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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
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schwarzen Gummiband zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, und ihre blauen Augen kamen durch ihre gesunde Bräune noch besser zur Geltung.
Allerdings fiel ihm auf, dass ihre Gesichtsfarbe noch kräftiger war als sonst. »Was ist denn mit dir los?«, fragte er besorgt.
    »Du bist ja ganz rot im Gesicht.«
    »Kein Wunder«, entgegnete sie lächelnd. »Ich bin die ganze Strecke von zu Hause hierher gelaufen, und deshalb muss sich mein Puls erst wieder einpendeln. Hat genau vierundzwanzig Minuten gedauert.« Sie zwinkerte. »Na, wie sieht’s aus? Jetzt, wo du nicht mehr rauchst, könntest du doch wieder mal mit mir laufen gehen?«
    »Das habe ich ja bereits einmal probiert. Im Golden Gate Park. Erinnerst du dich noch?«
    »Ja. Du hast geschummelt und den Bus genommen.«
    »Woher weißt du das?«
    Sie zwinkerte wieder. »Ganz einfach. Als du hinterher in Betty’s Diner gekommen bist, warst du weder außer Atem noch verschwitzt, und dein Gesicht war so blass wie immer.«
    Er überlegte, was er darauf antworten könnte, doch plötzlich rief Melba durch die Bar: »Samuel, Telefon für dich. Es ist Rosa María.« Blanche reichte ihm den Apparat, der hinter der Bar stand.
    »Hallo, Mrs. Rodríguez, hier ist Samuel Hamilton. Wie geht’s Ihnen?«
    »Mein Sohn Marco möchte Ihnen etwas Wichtiges erzählen, Mr. Hamilton. Könnten Sie bei Gelegenheit im Markt vorbeischauen? «
    »Sicher, wann?«, fragte Samuel.
    »Marco kommt immer gegen drei von der Schule nach Hause. Wie wär’s morgen um vier? Es geht um einen seiner Freunde. Besser, Sie lassen es sich von ihm selbst erzählen, bevor ich etwas durcheinanderbringe.«
    »Geht in Ordnung. Dann also morgen um vier.«
    »Ja. Bis morgen.«
    Samuel bestellte sich einen weiteren Scotch und ging ein paar Minuten lang seine Notizen durch. Dann fragte er Blanche, ob
er das Telefon noch einmal haben könne. Er erreichte Dominique erst, als er die zweite ihrer Nummern wählte, und teilte ihr mit, dass er das Interview mit ihr verschieben müsse. Sie vereinbarten einen neuen Termin, und er legte auf.
    »Da scheint sich ja einiges zu tun«, bemerkte Blanche, der Melba von der Geschichte mit den gefrorenen Leichenteilen erzählt hatte.
    »Allerdings. Auf einmal überstürzen sich die Ereignisse. Anscheinend hat mir Mrs. Rodríguez’ Sohn etwas Wichtiges zu berichten.«
    »Warum nennst du sie nicht einfach Rosa María?«
    »Weil ich sie dafür noch nicht gut genug kenne.«
    »Sie mag vielleicht ein bisschen förmlich erscheinen, aber sie ist schwer in Ordnung.«
    »Ich war mit deiner Mutter sogar schon bei ihr zum Essen.«
    »Hab ich gehört. Wer ist übrigens Dominique?« Blanche gab sich Mühe, nicht zu neugierig zu erscheinen.
    Das machte Samuel neue Hoffnung. Sollte sie etwa eifersüchtig sein, weil er mit einer Frau telefoniert hatte, die sie nicht kannte? Er behielt ihr Mienenspiel scharf im Auge, als er ihr erklärte, wer Dominique war und welcher Art ihre Beziehung zu dem kleinwüchsigen Prediger. Und er vergaß auch nicht, zu erwähnen, dass manche Leute sie für eine Hexe hielten.
    »Eine Hexe? Soll das heißen, sie braut Zaubertränke und veranstaltet irgendwelchen Hokuspokus?«
    »Sie praktiziert schwarze Magie, habe ich mir sagen lassen.«
    »Ist das nicht verboten?«
    »Meines Wissens schon. Aber ich interessiere mich weniger deswegen für sie als wegen einer Reihe von Informationen, die ich mir von ihr erhoffe.«
    »Was für Informationen? Willst du etwa einen Liebestrank von ihr?«, fragte Blanche kichernd.
    Samuel errötete, weil er tatsächlich schon mit dem Gedanken gespielt hatte, Dominique diesbezüglich um Rat zu fragen.

    »Würde so ein Trank denn etwas nützen?«, fragte er zaghaft.
    »Ach, lass mal. Ich zieh dich doch nur auf.«
    »Habe ich mir fast gedacht.« Er wischte mit dem Finger den Feuchtigkeitsbeschlag von seinem Glas und nahm einen letzten Schluck daraus.
    Am nächsten Tag kamen Rosa Marías Kinder kurz nach vier Uhr ausgelassen in den Mi Rancho Market gestürmt, wo sich Samuel bereits an Ladentisch mit ihrer Mutter unterhielt. Sie schienen sich aufrichtig zu freuen, ihn zu sehen, und Marco schüttelte ihm die Hand, nur die kleine Ina war in seiner Gegenwart immer noch sehr schüchtern und versteckte sich wieder hinter ihrer Mutter. Dann zogen sie sich in das Büro des Ladens zurück, um dort eine Kleinigkeit zu essen. Rosa María ging ihnen zwei Gläser Milch holen und fragte Samuel, ob er einen Kaffee wolle, was er jedoch dankend ablehnte.
    »Und jetzt

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