Mission Vendetta: Thriller (German Edition)
gab, keine Entschuldigungen oder gar einen Aufschub.
Ihm blieb nur noch die Wahrheit.
»Ich habe ein Kind erschossen«, sagte er schließlich. »Ein kleines Mädchen. Es war zwölf Jahre alt.«
Anya sagte nichts. Sie beobachtete ihn in dem flackernden Licht des Feuers und wartete darauf, dass er weitersprach. Sie wusste genauso gut wie er, dass es endlich herausmusste.
»Es war mein erster Einsatz in Afghanistan. Wir waren seit zwei Monaten im Land und patrouillierten am Rand d es Highways westlich von Kandahar. Man befürchtete, das s die Taliban sich in der Gegend neu formierten, um einen Angriff auf die Stadt durchzuführen, deshalb waren wir dort. Wir sollten die westlichen Zufahrtsstraßen sichern.«
Er holte tief Luft und sammelte sich einen Moment, bevor er weitersprach. »Eines Nachts waren wir zu einer Außenbasis abkommandiert worden. Wir hatten gerade d en Hauptkontrollpunkt passiert, um unsere nächste Patrouillenfahrt zu beginnen. Plötzlich sahen wir einen Wagen, der uns entgegenkam. Es war eine wirklich uralte Klapperkiste, die mit voller Geschwindigkeit auf das Haupttor zufuhr. Wir versuchten, den Wagen anzuhalten, wollten den Fahrer dazu bringen, stehen zu bleiben, damit wir das Fahrzeug inspizieren konnten. Er ignorierte uns, starrte einfach nur stur vor sich hin. Dann sah ich seine Beifahrerin, ein junges Mädchen. Es war jung, mager und hatte Angst. Ich kann es immer noch ganz deutlich vor mir sehen. Es trug ein blaues Kleid und hatte Zöpfe. Dieser Mistkerl benutzte das Kind als menschlichen Schutzschild und setzte darauf, dass wir nicht auf ihn schießen würden, weil ein Kind dabei war. Ich konnte den Ausdruck in den Augen des Mädchens sehen. Es wusste, dass es sterben würde.«
Er verstummte, während er um Fassung rang. Anya konnte den Kampf sehen, der in ihm tobte; die Schuldgefühle, den Selbsthass und die Wut. All diese Gefühle versuchten, die letzten Barrieren seiner Selbstbeherrschung zu durchbrechen, die ihm noch geblieben waren.
Sie wusste, was jetzt kam, aber ihr war auch klar, dass er es selbst sagen musste. »Sprich weiter«, forderte sie ihn sanft auf.
»Die … Die anderen, die Männer meiner Patrouille, schrien mich an, ich sollte endlich den Befehl geben. Sie wussten genauso gut wie ich, was passieren würde, aber ich musste die Entscheidung treffen. Ich musste den Befehl geben.«
Er schniefte und hob das Kinn. Ein Verurteilter, der sich zu seiner Tat bekennt. »Also gab ich den Befehl.«
Er schloss die Augen und sah einen Moment die Windschutzscheibe vor sich, die durchlöchert und rot von Blut war, bis sie schließlich unter der Salve aus automatischen Waffen zerbarst. Er sah, wie der Wagen seitlich von der Straße rutschte, in einer Wolke von Rauch und Dampf, die aus dem zerschossenen Motorblock aufstieg. Er sah, wie eine Tür in zerbrochenen Angeln aufschwang. Der Anblick eines blauen Kleides, das zerfetzt und von Blut durchtränkt war, bohrte sich wie ein Messer in seinen Bauch. Als er die Augen wieder öffnete, schwammen sie in Tränen.
»Ich habe es getan. Ich habe sie ermordet«, sagte er leise. »Was auch immer sie war, was immer sie hätte sein können … Ich habe es ihr in einem Moment genommen.« Plötzlich verzog er die Lippen zu einem Lächeln, einem bitteren, angewiderten Lächeln. »Und weißt du, was das Beste war? Ich wurde dafür belohnt. Ich bekam eine Belobigung, weil ich einen Selbstmordattentäter aufgehalten hatte. So gingen sie damit um … Gebt ihnen einen Orden und überlasst sie dann sich selbst.«
Die schreckliche Ironie der Geschichte bestand vor allem darin, dass sie ihm den Ruf eingebracht hatte, unter Druck schwierige Entscheidungen fällen zu können. Dadurch war er anderen, geheimen Militäreinheiten aufgefallen, in denen Männer mit solchen Fähigkeiten hoch im Kurs standen.
Drake war nur zu gern der ständigen Erinnerung an das, was da geschehen war, entkommen und hatte die Chance, die man ihm bot, sofort ergriffen. Kaum sechs Monate später war er erneut in Afghanistan, diesmal als Angehöriger einer verdeckt operierenden gemeinsamen Taskforce von Engländern und Amerikanern – der 14th Special Operations Group. Aber jede Hoffnung auf einen Neuanfang sollte von den Ereignissen, die sich später in diesem Jahr zutragen würden, zunichtegemacht werden.
Das jedoch war ein ganz anderes Kapitel seiner Geschichte. Eine weitere Serie von Fehlern und versäumten Gelegenheiten in einem Leben, das voll davon war.
Er richtete seinen
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