“ Sie errötete ein wenig, schaute ihm aber dennoch fest in die Augen.
Er trat zum Fenster und starrte in die Dunkelheit hinaus. Er musste in Ruhe über alles nachdenken. Er mochte Miss Denby, sie wirkte trotz oder gerade wegen ihrer unkonventionellen Art anziehend auf ihn. Aber er verspürte genauso wenig Lust zu heiraten wie in Barton Abbey, wo er ihr nur aus einem einzigen Grund einen Antrag gemacht hatte: Es war die unumstößliche Pflicht eines Gentleman, das zu tun, wenn man ihn mit einer Dame in einer kompromittierenden Situation überrascht hatte. Natürlich empfand er Mitleid mit Miss Denby. Dennoch war sein erster Impuls, ihre Bitte abzuschlagen.
Dann allerdings fiel ihm ein, was Colonel Brandon gesagt hatte. Es würde leichter sein, eine gute Stellung zu finden, wenn er die Frau heiratete, deren Ruf er – wie alle Welt glaubte – zerstört hatte.
Die Geschichte von der heimlichen Verlobung, die Miss Denby sich ausgedacht hatte, würde hilfreich sein. Er konnte Jane tatsächlich bitten, das Gerücht zu verbreiten. Nach der Hochzeit würde dann kein Schatten mehr auf seiner Ehre liegen. Er bewunderte Miss Denbys Erfindungsgeist, und er amüsierte sich schon jetzt bei der Vorstellung, wie Lady Melross auf die Neuigkeit reagieren würde.
Der wichtigste Beweggrund für eine Ehe war natürlich die Tatsache, dass er dadurch Miss Denbys Ruf retten würde. Er hätte ihr gern gezürnt, weil sie ihn in eine so unangenehme Lage gebracht hatte. Aber er wusste nur zu genau, dass sie selbst ein unschuldiges Opfer war.
Es ist dieser Schurke Henshaw, der sie und mich ins Unglück gestürzt hat, dachte Max bitter.
Als Ehrenmann sah er keine Möglichkeit, ihre Bitte abzuschlagen.
Offenbar gab es keine befriedigende Lösung. Zornig starrte Max ins Feuer. In Gedanken ging er noch einmal jeden Punkt und alle Alternativen durch. Verflucht, er würde Miss Denby also doch noch heiraten müssen! Es gab nur diesen Weg. Aber war er bereit, ihn zu beschreiten?
Wenn er Miss Denby zur Gattin nahm, würde er alles tun, damit ihre Beziehung sich nicht so kalt und emotionslos gestaltete wie die seiner Eltern. Vielleicht gab es nicht viele Gemeinsamkeiten zwischen ihm und seiner Braut. Aber zumindest knisterte es zwischen ihnen, wie er aus Erfahrung wusste. Leidenschaft, Verlangen, Begierde, Lust … Das war besser als nichts.
Er wandte sich um und musterte Miss Denby. Nachdem sie ihm ihre Argumente vorgetragen hatte, war sie bereit gewesen, ihn seinen Überlegungen zu überlassen. Sie hatte ihn zu nichts gedrängt und auch nicht versucht, ihn mit Schmeicheleien oder Ähnlichem zu überreden.
Noch immer schien sie nicht zu wissen, wie hübsch und anziehend sie war. Sie gefiel ihm, aber natürlich konnte sie einem Vergleich mit der schönen Mary Langton, die in den besten Kreisen verkehrte, nicht standhalten. Früher einmal hatte er geglaubt, er würde Mary vielleicht zur Gattin nehmen und mit ihr an seiner Seite eine großartige
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