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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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für Logan auf einen Zettel und steckte ihn in seinen Reisepass. Dann legte sie alles wieder zurück unter die Matratze, schlüpfte aus ihren Kleidern, suchte in Logans Koffer nach Ersatz und zog sich um. Die blutverschmierten Sachen stopfte sie in einen Rucksack und setzte ihn auf. Insgesamt war sie vier Minuten im Zimmer gewesen.
    Im Haupthaus suchte sie nach der Besitzerin, ignorierte ihre verschreckte Reaktion ebenso wie die Blicke etlicher anderer Gäste, und hinterließ eine Nachricht für Logan und Gideon. Falls die beiden noch am Leben waren, würden sie bald auschecken. Logan hatte das Notfallhandy vermutlich immer noch bei sich, also war das der schnellste Weg, um Bradford mitzuteilen, dass es auch ihr gut ging.
    Logans Geld würde für ein Taxi zum Hafen und ein Ticket für die Überfahrt nach Montevideo, in die Hauptstadt des benachbarten Uruguay, reichen. Die Fähre brauchte nur etwa drei Stunden. Allerdings war das Ticket nutzlos, solange sie keine Papiere hatte. Daher würde sie für die Überfahrt vermutlich deutlich länger brauchen.
    Als Munroe auf die Straße trat, saß der Russe immer noch in seinem Wagen am Straßenrand, genau dort, wo sie angehalten hatte. Er war mittlerweile auf den Fahrersitz gerutscht und starrte zur Windschutzscheibe hinaus. Den Motor hatte er ausgeschaltet. Zwar waren noch nicht einmal zehn Minuten vergangen, seit Munroe ausgestiegen
war, aber für einen Mann, der – so musste er es zumindest sehen – nur knapp einem Gewaltverbrechen entgangen war, waren zehn Minuten zehn Ewigkeiten. Sie hatte eigentlich erwartet, dass er die Zeit nutzen würde, um so viel Abstand wie möglich zwischen sich und das Gasthaus zu bringen. Um sich anschließend vielleicht etwas Hochprozentiges in die Kehle zu schütten.
    Der Mann machte allerdings keinen traumatisierten Eindruck, und bis auf die Tatsache, dass er immer noch da war, deutete auch nichts auf einen Schock hin. Munroe fluchte stumm und ging langsam und vorsichtig auf den Wagen zu. Sie hatte keine Zeit zu verlieren, aber der Russe war hier, weil sie ihn hierhergelotst hatte, also konnte sie auch nicht einfach verschwinden.
    Munroe klopfte an das Beifahrerfenster. Der Mann drehte den Kopf, als hätte er auf sie gewartet, und freute sich, sie wiederzusehen.
    »Was ist denn passiert?«, fragte er. »Stecken Sie in Schwierigkeiten?«
    Mit derartigen Fragen hatte sie zwar nicht gerechnet, aber wenn sich schon eine solche Gelegenheit bot, dann wollte sie sie nutzen. »Würden Sie mich vielleicht mitnehmen?« , sagte sie.
    Er öffnete die Beifahrertür, und sie stieg ein.
    »Wir Russen müssen zusammenhalten«, meinte er, und Munroe wählte den Weg des geringsten Widerstandes und grinste stumm. Ihre Reaktion war weder Widerspruch noch Bestätigung, und er würde daraus ableiten, was ihm am besten passte. Uneindeutigkeit war so viel einfacher als die Wahrheit. Es hätte unendlich viel Mühe und Zeit gekostet, ihm begreiflich zu machen, dass sie noch nie in Russland gewesen war, dass sie eine natürliche Begabung
für Sprachen besaß und dass er sie nur deshalb für eine Landsmännin hielt, weil sie im zweiten Jahr auf dem College vier Monate lang mit einem Typen aus St. Petersburg zusammen gewesen war.
    Es war besser, einfach bloß zu grinsen.
    Der Mann drehte den Zündschlüssel, und Munroe nannte als Ziel den Buquebus-Terminal am südlichen Ende des Hafens. Buquebus war das Fährunternehmen, das unter anderem die Fähren nach Uruguay betrieb. Der Russe schien den Weg zu kennen. Er fuhr ohne Zögern los, fragte nicht einmal nach der Strecke und schwieg während der ersten Minuten.
    »Wenn Sie Schwierigkeiten haben, vielleicht kann ich Ihnen helfen«, sagte er dann. »So fern der Heimat müssen wir zusammenhalten.«
    »Ich hatte einfach einen miesen Vormittag, mehr nicht«, erwiderte sie. »Ich muss mich mit ein paar Freunden treffen. Wenn ich sie gefunden habe, ist alles in Ordnung.«
    »Sind Sie sicher?«, hakte der Mann nach.
    Munroe nickte, und er sagte nichts mehr.
    Der Hafen schloss sich direkt an die breiten, lebhaften Straßen von Puerto Madero an, als hätte die Stadt beschlossen, ihrem Leben ein Ende zu setzen und sich in das schokoladenbraune Wasser zu stürzen, um im letzten Augenblick doch nur auf Zehenspitzen hineinzuwaten und sich vor dem endgültigen Schlusspunkt noch ein paar allerletzte Häuser hinzuzufügen.
    Der Buquebus-Terminal mit seiner modernen Glasarchitektur und den Passagierbrücken, die vom ersten Stock

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