Mission Munroe. Die Sekte
Schwäche verfluchen und sich ununterbrochen fragen, ob er das Richtige getan hatte.
Die Mündung bohrte sich unverändert in Munroes Hinterkopf, und sie starrte nach draußen, zum Fenster hinaus, in die Nacht. Während das zweite Paar Hände sich grob und wütend zugleich an ihr zu schaffen machte und sie absuchte, stahl sich ein trauriges Lächeln auf ihr Gesicht.
Irgendwann würde Bradford begreifen, dass er keine Wahl hatte. Sie war in dieses Hotel gegangen, sie hatte dieses Zimmer im zweiten Stock betreten, im vollen Bewusstsein der Tatsache, dass sie damit in einer Sackgasse landete. Es war eine bewusste Entscheidung gewesen, wie auch jene, sich nicht zu wehren oder zu kämpfen. Sie wollte, dass Bradford genügend Abstand zwischen sich und das Hotel brachte. Aber letztendlich, wie auch immer diese Nacht enden würde, was immer ihre Gründe gewesen waren, Bradford würde leiden, und das war der einzige Gedanke, der ihr Schmerzen und Kummer bereitete.
Die Hände entdeckten die Bersa und die Messer. Nahmen sie an sich. Munroe spannte die Muskeln. Wartete. Und dann wurde es schwarz um sie herum.
Kapitel 32
Mit schlingerndem Heck raste Bradford aus der Gasse hinaus auf die schmale Seitenstraße, weg vom Hotel, weg von Munroe und hin zu seinem Ziel.
Er keuchte schwer. Zu schwer. Er musste sich unbedingt beruhigen. Er konnte nicht denken, sich nicht konzentrieren. Sie hatte ihm eindeutig zu verstehen gegeben, was sie wollte. Mach weiter, genau nach Plan . Also folgte er dem Plan, fuhr weiter, auf Autopilot, während jeder Muskel, jede Nervenzelle in seinem Inneren das Gegenteil verlangte.
Er hatte einen Partner zurückgelassen. Nein, mehr als das: Er hatte Michael zurückgelassen.
So funktionierte das nicht. So etwas machte man einfach nicht. Es war falsch. Er musste umkehren, kämpfen, sie beschützen, weil sie sich selbst nicht beschützen wollte. Michael war wichtig, viel wichtiger als dieses Mädchen, für das sie gerade ihr Leben opferte.
Bradford bog nach links ab auf die Hauptstraße, reihte sich als ein Taxi unter vielen in den spätnächtlichen beziehungsweise frühmorgendlichen Verkehr der Stadt ein. Er nahm den Fuß vom Gaspedal, wenn auch nur ein bisschen. Mit jeder Sekunde entfernte er sich weiter von Munroe, vorausgesetzt, sie war überhaupt noch am Leben.
Sein Verstand setzte wieder ein.
Natürlich war sie noch am Leben. Sie war in den Hundezwinger gestiegen und hatte dem großen, bissigen Köter
den Knochen weggenommen. Und dieser Köter wollte jetzt wissen, wo der Knochen war und wie er ihn wiederbekam.
Diese Erkenntnis war allerdings ein zweischneidiges Schwert. Zum einen war es eine Erleichterung, dass Michael lebte und noch eine ganze Weile am Leben bleiben würde. Aber gleichzeitig war es die reine Folter zu wissen, was passieren würde, wenn sie keine Informationen preisgab. Nicht nur, weil sie nicht wollte, sondern auch, weil sie gar nicht konnte.
Sie hatte vorausgesehen, dass es so kommen würde. Deshalb hatte sie alle konkreten Planungen bezüglich Hannahs Transport in Bradfords Hände gelegt. Sie wusste nur, dass er sie ins benachbarte Montevideo bringen wollte, mehr nicht, nicht einmal mit welchem Verkehrsmittel.
Außerdem kannte Munroe die Spielregeln. Solange die anderen glaubten, dass sie wusste, was sie wissen wollten, würden sie versuchen, ihren Willen zu brechen. Je länger sie also am Leben blieb und die anderen auf eine falsche Fährte schicken konnte, desto sicherer war Hannah.
Bradford fuhr auf den Parkplatz und stellte das Taxi neben dem Peugeot ab. Er drehte sich zur Rückbank mit dem kleinen, hilflosen Bündel um und starrte das Mädchen etliche Sekunden lang an. Dann stieg er aus und öffnete die hintere Tür.
Er schnitt die Knoten auf und schlug die Laken beiseite. Das schlafende Mädchen sah so klein aus, so zerbrechlich. Sie war eindeutig Logans Tochter. Bei ihrem Anblick kochte die Wut in ihm hoch, was seine innere Zerrissenheit noch verstärkte.
Regungslos stand Bradford da, gefangen im Fadenkreuz seiner Pflichten.
Das Mädchen atmete regelmäßig, während er krampfhaft überlegte, wie er seine Pflicht erfüllen konnte, ohne Munroe den Folterwerkzeugen der Cárcan-Familie auszuliefern.
Er nahm Hannah in den Arm und trug sie von einem Auto ins andere. Ließ alles, was im Kofferraum lag, zurück. Warf die Schlüssel für das Taxi unter den Beifahrersitz und setzte sich in den Peugeot.
Er würde es tun.
Entgegen all seinen Instinkten würde er sich an
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