Mission Munroe. Die Sekte
Kameras eine gewaltige Menge an Überwachungsdaten gesendet. Während Bradford sich also auf das Bett setzte, alle möglichen Geräte zusammenbaute und mit Hilfe mehr oder weniger eindeutiger Informationsschnipsel herauszufinden versuchte, was sie in der Nacht wo anbringen konnten, ging Munroe die gesammelten Daten durch und suchte nach einem Hinweis auf Hannah.
Schließlich hatte Bradford alles erledigt, was zu erledigen war. Er legte sich der Länge nach aufs Bett und – typisch für kampferprobte Soldaten, die gelernt hatten, sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit auszuruhen – schlief auf der Stelle ein.
Munroe beschäftigte sich weiter mit ihren Daten, bis sie alles abgearbeitet hatte. Sie wusste nicht, wie lange sie am Schreibtisch gesessen hatte, sie merkte nur, dass sie am ganzen Körper Verspannungen hatte und dass es still im Zimmer geworden war.
Trotz der riesigen Menge an Informationen gab es immer noch kein Anzeichen dafür, dass Hannah tatsächlich
in einer der beobachteten Oasen wohnte. Enttäuscht stand sie auf und warf das Headset mit mehr Nachdruck, als notwendig gewesen wäre, auf den Schreibtisch. Es klapperte laut, und Bradford, der mit geschlossenen Augen und hinter dem Kopf verschränkten Händen auf dem Bett lag, fragte: »Nichts?«
»Ich glaube, ich habe wirklich jedes einzelne Kind aus der ersten Oase gesehen«, erwiderte Munroe. »Aber wenn sie nicht krank im Bett liegt oder Hausarrest hat, dann wohnt sie nicht dort. Und was die Ranch angeht … die Worte sind ja klar und deutlich zu verstehen, aber solange niemand offen über eine Entführung spricht, können wir nur spekulieren.«
Bradford saß im Schneidersitz auf seinem Bett. »Dann wäre da noch die dritte Oase«, sagte er.
Sie nickte. »Mal sehen, was der heutige Abend bringt. Aber vom Gefühl her würde ich sagen, wenn sie überhaupt in Buenos Aires ist, dann auf der Ranch.«
Er zog eine Augenbraue in die Höhe, wollte mehr hören.
»Da ist einfach mehr Platz«, sagte sie. »Dort wohnen mehr Leute, und außerdem habe ich in der ersten Oase keine Kinder gesehen, die älter waren als neun oder zehn. Wenn sie die Gleichaltrigen immer zusammenstecken, müsste Hannah auf der Ranch sein.«
Bradford sagte: »Gehst du noch mal rein?«
»Selbstverständlich«, sagte sie. »Ich möchte mich dort umsehen, und außerdem habe ich eine Einladung bekommen. Das ist deutlich besser, als von einem Rudel hungriger Hunde in den Hintern gebissen zu werden.«
Sie wandte sich zum Schreibtisch. »Ganz ehrlich, ich bin wirklich bereit, den Auftrag bis zum Schluss durchzuziehen«, sagte sie, »aber ich will auch keine Zeit damit vergeuden,
einem Phantom nachzujagen. Im Augenblick haben wir nur die Aussage von Charitys Schwester, dass Hannah in Buenos Aires ist. Nichts gegen Logan oder sonst irgendjemanden, aber das ist ziemlich vage. Ich muss zuerst einmal sichergehen, dass sie wirklich hier ist, bevor ich irgendwelche Pläne mache, um sie rauszuholen.«
»Ich bin nicht besonders scharf darauf, dass du da noch mal hingehst«, sagte Bradford.
Munroe drehte sich um, stellte sich vor das Bett, kniete sich, von einem sündigen Lächeln begleitet, auf die Matratze und kroch mit langsamen, lasziven Bewegungen auf Bradford zu. Als sie fast mit den Nasen aneinanderstießen, streckte sie die Hand aus und tätschelte ihm die Wange. Die Berührung war nicht so hart, dass er sich geschlagen fühlen musste, aber doch so kräftig, dass er zusammenzuckte.
»Ich bin ein großes Mädchen«, sagte sie. »Ich kann schon alleine auf mich aufpassen.«
»Das eine kannst du dir merken«, sagte er. »Wenn ich irgendwie das Gefühl habe, dass du in Schwierigkeiten steckst oder dass du bedroht wirst, körperlich oder sonst wie, dann scheiße ich auf den Auftrag und das Mädchen und komme rein, wenn es sein muss auch mit Gewalt.«
Sie lächelte immer noch, während sie rückwärts vom Bett herunterkrabbelte. »Dafür bist du schließlich da«, sagte sie, richtete sich auf und schlüpfte, ohne ihn für eine Sekunde aus den Augen zu lassen, in den schwarzen Neoprenanzug, der heute die unterste Schicht ihrer nächtlichen Verkleidung bildete.
Kapitel 15
Kurz nach Mitternacht verließ Munroe das Hotelzimmer, und wie in der Nacht zuvor sah Bradford ihr hinterher, selbst als die Tür schon längst ins Schloss gefallen war.
Die dritte Oase schien, den Satellitenaufnahmen des Hauses zufolge, der kleinste der drei Standorte zu sein. Da Munroe die ersten beiden bereits
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