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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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er ihr kaum etwas erzählt.
    »Ich habe vier Jahre gebraucht, bis ich Charity so weit hatte, dass sie die Sekte verlässt«, sagte Logan. Er tippte sich an den Kopf. »Das größte Problem für viele von uns sind die Barrieren hier drin. Es dauert sehr lange, bis die Angst und die Schuldgefühle überwunden sind, die sie uns durch lebenslange Manipulation eingepflanzt haben … vor allem, wenn dir alles, was du über die Welt da draußen zu hören bekommst, eine tödliche Angst einjagt. Jedenfalls hatte ich für Charity schon eine Wohnung und einen Job besorgt und für Hannah eine Tagesmutter in Aussicht.
Aber als Charity dann endlich den Sprung gewagt hat, ist plötzlich David aufgetaucht. Fünf Monate danach hat er Hannah einfach mitgenommen und ist wieder zurückgegangen.«
    »Was soll das heißen, ›er ist plötzlich aufgetaucht‹?«
    »David war Charitys Freund, aber nicht Hannahs Vater«, erklärte Logan. »Er und Charity waren damals noch nicht so lange zusammen, ein Jahr vielleicht, wenn überhaupt. Er ist also gewissermaßen auf einen fahrenden Zug aufgesprungen.«
    »Bist du sicher, dass er nicht Hannahs Vater ist? Absolut sicher?«
    »Laut Charitys Aussagen ist er es nicht.«
    »Und woher nimmt er sich dann das Recht, sie einfach mitzunehmen?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Logan. »Er hat kein Recht dazu. Er hat sich ihren Reisepass geschnappt, eine Vollmacht gefälscht, sie über die Grenze gebracht, und dann ist er mit ihr in Südamerika untergetaucht.«
    »Es war also kein Sorgerechtsstreit zwischen zwei Elternteilen ?«
    »Keine Spur«, meinte Logan. »Das war nichts anderes als eine Kindesentführung.« Er unterbrach sich, suchte nach Worten. »Wenn man ausbricht, ist es nicht immer einfach, mit beiden Beinen auf der Erde zu bleiben«, fuhr er dann fort. »Das Leben kommt so schnell auf einen zu, es gibt so vieles, worauf man nicht vorbereitet ist, und manchmal kommt man sich vor, als wäre man unter Wasser und müsste jeden Tag wieder neu versuchen, an die Oberfläche zu kommen, um nach Luft zu schnappen. Aber ich hatte ja für Charity schon alles Mögliche vorbereitet. David hätte diese Probleme nicht in dem Ausmaß gehabt. Wenn
er außerhalb der Sekte wirklich etwas mit seinem Leben hätte anfangen wollen, hätte er dazu mehr Möglichkeiten gehabt als wir alle zusammen. Er hatte es vergleichsweise einfach …«
    Heidi, die Projektmanagerin, die neben Gideon saß, schaltete sich ein. »Aber David hat sowieso nie richtig zu uns gepasst«, sagte sie.
    »Du hast ihn gekannt?«, hakte Munroe nach.
    Heidi nickte. »Er war irgendwie nicht besonders engagiert, hat sich eigentlich nie richtig angestrengt und sich die meiste Zeit bei Charity durchgeschnorrt. Nicht alle kommen mit dem Leben hier draußen klar. Manche gehen auch wieder zurück. Entscheidend ist die Frage, warum sie überhaupt weggegangen sind.«
    »Und bei ihm wissen wir das nicht … wir wissen nicht, warum er mit Charity mitgekommen ist«, fuhr Logan fort. »Vielleicht hat er sie tatsächlich eine Zeit lang geliebt, vielleicht war es auch Neugier, oder es hat ihm nicht mehr gepasst, Tag für Tag schikaniert zu werden …«
    »Was nie ein guter Grund ist«, warf Heidi ein.
    »Es könnte auch sein, dass er bewusst auf Charity angesetzt worden ist, um Hannah zurückzuholen.«
    »Würden die Führer so etwas machen?«, fragte Munroe. »Wäre es denkbar, dass sie ihm so einen Auftrag gegeben haben?«
    »Sie fühlen sich jedenfalls nicht an die Gesetze der Gesellschaft gebunden«, meinte Logan achselzuckend.
    Heidi sagte: »Sie betrachten die Kinder, die innerhalb der Gruppe zur Welt kommen, eher als eine Art gemeinsamen Besitz. Selbst wenn die Anweisung nicht von den Führern stammt, selbst wenn er das Ganze auf eigene Faust geplant und durchgeführt hat – was wir bezweifeln –, haben sie ihn
seitdem sehr gut versteckt. Deswegen hat es auch so lange gedauert, bis wir Hannah ausfindig gemacht haben.«
    »Und jetzt?«
    »Wir wollen, dass du sie da rausholst.«
    Munroe legte das Foto auf den Tisch zurück und stellte Gideons Glas vorsichtig wieder darauf. Sie ließ sich an die Stuhllehne sinken und grinste. »Ihr wollt, dass ich sie entführe.«
    Das war eine Feststellung, keine Frage, und Logan wusste genau, dass dieser Satz ausschließlich an seine Adresse gerichtet war. Es war ein klassischer Munroe. Hast du dir das wirklich gut überlegt?
    Rund um den Tisch herrschte Schweigen.
    Munroe sagte: »Jetzt, wo ihr wisst, wo sie ist, wäre

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