Mission Munroe. Die Sekte
hoffen, dass es so war –, musste sie auf Nummer sicher gehen.
Der Portier konnte sein Entsetzen über ihr Aussehen nur schlecht verbergen und zeigte keinerlei Entgegenkommen. Ja, das Zimmer war für eine Woche im Voraus bezahlt worden, aber da sie nicht beweisen konnte, dass sie es bewohnte, und da er sie nicht erkannte, konnte er auch nichts für sie tun.
Der hochbrisante biochemische Cocktail, der, ausgelöst durch die Ereignisse des frühen Morgens, immer noch durch Munroes Körper tobte, machte jedes auch nur halbwegs freundliche Gespräch mit einem arroganten Schnösel wie diesem absolut unmöglich.
Kapitel 35
Selbst an einem ihrer besten Tage brachte Munroe nur wenig Geduld für Machtspielchen mit Ignoranten und arroganten Angebern auf, und der heutige Tag war alles andere als ihr bester. Sie nahm das Messer, das sie dem Cárcan-Boss abgenommen hatte, ließ die Klinge aufschnappen, beugte sich über den Tresen und zischte dem Portier eine anschauliche Beschreibung dessen zu, was sie mit ihm anstellen würde, wenn sie ihn nach der Arbeit alleine erwischte. Es dauerte nur einen Augenblick, dann gab er nach.
Mit dem Schlüssel in der Hand lief Munroe, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Es war ein Wettrennen mit der Zeit, mit dem Sicherheitsdienst, der sich schon bald auf den Weg machen würde, und mit der Polizei, die womöglich auch demnächst hier auftauchte.
Munroe öffnete die Tür und stand in einem leeren Zimmer. Alles war aufgeräumt und sauber gemacht, allerdings nicht in der Art, wie Zimmermädchen sauber machen. Eher im Stil von Elitesoldaten. Es gab nicht den geringsten Hinweis darauf, dass sie oder Bradford jemals hier gewesen waren. Munroe ging direkt ins Badezimmer, würdigte ihr Spiegelbild keines Blickes und hob den Deckel des Spülkastens hoch. Auch ihr Geld und ihre Papiere waren verschwunden.
Erleichtert setzte sie den Deckel wieder an Ort und Stelle. Bradford war abgereist. Er hatte sich an den Plan gehalten.
Ohne Geld und ohne Papiere würde es nicht einfach werden, das Land zu verlassen und ihn zu finden, aber so und nicht anders wollte sie es haben.
Munroe warf den Zimmerschlüssel aufs Bett, ließ die Tür einen Spalt offen stehen und drückte sich in eine Nische kurz vor der Treppe. Sie war eineinhalb Minuten lang im Zimmer gewesen, also eine komplette Minute länger als akzeptabel. Die Fahrstuhltür ging auf, und zwei Uniformierte hasteten vorbei. Vor der Zimmertür blieben sie kurz stehen, dann stießen sie sie mit einem Fußtritt auf. Munroe huschte ins Treppenhaus.
Sie rannte bis ins Erdgeschoss, durch das Foyer nach draußen, wandte sich nach links und eilte mit hastigen Schritten vorwärts. Ohne anzuhalten lief sie an dem gestohlenen Wagen vorbei, wurde ein wenig langsamer und ging auf einen Mann zu, der einige Meter entfernt gerade dabei war, in sein Auto zu steigen.
Sie zeigte ihm das Messer, befahl ihm, auf den Beifahrersitz zu rutschen, und stieg hinter ihm ein.
Sie hatte den Entschluss innerhalb von Sekundenbruchteilen gefällt, aber Munroe verabscheute, was sie da tat. Eigentlich hätte sie sich anders zu helfen wissen müssen, als ein Auto zu entführen, um von einem Ende der Stadt ans andere zu gelangen. Ganz egal, was sie war, aber auf keinen Fall eine gewöhnliche Autodiebin. Irgendwelchen Wildfremden aufzulauern, die für ihre Notlage nicht das Geringste konnten, war nicht ihr Stil.
Im Normalfall hätte sie lediglich ein paar aufmerksame Beobachtungen, das eine oder andere Lächeln und schließlich eine rührselige Geschichte gebraucht, um eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen. Aber da kein Mensch freiwillig Frankensteins Monster zu sich in den Wagen gelassen
hätte, blieb ihr mit ihrem Gesicht nur die Möglichkeit, jemanden zu zwingen oder in einer beweglichen Zielscheibe unterwegs zu sein.
Mit einem brutalen Tritt aufs Gaspedal jagte Munroe los, bis sie genügend Abstand zwischen sich und das Hotel mitsamt seinen sämtlichen eventuellen Sicherheitsdiensten gebracht hatte. Erst als sie sich sicher genug fühlte, verlangsamte sie das Tempo, bis es sich nur noch im Rahmen des allgemein akzeptierten Irrsinns bewegte.
Der Mann auf dem Beifahrersitz drückte sich gegen die Tür, als wollte er mit ihr verschmelzen, und starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an. Er sah zu Tode erschrocken aus und stammelte irgendwelche Laute, als ob er mit einem eingebildeten Freund redete.
»Ich tu Ihnen nichts«, sagte sie, aber er brabbelte weiter, als
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