Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
was sie zu tun beabsichtigte.
Sie wird jetzt zuschlagen. Jetzt!
Diesmal zischte Ludmillas Hieb nur wirkungslos durch die Luft. Anya duckte sich zur Seite und schlug mit ihrer Rechten zu.
Ihre Faust traf ihre Gegnerin mitten auf die Nase. Sie spürte, wie unter ihren Knöcheln ein Knochen brach, und als sie sah, wie das Blut durch die Luft spritzte, wusste sie, dass sie Ludmilla die Nase gebrochen hatte.
Die anderen Mädchen schnappten erschrocken nach Luft, als das größere Mädchen zurücktaumelte und sich das Gesicht hielt. Blut strömte über ihre Bluse. Noch nie hatte sich jemand so gegen sie gestellt. Niemand hatte sie jemals so verletzen können.
Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben spürte Anya eine merkwürdige Begeisterung, empfand ein Gefühl von Meisterschaft, von Dominanz, das sie noch nie zuvor erlebt hatte. Sie hatte nicht nachgegeben, wo andere umgefallen wären, und sie hatte gewonnen.
Sie hatte gewonnen!
Die anderen spürten es ebenfalls, und plötzlich wurde ihr klar, dass sie wieder schrien und jubelten. Aber diesmal jubelten sie ihr zu.
Jetzt gab es kein Halten mehr für sie. Sie stieß einen rohen, fast primitiven Triumphschrei aus und drehte sich zu ihnen herum. Zerschlagen, blutig, aber ungebrochen hatte sie sich widersetzt, wo andere aufgegeben hätten. Sie hatte nicht gezögert, hatte weder Schwäche noch Furcht gezeigt. Und sie hatte gewonnen.
Ihr erster Eindruck war, dass man ihr etwas in den Rücken gerammt hatte; es fühlte sich fast an wie ein Schlag, aber doch ein bisschen anders. Einem Moment der Kälte folgte das Gefühl, wie sich eine klebrige Wärme ausbreitete. Es war ihr eigenes Blut.
»Ich habe dir gesagt, du sollst liegen bleiben, du verdammtes Miststück!«, zischte Ludmilla ihr ins Ohr und riss das angespitzte Stück Holz aus Anyas Rücken. Es war ein selbst geschnitztes Messer.
Ihre neu gewonnene Stärke verpuffte, ihre Beine gaben unter ihr nach, und sie fiel zu Boden. Ihr Blut bildete rasch eine Pfütze um sie herum.
Sie war jetzt in ihrer eigenen Welt. Sie empfand keinen Schmerz, sondern spürte nur die Kälte, die sich langsam in ihren Gliedern ausbreitete. Ihr Herz hämmerte immer noch in ihren Ohren, aber es schlug langsamer, mühsamer, versuchte, Blut durch ihren Körper zu pumpen, Blut, das immer weniger wurde.
Undeutlich nahm sie wahr, wie Ludmilla kreischte und fluchte, hörte andere Schreie, männliche Stimmen, rau und wütend. Die Wärter hatten endlich eingegriffen.
Dann verlor sie das Bewusstsein, und alles wurde schwarz um sie herum.
»Ich bin schließlich liegen geblieben, wie sie gesagt hatte«, schloss Anya und warf einen Blick auf ihre Hände. Sie wiesen immer noch die Narben von diesem und den vielen nachfolgenden Kämpfen auf. »Die Wärter haben erst eingegriffen, als sie das Messer und das Blut sahen. Sie haben mich zur Krankenstation gebracht. Wahrscheinlich haben sie mir damit das Leben gerettet, obwohl ich mir damals wünschte, sie hätten es nicht getan.«
Sie ballte langsam die Fäuste. »Ich war müde, Drake. So müde. Ich wollte einfach nur, dass es vorbei war.« Ihre Halsmuskeln traten hervor, als sie schluckte. »Ich habe in jener Nacht im Krankenhausbett um den Tod gebetet. Ich habe sogar mit dem Gedanken gespielt, die Nähte wieder aufzureißen, damit ich verblute. Aber ich habe es nicht getan. Ich erinnerte mich an den Kampf, an den Moment, wo ich ihr die Nase gebrochen hatte. Ich habe den Ausdruck in den Augen der anderen Mädchen gesehen. Jemand hatte getan, was sie niemals gekonnt hätten, jemand hatte ihre Welt auf den Kopf gestellt. Und einen Moment lang haben sie an mich geglaubt. Ich war mehr als nur irgendeine andere Gefangene.«
Drake sah ein schwaches Lächeln auf ihrem Gesicht und das Aufblitzen von Stolz in ihren Augen. »Wenn ich all das mit einem einzigen ungeschickten Schlag erreichen konnte, was konnte ich dann wohl in einem ganzen Lebensalter erreichen?«
Kaunas war die brutalste, aber auch effektivste Erfahrung ihres Lebens gewesen, jedenfalls bis zu diesem Punkt. Sie hatte dort gelernt, sich zu behaupten, sich zu verteidigen, sich das Leben zurückzuholen, das man ihr gestohlen hatte, und die Kontrolle über sich wiederzuerlangen.
Und sie hatte gelernt, sich dem System anzupassen, während sie gleichzeitig plante, ihm zu entkommen. Wann auch immer sie zu einer Anhörung vorgeladen wurde, waren ihr Verhalten vorbildlich und ihre Manieren tadellos. Sie war respektvoll und höchst kooperativ den Leuten
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