Mission Ares
Eistüte auf, JK Lee beugte sich vor und lachte leise. »Mein Gott, ist das Ding häßlich. Und die Entwicklungsanstrengungen wären eh für die Katz’.«
»Wieso denn?«
»Das Ding ist ein Bastard. Zu viele Köche verderben den
Brei. Man müßte einen neuen Werkstoff für den Hitzeschild entwickeln, um diese große Fläche abzudecken. Und man müßte einen Lifting Body konstruieren, der in der Mars-Atmosphäre flugtauglich wäre. Und man müßte auch gleich eine neue Landekapsel entwickeln. Und wozu?«
»Was würden Sie also tun?«
»Ich? Wenn ich Grumman wäre? Ich würde den
Konstrukteuren sagen, sie sollen den Nachtisch weglassen und sich nur aufs Hauptgericht konzentrieren. Man müßte einen Ansatz wählen und diesen konsequent verfolgen. Wenn man einen Lifting Body bauen will, na schön. Aber diese Mond-Stelzen? Nein danke.«
Die Delegation von Boeing hielt sich mit Details zu ihrem Landefahrzeug zurück; statt dessen konzentrierten sie sich auf den Eintritt in die Atmosphäre. Ihr MEM würde aus dem Orbit absteigen, in die Atmosphäre eintreten und dann, in etwa zehn Kilometern Höhe, würde es einen Ballonschirm – eine Kombination aus Ballon und Fallschirm – entfalten. Das große, aufblasbare Segel würde in der dünnen Luft eine Bremswirkung erzielen. Dann würden Fallschirme, die sich in einer exakt berechneten Reihenfolge entfalteten, das Gerät so dicht zur Oberfläche hinunterbringen, daß Bodeneffekt-Raketen schließlich eine sichere Landung gewährleisteten.
Das Problem war nur, daß noch niemand einen Ballonschirm hergestellt, geschweige denn im Windkanal getestet hatte.
Zumal es ohnehin unmöglich war, ihn in der dichteren ErdAtmosphäre zu erproben.
Großen Raum in der Boeing-Präsentation nahmen die
Techniken des Zusammenlegens von Fallschirmen ein. Es war sterbenslangweilig. Gershon zwang sich zwar, Notizen zu machen, doch wenn er dann auf den Notizblock schaute, war er nicht einmal imstande, das Gekrakel zu lesen.
Die dritte Präsentation erfolgte von Rockwell selbst; das Unternehmen wurde von Langley und vom JPL unterstützt.
Und sie stellte auch die plausibelste Option vor. Basis war ebenfalls ein Lifting Body, der jedoch fortschrittlicher war als Grummans primitiver Halbkegel: es handelte sich um eine bikonische Konstruktion, einen Kegelstumpf, der von einer spitzen Nase gekrönt wurde. Das MEM war in der Lage, direkt von der Erde kommend in die Marsatmosphäre einzutreten, ohne daß es zuvor in einen Parkorbit um den Mars hätte gehen müssen. Mit dem Steuerknüppel und den Pedalen für die Steuerruder hatte der Pilot den Doppelkegel hundertprozentig unter Kontrolle. Das Raumschiff würde einem komplizierten Eintrittspfad folgen, wobei es durch wiederholte Luftbremsung die Geschwindigkeit aufzehrte und zwischendurch Wärme abführte. Der Doppelkegel würde mit der Grundfläche nach unten landen und wäre gleich wieder startbereit.
Doch es gab auch Schwachpunkte. Die Elektronik war derart komplex, daß die Astronauten nicht imstande waren, das Ding im Fall eines Computerabsturzes manuell zu landen. Zudem boten die vielen gekrümmten Flächen der Luft einen großen Widerstand, weshalb fast die ganze Fläche des Doppelkegels mit Hitzeschilden verkleidet werden müßte.
Der Doppelkegel erschien Gershon wie ein Hybride aus
Langleys traditioneller Ausrichtung auf Flugzeuge und die Expertise von JPL in Cybernetik und Computertechnik, wobei diese Punkte mit Rockwells unersättlichem Appetit auf üppige und ehrgeizige Entwicklungs-Etats verquirlt worden waren.
Bei der Betrachtung der Präsentation spürte Gershon ein
merkwürdiges Jucken in Händen und Füßen.
Lee grinste ihn an. »Ich sehe es an Ihrem Blick. Sie würden das Ding gern direkt zum Mars fliegen und vielleicht noch ein paar Kreise über Olympus Mons ziehen.«
»Ja, ja.«
Lee wedelte mit der Hand. »Ich will mich nicht über Sie
lustig machen. Aber Sie müssen bedenken, daß wir hier über eine Entwicklungsdauer von mindestens zwanzig Jahren reden.
Das nehme ich jedenfalls an. Mein Gott, bisher hat noch
niemand einen Doppelkegel geflogen. Nicht einmal ein abgefucktes Sperrholzmodell. Es sei denn, die Russen hätten etwas am Kochen, was ich aber nicht glaube.
Und dann reden Sie davon, einen Doppelkegel zu bauen und damit zum Mars zu fliegen. Was wissen wir denn schon von der Atmosphäre des Mars? Junge, wenn Sie sehen wollen, wie Ihr Enkel im roten Staub landet, dann investieren Sie Ihr Geld in einen
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