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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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gezeigt hatte und die derzeit in einer der abgeschlossenen Schubladen von Hudsons Schreibtisch ruhten.
    »Es ist ein Code«, erklärte Rede.
    »Das weiß ich«, erwiderte Hudson stirnrunzelnd. »Kennen Sie ihn?«
    Rede schüttelte den Kopf und zuckte nervös zusammen, als es an der Tür klopfte. Es war der Constable mit dem Kohleneimer. Er tauschte ihn gegen den leeren Eimer auf dem Kamin aus und stapfte wieder von dannen, doch erst, nachdem er Rede mit einem skeptischen Blick bedacht hatte.
    Nachdem sich die Tür geschlossen hatte, wandte sich Rede wieder an Hudson. »Der Kerl hat mich aus dem Konzept gebracht. Was ich sagen wollte, da geht es um Spione, auf den Blättern da.« Er machte eine vage Geste.
    »Kann sein. Wie sind Sie da rangekommen? Über Hicks?«
    »Nee, die hab ich von einem Kerl namens Sehler aus seinem Haus da oben in Waltham Abbey, seit Samstagabend hab ich sie. Der hat für die Franzmänner spioniert, sagt Mr. Hicks. Und Mr. Hicks hat mir gesagt, ich soll die Blätter einkassieren.«
    Hudson hob spöttisch eine Augenbraue. »Zweifelsohne, indem Sie auf Ihre Erfahrung als Einbrecher zurückgegriffen haben, wie? Und wo ist Sehler jetzt?«
    »Keine Ahnung, Sir. Ehrenwort. Er war nicht zu Hause, als ich … kam, also hab ich mir einfach die Papiere da geschnappt und mich wieder aus dem Staub gemacht. Hab da bis zum anderen Morgen rumgelauert, müssen Sie wissen, aber er ist nicht gekommen. Schätze, er hat irgendwie Wind von der Sache bekommen. Er war allerdings noch nicht lange weg, als ich aufgekreuzt bin. Gab jede Menge Essen im Haus, und im Kamin brannte Feuer. Alles sehr behaglich.«
    »Hm. Ja.« Hudson schwieg einen Augenblick. Männer von Redes Schlag kannte er zur Genüge: kleine Gauner, die rekrutiert wurden, um vertrauliche und mitnichten legale Aufgaben für Leute zu erledigen, denen entweder das Risiko, erwischt zu werden, zu groß war, oder die gewisse dafür unerlässliche Fertigkeiten nicht besaßen. »Woher wussten Sie, wo Sie die Papiere finden würden?«
    Rede lächelte bescheiden und setzte sich aufrechter hin. »Nun, das ist kein Kunststück, wenn man ein bisschen … Erfahrung hat. Neun von zehn Mal liegt alles, wonach man sucht, in einer Truhe, alles schön ordentlich verräumt. Und wenn es da nicht ist, liegt es wahrscheinlich unter dem Bett oder in einer Schreibtischschublade. Und bei den Ladys im Toilettentisch. Sehler war ein wenig vorsichtiger vorgegangen, obgleich wohl keiner eine Kiste hinten im Kleiderschrank als originelles Versteck bezeichnen würde.«
    »Und ich vermute mal, das Schloss an der Eingangstür hat auch keine unüberwindliche Hürde dargestellt.«
    »Eigentlich nicht, Sir.«
    »Hm.« Die Briefe waren mit einem dunkelroten Samtband zusammengebunden. Hudson spielte daran herum, bevor er das Bündel wieder zusammenschnürte. »Sieht aus, als hätte Mr. Sehler was von einem Dandy. Es sei denn, das war Ihr Werk.«
    »Ich doch nicht«, erwiderte Rede mit spöttischem Lächeln.
    Hudson lehnte sich im Stuhl zurück, dann öffnete er eine seiner Schubladen und nahm eine Flasche und ein Glas heraus. »Nun, ich weiß nicht, was sich bei der Sache ergibt, Rede, aber Sie haben gute Arbeit geleistet.« Er schenkte ein wenig der klaren Flüssigkeit ein. »Ich finde, Sie haben sich Ihr Glas verdient - ich nehme an, Gin geht in Ordnung für Sie?«
    »Klar doch, Sir.« Rede nickte; sein Blick war starr auf das Glas gerichtet. »Ich hab zufällig eine Schwäche für Gin. Vielen Dank.«
    »Ich brauche eine Beschreibung von Sehler«, ließ sich Hudson vernehmen, »alles, was Sie über ihn wissen. Die geben Sie einem meiner Schreiber, bevor Sie gehen.« Er wartete, bis Rede abermals nickte, und schob dann das Glas über den Tisch.
    Rede hielt es mit beiden Händen fest. »Und Mr. Hicks sagt, er kommt selber, sobald er kann. Ich erwarte ihn in den nächsten Tagen in der Stadt. Er wird Ihnen mehr über Sehler sagen können, vermute ich mal. Ein sehr ehrenwerter Mann, dieser Mr. Hicks - sehr pflichtbewusst.« Er hob sein Glas. »Nun denn, Prost, Sir. Auf Ihr Wohl.«

16
    Im Frühstückszimmer griff Charlotte gerade nach der Marmelade, als sie ihren Cousin in Stiefeln die Treppe hochgehen hörte. Sogleich sprang sie auf, ließ den Löffel fallen und rannte ihm hinterher, ohne auf die Rufe ihrer Schwester zu achten. Als sie den Treppenabsatz erreichte, verschwand Holland soeben in seine Kammer. Aber sie lief ihm nach und warf sich auf sein Bett. »Was ist denn passiert?«, wollte

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