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Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Titel: Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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im Boot dichter an den Zuschauern trugen weinrote, kurze Hosen.
    »Auf dieser Seite ist das Boot von Ambrose?« fragte Alec.
    »Genau, auf der Berkshire-Seite. Die andere Bahn heißt im 85
    Volksmund die Bucks-Seite, weil sie zu Buckinghamshire gehört. An der Ziellinie wiederum landet man in Oxfordshire.
    Gegen wen tritt die Mannschaft denn an, Mr. Meredith?«
    fragte Daisy, als sie bei den anderen angekommen waren.
    »Medway. Gegen den Medway Rowing Club. Wir dachten,
    wir gehen noch ein bißchen weiter vor, Miss Dalrymple, etwas von dieser Menschenmenge weg.«
    Miss Carrick schaute sich zu ihr um. »Dann sind wir zwar nicht ganz an der Startlinie, aber wir können die Dinge besser verfolgen«, erklärte sie.
    »Da kommen wir doch mit«, sagte Daisy.
    Poindexter bahnte ihnen allen einen Weg mit dem wieder-holten Satz: »V-verz-zeihung, bi-bitte um E-e-entschuldigung.«
    Die meisten derer, die sich an der Startlinie versammelt hatten, waren junge Männer. Ohne Zweifel wollten sie ihre Freunde in diesem oder in einem anderen Durchlauf anfeuern. Es standen auch ein paar ältere Herren da, wahrscheinlich Väter von Ruderern, und einige junge Damen. Ein korpulenter Constable mittleren Alters hatte sich entspannt einige Meter entfernt auf der Wiese postiert und betrachtete wohlwollend die Menge.
    Obwohl Alec sich redliche Mühe gab, den Beamten zu
    ignorieren, traf er doch irgendwie dessen Blick. Der Polizist trat ein paar Schritte nach vorn und sagte in vertraulichem Ton: »Die jungen Herrn regen sich manchmal bißchen auf, Sir, wenn es zu ‘nem Fehlstart kommt oder so, oder wenn sie meinen, es wär ein Fehlstart gewesen.«
    Alec lächelte und nickte. Im Weitergehen fragte er Daisy:
    »Sehe ich dermaßen wie ein Polizist aus?«
    »Du weißt doch, daß du das nicht tust. Der hat das bestimmt nicht im entferntesten geahnt. Das liegt nur daran, daß du irgendwie so eine natürliche Autorität ausstrahlst. Vermutlich hast du nur den Eindruck erweckt, als fragtest du dich, was er hier macht, und da hat er es dir eben erzählt.«
    »Hauptsache, er erwartet nicht von mir, daß ich ihn aus ir-86
    gend etwas herauspauke, wenn es hier mal richtig zur Sache geht«, knurrte Alec und verbarg seine Freude. Also fand sie, er strahle natürliche Autorität aus. Das gefiel ihm gut.
    Dann zog er eine Grimasse in Richtung ihres Hinterkopfes, denn er erinnerte sich daran, daß seine Autorität, natürlich oder nicht, sie noch nie daran gehindert hatte, genau das zu tun, was ihr gerade in den Sinn kam.
    Tish, die Anführerin ihrer kleinen Truppe, hatte am oberen Ende der Insel haltgemacht, knapp hinter dem Start. Alles versammelte sich um sie herum. Man hatte von dort eine ausgezeichnete Sicht auf die Boote, die sich gerade an der Startlinie in die richtige Position brachten. Dieses Manöver erschien Alec eine ausgesprochen komplizierte Angelegenheit zu sein.
    Poindexter erklärte es ihm. »Ver-vers-stehen Sie, S-Sir, das Heck soll ei-eigentlich an der S-startli-li-linie sein, aber damit hat ein lä-längeres Boot einen V-vorteil, weil ja der erste Bu-bug über der Zielli-linie gewinnt. Also wird das lä-längere Boot zurü-rückgeholt, damit die Bu-buge in einer Li-linie stehen.«
    Alec verkniff sich die Frage, warum man dann nicht einfach beide Buge auf die Startlinie brachte. Schließlich hatte jeder Sport, jeder Beruf und jedes Handwerk seine eigenen Ge-heimregeln, die Außenstehenden völlig unverständlich waren.
    Einer der Amtsträger auf der Stewards-Barkasse hob den Arm. In das sofort eintretende Schweigen brach der Ruf eines Kuckucks ein. Daisy packte Alec am Arm, auf rührende Weise aufgeregt.
    Der Startschuß knallte. Die Ruder durchschnitten die Wasseroberfläche. Runde Rücken der Männer, angestrengt vorge-beugt. Die Boote schossen vor. In wunderschöner Gleich-mäßigkeit, so graziös wie der Flügelschlag eines Reihers, hoben sich die Ruder, schwebten durch die Luft nach hinten, tauchten wieder ins Wasser.
    Beim dritten Ruderschlag zogen die Boote an ihnen vor-
    über. »Vorne im Bug sitzt Cherry«, erklärte Daisy, »dann 87
    kommt Rollo, dann Fosdyke, schließlich DeLancey als
    Schlagmann. Er muß mit den Füßen steuern und den Schlag ausrufen, und dann … Himmel, der sieht ja ganz fürchterlich schlecht aus.«
    Noch während sie sprach wurde deutlich, daß DeLancey
    sich nicht nach vorne beugte, um den nächsten Schlag zu tun, sondern sich vor Schmerzen wand. Er ließ sein Ruder fallen, griff sich an den Kopf, um sich

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