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Mission Munroe. Die Sekte

Mission Munroe. Die Sekte

Titel: Mission Munroe. Die Sekte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
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sagte er. »Vorausgesetzt, dass wir Hannah nicht einfach so mitnehmen können, soll Michael in die Sekte eingeschleust werden. Das war doch der Grund, warum ihr sie mit ins Boot geholt habt, richtig? Und genauso wird es vermutlich früher oder später auch laufen. Aber wenn sie tatsächlich reingeht, wie stehen die Chancen, dass sie als sie selbst wieder rauskommt, wenn überhaupt? Stichwort: Gehirnwäsche.«
    Heidi ließ die angespannten Schultern sinken und lehnte sich grinsend, fast schon spöttisch, gegen die kalte Steinmauer. »Stimmt«, sagte sie. »Da hätten wir schon mal die erste Fehleinschätzung.«
    Lange starrte sie schweigend zuerst auf den Boden vor ihren Füßen und dann in die weite Ferne. Bradford kannte diesen Blick, das Ringen um Worte, daher ließ er sie in Ruhe, obwohl es ihm von Sekunde zu Sekunde schwerer fiel, sie nicht zu drängen.
    »Was stellst du dir denn unter einer Gehirnwäsche vor?«, fragte sie schließlich.
    Bradford zuckte mit den Schultern. »So was wie den Verlust des gesunden Menschenverstands, schätze ich, verursacht durch permanente geistige Misshandlungen. Wenn ein vernünftiger Mensch anfängt, unvernünftige Dinge zu tun, die ihm irgendjemand anders befohlen hat … Dinge, die er zuvor niemals freiwillig getan hätte.«
    »Also so etwas wie die Beeinflussung des freien Willens, die Veränderung eines Menschen, sodass er praktisch jemand anders wird, richtig?«
    Bradford nickte.
    Heidi fuhr fort: »Das würde bedeuten, dass ein Mensch, der eine Gehirnwäsche hinter sich hat, nicht mehr eigenständig denken oder von sich aus Entscheidungen fällen kann, die dem Willen desjenigen widersprechen, der die Gehirnwäsche veranlasst hat. Dass dieser Mensch zum Beispiel andere Menschen oder sich selbst töten würde, auch wenn er es selbst gar nicht wollte. Blinder Gehorsam, richtig?«
    »Ich denke schon.«
    Eine Spur von Traurigkeit schlich sich in Heidis Blick, und sie sah wieder in die Ferne. »Ist das nicht einfach nur ein anderer Ausdruck für: ›Der Teufel hat mich dazu gezwungen? ‹«
    Bradford überlegte. »Willst du damit sagen, dass es so etwas nicht gibt?«, sagte er dann.
    Heidi wandte sich zu ihm. »Ich will nicht behaupten, dass so etwas wie Gehirnwäsche nicht existiert. Ich persönlich habe zwar meine Zweifel daran, aber ich bin auch keine Expertin. Mit den Gruppen, die du erwähnt hast, hatte ich noch nie etwas zu tun. Ich kann nur über die ERWÄHLTEN reden, über meine eigene Kindheit und die meiner Freunde.«
    »Und bei den ERWÄHLTEN gibt es keine Gehirnwäsche? Die Leute machen das alles, weil sie es wirklich wollen, aus freien Stücken?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ja und nein. Es kommt wirklich darauf an, wie du Gehirnwäsche definierst. Bei den ERWÄHLTEN gibt es viel Indoktrination, eine unglaublich starke Kontrolle und einen enormen Druck, ›das Neue‹ anzunehmen und die Worte des PROPHETEN zu verinnerlichen. Ich nehme an, dass viele Leute das als Gehirnwäsche bezeichnen würden, aber es ist etwas anderes, als willenlos zu sein. Alle behalten ihren freien Willen. Jeder einzelne Erwachsene könnte einfach Nein sagen.«
    »Aber wie?«, sagte er. »Und wenn das wirklich so ist, warum bleiben die Leute dann überhaupt da?«
    Erneut zuckte Heidi mit den Schultern. »Manchmal lässt man etwas einfach geschehen, weil man Angst vor Gottes Strafe hat oder weil man das Gefühl hat, dass es Gottes Wille ist. Deswegen sind das noch lang keine Zombies oder Roboter.« Sie zögerte, als hätte sie allmählich genug von Bradfords Unfähigkeit, das für sie so Offensichtliche zu erkennen.
    »Sieh es doch mal so, Miles«, sagte sie. »Bei den ERWÄHLTEN gibt es zwei Sorten von Menschen. Zum einen diejenigen, die erwachsen oder beinahe erwachsen waren, als sie sich zum Beitritt entschlossen haben, und zum anderen Leute wie mich und Logan und Gideon, die Kinder, die nichts anderes kannten, die nie eine Wahl hatten, keine Bildung, kein Fernsehen, keine Bücher, keine oder fast keine Bindung an Familienmitglieder außerhalb der Bewegung. Die furchtbare Angst davor hatten wegzugehen.
Wenn überhaupt jemand eine Gehirnwäsche bekommen hat, dann wir, die zweite Generation.
    Aber wie kann es dann sein, dass so viele von uns, die wir so komplett von der Welt abgeschnitten und indoktriniert waren, alldem den Rücken gekehrt haben und weggegangen sind, manchmal mitten in der Nacht, mit nichts als dem, was wir am Leib getragen haben? Und wenn wir, die wir nie etwas anderes

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